Zehn Wahrheiten über die Witwenrente

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Und plötzlich ist der Mann nicht mehr da. Stirbt der Ehepartner, scheint die Welt stehen zu bleiben. Für einige kommt zur Trauer noch das finanziellen Fiasko. Deswegen ist es gut, über die Witwenrente Bescheid zu wissen – zehn Wahrheiten zur Witwenrente (auch für Witwer).

Von Helmut Achatz und Norbert Böttcher

„Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass …“ – mit diesen Worten überbringt die Polizei die traurige Nachricht über den Tod eines geliebten Menschen. Manchmal müssen die Angehörigen zuschauen und mitleiden, wenn der Ehemann, Vater oder Mutter mit einer unheilbaren Krankheit kämpft – und den Kampf verliert.

Stephanie Bartsch – Frau Bartsch reist sich zusammen. Erschienen im Berlin Verlag

Jede Trauer sieht anders aus – und jeder Verlust ist ein tiefer Einschnitt im Leben. Die Gefühle sind das eine, das Finanzielle das andere. Letzteres kommt allerdings schneller auf die Hinterbliebenen zu als ihnen lieb ist. Stephanie Bartsch beschreibt das sehr schön in ihrem Buch „Frau Bartsch reist sich zusammen – wie ich auszog, das Trauern zu lernen und unterwegs das Glück fand“. Sie dachte, alles sei geregelt, weil ihr ihr „Bankmensch“ erklärte, ihre finanzielle Situation wäre gesichert. Was so wohl doch nicht stimmte. Ihre Erfahrungen und Leiden hat sie in einem Buch veröffentlicht.

Die Herausforderungen sind größer, als viele vermuten. Deswegen seien die zehn Wahrheiten zur Witwenrente aufgelistet: Kleine oder große Witwenrente, „Sterbevierteljahr“, Rentenabfindung – was jeder und jede darüber wissen sollte. Dabei geht es indes nicht nur um Witwen- und Witwerrente sondern auch um andere Angelegenheit, die nach dem Tod eines geliebten Menschen zu erledigen sind, darunter Überführung, Versicherungen und Testament. Übrigens, teilt Stephanie Bartsch ihr Schicksal mit weit mehr als fünf Millionen anderen, denn so viele Witwen- und Witwerrenten wurden 2021 laut Deutscher Rentenversicherung Bund (DRV) gezahlt.

Die Zehn Wahrheiten

  1. Witwenrente nur auf Antrag

Witwen- oder Witwerrente – auch Hinterbliebenenrente genannt – muss beantragt werden, wie und was dafür nötig ist, erklärt die Deutsche Rentenversicherung. Sie muss immer beantragt werden, und zwar bei der Deutschen Rentenversicherung. Das entsprechende Formular heißt „R0500“ und lässt sich auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung herunterladen. Die Rentenversicherung berät die Antragstellerin oder den Antragsteller.  Das gilt auch, wenn der Verstorbene eine eigene Altersrente bezogen hat. Sich auf den ^xBestatter zu verlassen, ist ein schlechter Rat. Mehr Infos gibt es in der Broschüre der Deutschen Rentenversicherung – zum Herunterladen.

  1. Voraussetzung ein Jahr Ehe

Die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft muss ein Jahr bestanden haben. Ausnahm: Der Partner ist vor Ende des ersten Ehejahres bei einem Unfall gestorben.

Altes oder neues Recht? Kleine oder große Witwenrente?

Es hängt unter anderem vom Alter, dem Heirats- und Todes­jahr ab, ob altes oder neues Recht gilt und wie hoch die Leistungen ausfallen. Quelle: Stiftung Warentest

 

