Vom Jobber zum Rentner – so gelingt’s

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Keiner hat uns gesagt, wie Rente geht. Dabei kommt der Schritt raus aus dem Beruf rein in die Rente einer Zäsur gleich. Gut, dass es Übergangs-Coaches wie Wolfgang Schiele gibt, die eine Brücke zwischen beiden Welten schlagen.

Manche freuen sich auf Rente oder Pension, andere würden den Abschied aus der Arbeitswelt am liebsten so lange wie möglich hinauszögern. Die dritte Lebensphase will geplant sein – wer unvorbereitet in die Rente stolpert, kann auch straucheln. Dabei können diese Jahre oder gar Jahrzehnte bereichernd und beglückend sein. Es kommt eben auf die Einstellung an.

Das Leben nach dem Job

In Rente sind wir eben nicht mehr Abteilungsleiter oder Marketingdirektor, sondern ein ganz normaler Mensch. Gerade Männer haben damit ein Problem, verlieren sie doch Prestige, ihr soziales Netzwerk und ihre Bedeutung, vom Geld ganz zu schweigen. Sie werden auf sich selbst zurückgeworfen und sind ganz Mensch ohne alles Brimborium. Wolfgang Schiele hat sich in seinem Buch „Selbstmanagement im Ruhestand“ genau diesem Thema gewidmet und bietet Modelle an, um besser mit sich und der neuen Situation zurecht zu kommen.

Das Inhaltsverzeichnis lässt bereits ahnen, wohin die Reise geht: Wir müssen uns als Best-Ager, Senioren, Ruheständler – oder wie immer wir uns auch fühlen – um unser Wohlbefinden kümmern. Wir sind jetzt diejenigen, die ihr Leben selbst bestimmen – und dazu gehört, den neuen Zustand anzunehmen und zu begreifen, dass wir unseres eigenes Glückes Schmied sind, sogar noch mehr als während unseres Berufslebens. Diese Wechselwirkung hat der israelisch-amerikanische Medizin-Soziologe Aaron Antonovsky recht gut beschrieben – und dafür den Begriff Salutogenese geprägt. Letztlich geht es um die Einstellung und den Willen, aktiv etwas zu tun, seine Gesundheit zu erhalten und zu fördern – und das nicht nur physisch, sondern auch psychisch.

Jobber müssen sich neu orientieren

Wir Übergängler müssen uns in gewisser Weise neu erfinden, wie es Schiele in seinem Buch beschreibt: „Erfinden Sie für sich neuartige Rollen und übernehmen Sie die nötige Verantwortung am neuen Lebensmittelpunkt …“ Schiele belässt aber nicht beim Aufzeigen, er bietet auch „Praxisübungen“ an, um das Gelesen umzusetzen.

Wichtige Eigenschaft fürs Alter ist Resilienz, sprich die „Fähigkeit, nach einer seelischen Verletzung, einer Dauerstresssituation oder einer furchtbaren, nicht alltäglichen Erfahrung in angemessener Zeit wieder in den Alltagsrhythmus zurückzukehren“. Johann Strauß hat es in seiner Operette „Die Fledermaus“ so schön in einem Satz zusammengefasst: „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist.“

Muße – Schwester der Resilienz

Was uns dabei hilft? Muße und Selbstspiegelung, sprich, aus sich herauszutreten und sich von außen zu betrachten. Als „Hingabe an den Moment“ zitiert Schiele die Meditationslehrerin Nicole Stern. Wir haben nicht mehr so viel Zeit, deswegen sollten wir sie auskosten, wie einen nuancierten Wein, uns auf den Moment einzulassen, uns zu versenken in ein Bild oder eine Musik, uns wieder auf die vielleicht verlorene Lebenskunst rückbesinnen. Wir müssen niemand mehr etwas beweisen – also, warum noch Hasten und Streben? „Muße, nicht Arbeit, ist das Ziel des Menschen“, so ein Zitat vom irischen Literat Oscar Wilde. Das liest sich einfacher als es ist nach einem Leben voller Hast und Druck. Deswegen empfiehlt Schiele „bewusstes Sinn-Erleben“.

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Bore-out nach dem Burn-out?

Aus dem beruflichen Burn-out kann in der Rente schnell ein Bore-out werden, sprich eine Unterforderung. Die Gefahr, in Langeweile zu versinken, ist nicht zu unterschätzen. Wer in der Rente auch mental gesund bleiben will, muss sich fordern, ohne sich zu überfordern. Was das sein kann, muss jeder für sich herausfinden. Das kann eine längere Reise sein, ein anspruchsvolles Hobby, eine neue Fremdsprache – gut für unser Selbstwirksamkeitsgefühl.