  1. Die kleine Witwenrente

Die kleine Witwen- oder Witwerrente ist eher ein Almosen – „kleine“ Witwen und Witwer bekommen lediglich 25 Prozent der Rente, die der Ehepartner/Lebenspartner oder die Ehepartnerin/Lebenspartnerin zum Zeitpunkt des Todes bezogen hat oder hätte, so die Deutsche Rentenversicherung. Bei der „kleinen“ Witwen- oder Witwerrente ist das Alter des Überlebenden entscheidend: Die „kleine“ bekommt, wer jünger ist als 47 Jahre und weder erwerbsgemindert ist noch ein Kind erzieht. Die „kleine“ wird höchstens zwei Jahre (24 Monate) nach dem Tod des Ehepartners/Lebenspartners oder der Ehepartnerin/Lebenspartnerin gezahlt. Wer 2002 geheiratet hat und beim wem der Ehepartner/Lebenspartner oder die Ehepartnerin/Lebenspartnerin vor dem 2. Januar 1962 geboren, für den gilt das „alte Recht“ – die Witwe oder der Witwer bekommt die kleine Witwen- oder Witwerrente unbegrenzt.

  1. Die große Witwenrente

Die „große“ Witwen- oder Witwerrente bekommt, wer älter ist als 47 Jahre oder ein eigenes Kind oder ein Kind des oder der Verstorbenen erzieht, das noch keine 18 Jahre alt ist. Verstirbt Ihr Ehepartner/Lebenspartner oder Ihre Ehepartnerin/Lebenspartnerin vor dem 1. Januar 2029, wird die große Witwenrente bereits früher gezahlt, bei einem Todesfall im Jahr 2023 zum Beispiel ab 46 Jahren. Die „große“ Witwen- oder Witwerrente liegt bei 55 Prozent der Rente, die Ihr Ehepartner/Lebenspartner oder Ihre Ehepartnerin/Lebenspartnerin zum Zeitpunkt des Todes bezogen hat oder hätte. Wer vor 2002 geheiratet hat und der  Ehepartner/Lebenspartner oder die Ehepartnerin/Lebenspartnerin ist vor dem 2. Januar 1962 geboren, so gilt das „alte Recht“ und sie oder er bekommt 60 Prozent.

Die Altersgrenze für die große Witwenrente steigt kontinuierlich. 2023 liegt sie bei 46 Jahren. Das heißt, um die große Witwenrente zu bekommen, muss die Hinterbliebene mindestens 46 Jahre alt sein, 2024 sogar 46 Jahre und zwei Monate.

Altergrenze

Todesjahr PartnerAltersgrenze große Witwenrente
202045 Jahre + 9 Monate
202145 jahre + 10 Monate
202245 Jahre + 11 Monate
202346 Jahre
202446 Jahre + 2 Monate
202546 Jahre + 4 Monate
202646 Jahre + 6 Monate
202746 Jahre + 8 Monate
202846 Jahre + 10 Monate
202947 Jahre

 

  1. Anspruch ab dem 3. Monat

Der Hinterbliebene bekommt für drei Monate („Sterbevierteljahr“) nach dem Sterbemonat die volle Rente (des Verstorbenen), also hundert Prozent, danach nur noch die „kleine“ oder „große“ Witwen- oder Witwerrente. Wessen Verstorbene/r bereits eine Rente erhielt, der bekommt die Witwen- oder Witwerrente frühestens mit dem auf den Sterbemonat folgenden Monat. Für den Sterbemonat wird noch die volle Rente gezahlt. Wessen Verstorbene/r noch keine eigene Rente bekam, der bekommt die Witwen- oder Witwerrente bereits mit dem Todestag. Dieser erhöhte Rentenbetrag soll den Übergang auf die veränderten finanziellen Verhältnisse erleichtern. Während des „Sterbevierteljahres“ wird das eigene Einkommen nicht angerechnet. Danach fließt die „kleine“ oder „große“ Witwen- oder Witwerrente.

  1. Renten-Aus bei Wiederheirat

Mit einer Wiederheirat, sprich einer bei einer neuen Eheschließung, ist es vorbei mit der Witwen- oder Witwerrente. Die Witwer oder der Witwer kann eine Abfindung in Höhe des 24-Fachen einer monatlichen durchschnittlichen Zahlung aus der Witwenrente des vorhergehenden Jahres beantragen (Berechnungsgrundlage ist die durchschnittliche Rente der letzten zwölf Monate). Dazu die Deutsche Rentenversicherung:

Heiraten Sie erneut, können Sie als „Starthilfe“ einmalig eine Rentenabfindung erhalten. Diese können Sie mit einem formlosen Schreiben beantragen. Geben Sie uns dazu bitte die Versicherungsnummer Ihres verstorbenen Ehepartners/Lebenspartners oder Ihrer Ehepartnerin/Lebenspartnerin an und legen Sie uns die neue Eheurkunde vor. Die Rentenabfindung beträgt grundsätzlich zwei Jahresbeträge der Witwen- oder Witwerrente. Bei der kleinen Witwen- oder Witwerrente wird Ihnen der noch nicht verbrauchte Restbetrag bis zum Ende der Laufzeit der Rente ausgezahlt

  1. Was ist mit Hinzuverdienen?

Wird das eigene Einkommen bei der Witwen- oder Witwerrente berücksichtigt? Ja! Je nach Höhe des eigenen Einkommens kann die Hinterbliebenenrente gekürzt werden. Der Freibetrag für den Zuverdienst lag bis zum 1. Juli 2023 in Westdeutschland bei 950,93 Euro, in Ostdeutschland bei 937,73 Euro. Gehören Kinder mit Anspruch auf Waisenrente zum Haushalt, erhöht sich der Betrag je Kind um 201,71 Euro. Ab dem 1. Juli steigt der Freibetrag einheitlich für alle Bundesländer auf 993 Euro. Je Kind erhöht sich der Freibetrag auf 211 Euro. Auch ein Minijob geht nicht immer ohne Abzüge. Die Rentenkasse addiert Altersrente und Minijobverdienst. Liegt der Betrag über der Freigrenze, wird die Witwenrente gekürzt. Am besten lässt man sich von der Rentenversicherung vorrechnen, welche Einkünfte angerechnet werden und welche nicht. Unterschiede gibt es etwa bei Betriebsrenten und Kapitaleinkünften. Übersteigen die Nettoeinkünfte den Freibetrag für die Einkommensanrechnung, werden die übersteigenden Einnahmen zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet. Die Berechnung des angerechneten Einkommens ist komplex, deswegen sollten niemand scheuen, die Hilfe der Deutschen Rentenversicherung in Anspruch zu nehmen. Es gibt von der Deutschen Rentenversicherung dazu auch eine eigene Broschüre, die sich jede und jeder herunterladen kann.

Wer eine Altersrente erhält, dem oder der werden für den Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie für eine eventuelle Steuerbelastung pauschal 14 Prozent abgezogen. Begann die Altersrente bereits vor dem 1. Januar 2011, beträgt der Pauschalabzug 13 Prozent.

  1. Witwenrente für Geschiedene

Grundsätzlich gilt: Nach einer Scheidung gibt’s keine Hinterbliebenenrente. Die Ausnahmen von der Regel:

  • wenn die Ehe vor dem 1. Juli 1977 geschieden wurde
  • wenn der überlebende Partner nach der Ehescheidung zu Lebzeiten des früheren Ehepartners nicht wieder geheiratet hat
  • wenn im letzten Jahr vor dem Tod noch Unterhalt bezahlt wurde oder ein entsprechender Anspruch bestand
  • wenn der frühere Ehepartner bis zu seinem Tod die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt hat oder beispielsweise durch einen Arbeitsunfall ums Leben gekommen ist oder bereits eine Rente bezogen hat.
  1. Alternativen zur Witwenrente

Es gibt das sogenanntes Rentensplitting: Dem Rentenkonto des Hinterbliebenen wird ein Teil der Rentenansprüche des Verstorbenen gutgeschrieben, die dieser im Lauf der Ehe erwirtschaftet hat. Das lohnt sich für denjenigen oder diejenige, die oder der selbst ein gutes Einkommen hat und deren oder dessen Witwen- oder Witwerrente deshalb stark gekürzt würde. Für die Entscheidung Witwenrente oder Splitting bleibt maximal ein Jahr nach dem Tod des Partners Zeit.