Rente ist auch die Phase des Rückblicks, der Biographiearbeit, die uns hilft, den „Selbstwert zu stärken und die Lebenszufriedenheit zu verbessern“, wie Schiele rät. Jetzt ist, so Schiele, die Zeit für eine „Generaldurchsicht“ – und zwar „aus dem Blickwinkel des persönlichen Wohlwollens“. Aus dieser Generaldurchsicht können wir unser „persönliches Ruhestandsprojekt“ entwickeln (meines war übrigens die „Tour de France für alte Knacker“, die ich in gleichnamigem Buch beschrieben habe). Auch dafür bietet er in seinem Buch eine Praxisübung an.

Sprüche + Klopfen als Lösung

„Gelassenheit ist die angenehmste Form des Selbstbewusstseins“, schrieb einmal Freifrau Marie von Ebner-Eschenbach. Wie kommen wir dort hin? Probleme und Krisen zu erkennen und Stress erfolgreich zu bewältigen, dafür gibt es mittlerweile zahlreiche Übungen, auf die Schiele in seinem Buch detailliert eingeht – Nachahmung ausdrücklich empfohlen.

Was tun, wenn nur noch wenige Jahre oder Monate bis zur Rente bleiben, die aber manchmal zur Qual werden können? Auch auf diese Situation geht Schiele ein und empfiehlt das „bifokale Modell der Prozess- und Embodiment-fokussierten Psychologie“, kurz Pep. Das läuft auf „Sprüche und Klopfen“ hinaus – beide lässt uns die Qualen besser ertragen und Belastungen reduzieren. Übrigens, auch QiGong kennt diesen Ansatz. Qigong ist eine Mischung aus Bewegung und Meditation – und ideal geeignet, zu mehr Gelassenheit zu finden. Qigong schult die Konzentration, verbessert die Selbstwahrnehmung, fördert Gleichgewichtssinn und Beweglichkeit. QiGong arbeitet ebenfalls mit Klopfen und Schwingen.

Frage nach dem Sinn des Lebens

Und wenn wir dann in Rente sind, kommt irgendwann die Frage nach dem Sinn des Lebens und ob wir ihm gerecht geworden sind. Letztlich muss jeder selbst den Sinn des Lebens suchen. Schiele wäre nicht Schiele, wenn er nicht die auch auf die Sinnsuche einginge. Philosophen und Wissenschaftler haben sich schon seit Jahrtausenden mit dem Thema Sinn des Lebens beschäftigt. Hilfreich scheint Tatjana Schnells „Modell der 26 Lebensdeutungen“. Die Professorin der Universität Innsbruck entwickelte das „Modell der 26 Lebensbedeutungen“, das zwischen fünf Gruppen unterscheidet: der Selbstverwirklichung, der vertikalen und horizontalen Selbsttranszendenz, der Ordnung und dem Wir- und Wohlgefühl. Anhand dieser „Lebensbedeutungen“ kann sich jeder verorten und einordnen, um zu begreifen, was für ihn wichtig ist.

Sinnhaftigkeit statt Sinnleere

Die Herausforderung im Alter ist, dass wir „Chef und Mitarbeiter unseres Unternehmens Ruhestand“ gleichzeitig sind. Seien wir offen für die Herausforderungen, die uns im Alter erwarten, seien wir neugierig und seien wir bereit, ausgetretene Pfade zu verlassen. Dann kann die dritte Lebensphase glücken. „Sinnerfüllt sind wir dann, wenn wir davon überzeug sind, in dieser Welt gut integriert zu sein, eine angemessene Kontrolle über die Ereignisse um uns herum zu haben und für andere Menschen und Organisationen wichtig und bedeutsam zu sein“ – das ist fast schon Schieles Schlusswort. „Wenn wir dann in den verschiedenen Lebensbereichen noch ein Gefühl der Stimmigkeit und Widerspruchsfreiheit wahrnehmen, erleben wir Sinnhaftigkeit – das Gegenteil davon ist Sinnleere“. Nicht verzagen, wenn es einmal nicht so gut läuft. Schiele hat dafür eine Zitat von Friedrich Nietzsche parat: „Hat man sein Warum des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem Wie“.

Das Buch sei jedem empfohlen, der sich mit dieser Zäsur, sprich diesem Einschnitt im Leben, beschäftigt. Er wird sicher Honig daraus saugen können und viele Inspirationen mitnehmen. Das Buch enthält Praxisübungen, um das Gelesene auch gleich umzusetzen – ein hoch einzuschätzender Profit.

selbstmanagement im ruhestand

Selbstmanagement im Ruhestand
Wolfgang Schiele
Paperback , 308 Seiten
Springer Fachmedien, Wiesband
Preis: 27,99 Euro
ISBN: 978-3-658-36148-8
E-Book 19,99
ISBN: 978-3-658-36149-5

 

Der Autor ist erreichbar unter www.coachingfiftyplus.de oder über seinen Blog „Späte Freiheit Ruhestand“.

Bild: iStock/Mladen Zivkovic

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Helmut Achatz

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