  1. Witwen mit Kindern

Der Kinderzuschlag erhöht den Freibetrag der Zuverdienstgrenze. Das bedeutet: Für alle, die Kinder haben, steigt der Freibetrag für jedes eigene Kind, das einen Anspruch auf Waisenrente hat, um das 5,6-fache des aktuellen Rentenwertes, derzeit sind das 201,71 Euro. Hat das Kind keinen Anspruch auf Waisenrente, weil es nicht das Kind des Verstorbenen ist, können Sie trotzdem einen erhöhten Freibetrag in Anspruch nehmen.

Dazu ein Beispiel:

  • Henriette L. aus Hamburg ist Witwe. Ihr Kind befindet sich in einer Ausbildung. Ihr Freibetrag erhöht sich daher um 201,71 Euro auf insgesamt 1 152,64 Euro (950,93+201,71 = 1.152,64).
  • Übersteigt ihr Nettoeinkommen den Freibetrag, werden 40 Prozent des übersteigenden Betrages auf ihre Rente angerechnet.
  • Henriette L. hat ein Nettoeinkommen von 1 300 Euro. Es übersteigt damit den Freibetrag um 147,36 Euro (1 300 Euro-1 152,64 Euro), davon 40 Prozent sind 58,94 Euro. Auf die Rente von Henriette L. werden 58,94 Euro angerechnet.

Das bedeutet, dass ihre Witwenrente um diesen Betrag niedriger wird.

Wie sich der Freibetrag errechnet

WitwenrenteZuschlagje Kind
Freibetrag26,4fache des wEP-5,60fache des wEP
wEPJahrwEPJahr
718,0827,202009
718,0827,202010
902,6234,192021-191,462022
950,9336,022022-201,712022
992,6437,602023-210,562023

wEP = Wert eines Entgeltpunkts.

Wie viel bekommen Witwen tatsächlich?

Im Jahr 2021 belief sich der durchschnittliche Zahlbetrag einer Witwenrente in Deutschland laut Statista auf etwa 696 Euro im Monat.

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Planer für Witwen und Witwer

Zum Leid und der Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen kommen noch die Sorgen, wie es finanziell nach dessen Tod weiter geht. Denn, mit dem Tod des Partners ändert sich oft das Haushaltseinkommen, weil dessen Rente oder Gehalt wegfällt. Gut wer Freunde hat, die sich wirklich auskennen. Das dürfte allerdings die Ausnahme sein, deswegen kann es nicht schaden, zu einem Ratgeber zu greifen, sprich zum „Finanzplaner Witwen und Witwer“ von „Finanztest“.

Was auf Witwen zukommt

Die Trauerfeier organisieren, Versicherer und Vermieter informieren, Kontounterlagen sichten und die Hinterbliebenenrente beantragen: Gerade in der ersten Zeit gibt es viel zu erledigen. Der „Finanzratgeber“ erklärt Schritt für Schritt, was jetzt zu tun ist, was schnell erledigt werden muss und was noch Zeit hat. „Dieser Ratgeber spannt den Bogen von der Zeit kurz nach dem Verlust bis hin zur längerfristig angelegten Zukunftsplanung,“ so die Finanztest-Expertin und Autorin Isabell Pohlmann.

Von Alltagsverträgen bis Zusatzjob

Das Buch deckt die wichtigsten Bereiche ab – von Alltagsverträgen über Immobilie, Erbschaftsteuer und Geldanlage bis zu Versicherungen: Welche regelmäßigen Einnahmen stehen zur Verfügung, um künftig im Alltag klarzukommen? Wie lassen sich in der neuen Situation Beruf und Familie so gut es geht vereinbaren? Was ist wichtig im Umgang mit dem Finanzamt und wie kann die künftige Strategie für Geldanlage und Altersvorsorge aussehen? Zahlreiche Checklisten und Infografiken bieten einen schnellen Überblick.

Die Autorin Isabell Pohlmann arbeitet freiberuflich als Journalistin für Finanzen und Verbraucherfragen. Zuvor war sie Redakteurin der Zeitschrift Finanztest. Sie hat bereits mehrere Bücher für die Stiftung Warentest geschrieben, unter anderem „Das Versicherungs-Set“, „Meine Rente“, „Finanzplaner für Frauen“ und „Finanzplaner 60+“.

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Bild: iStock

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