Was wir von Österreich lernen können

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Österreich hat seit 2005 eine Rentenversicherung für alle mit der Folge, dass Altersarmut kein Thema ist. Davon könnten wir uns in Deutschland eine Scheibe abschneiden. Die Forderung nach einer Reform des deutschen Rentensystems nach dem Muster Österreichs.

Deutschland und Österreich sind nicht vergleichbar, oder doch? So ein Vergleich ist durchaus zulässig, denn die Lebensverhältnisse in beiden Ländern sind ähnlich. Trotzdem seien die beiden Länder bei den Reformen ihrer Rentensysteme ganz unterschiedliche Wege gegangen, schreibt die Datev (Genossenschaft der Steuerberater). Das lasse sich an verschiedenen Zahlen festmachen, so die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung. Die Experten stellen eine Rechnung auf: Danach erhielten etwa langjährig versicherte Männer, die 2013 in Deutschland neu in Rente gingen, eine monatliche Altersrente von durchschnittlich 1050 Euro. Österreicher, die in den Ruhestand gehen, verbuchen dagegen auf 1560 Euro auf ihrem Konto am Monatsende – bei 14 Auszahlungen pro Jahr. Damit nicht genug, auch für die heute Jüngeren seien die Perspektiven in Österreich für zukünftige Rentner wesentlich besser als in Deutschland. Die Durchschnittssumme, die Rentnerinnen und Rentner in Deutschland monatlich vom Staat erhalten, lag 2020 bei 982 Euro.

Allerdings zahlen Österreicher auch höhere Beiträge für die gesetzliche Rente. Österreich setzt, anders als Deutschland, weiterhin weitgehend auf die umlagefinanzierte gesetzliche Rente (GRV), während in Deutschland das Rentenniveau systematisch abgeschmolzen wird. In Österreich sind auch Selbstständigen und Beamte in das Rentensystem einbezogen worden.

So sieht das System in Österreich aus:

  • Beitragssatz in Österreich ist 22,8 Prozent, in Deutschland 18,6 Prozent.
  • Arbeitgeber zahlen 12,55 Prozent, Angestellte 10,25 Prozent, in Deutschland AG und AN die Hälfte (9,3).
  • Das Rentenniveau ist in Österreich höher.
  • Auch Selbstständige und Verbeamtete leisten Beiträge.

Staat hat Rentner geschröpft

„In Deutschland wurde und wird über die kommenden Jahre das Niveau dieser ‚ersten Säule’ dagegen deutlich reduziert, um den Beitragssatz in der GRV zu stabilisieren“, schreibt die Datev. Die Differenz sollte eben durch staatlich subventionierte Riester-Vorsorge ausglichen werden. Dumm nur, dass viele da nicht mitmachen – weil sie nicht wollen oder nicht können. Weder haben alle eine betriebliche Altersvorsorge, noch riestern sie. Nur etwas mehr als die Hälfte habe Aussicht auf eine betriebliche Rente. Dazu kommt, dass viele Riester-Verträge kaum Rendite abwerfen – wie auch, da die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank viele Pläne zunichte macht. Heute wissen wir, dass Riester gefloppt ist.

Höheres Rentenniveau in Österreich

Österreicher dürfen sich den Experten der Hans-Böckler-Stiftung zufolge über ein Rentenniveau von 78,1 Prozent (brutto, vor Steuern und Sozialabgaben) und 91,6 Prozent (netto) freuen; in Deutschland ist das Rentenniveau der gesetzlichen Renten mit 48 Prozent weitaus niedriger.

Riester kann nicht alles ausgleichen

Jetzt der entscheidende Satz: Der große Rückstand der Deutschen lasse sich durch private Zusatzvorsorge selbst unter den aus Sicht der Forscher zu optimistischen Annahmen der OECD nur zur Hälfte ausgleichen. Auch was die Rentenanpassung betrifft, sind die Österreicher besser dran: Während die österreichische GRV einen jährlichen Inflationsausgleich vorsehe, koppele die deutsche GRV die Rentenentwicklung an das Wachstum der Löhne, allerdings gedämpft unter anderem durch den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor. In den vergangen zehn Jahren hätten die unterschiedlichen Anpassungsmechanismen tatsächlich aber zu einem deutlich größeren Abstand.

Höhere Beitragssätze in Österreich

Die Österreicher müssen vordergründig für ihre Rente tiefer in die Tasche greifen: Der Beitragssatz liege in der Alpenrepublik seit 1988 unverändert bei 22,8 Prozent, in Deutschland sind es 18,6 Prozent. Wer jedoch ein bisschen mehr will, als das, was ihm die GRV gönnt, muss riestern. Die vier Prozent für die Riester-Vorsorge hinzu gerechnet, unterscheiden sich die Beitragssätze in beiden Ländern kaum noch. Dazu kommt der Studie zufolge, dass die österreichischen Arbeitgeber einen höheren Anteil am Rentenbeitrag tragen als die Beschäftigten (12,55 Prozent versus 10,25 Prozent), während es in Deutschland 50:50 ist.

Die Forscher schlagen vor, den „Riester-Faktor aus der Rentenformel zu entfernen und so das Leistungsniveau der GRV zu stabilisieren“. Für den Sozialverband VdK ist eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle Arbeitskräfte einzahlen, eine der zentralen Forderungen der VdK-Kampagne #Rentefüralle. Dafür gibt es mit Österreich ein erfolgreiches Vorbild.

Österreich macht’s vor

Insgesamt zeigt Österreich, dass es auch anders geht – zum Nutzen der Rentner. Nach den Reformen in Deutschland ist „ein System übrig geblieben, das in Zukunft viele noch nicht einmal vor Altersarmut schützen wird“, schreiben die Wissenschaftler der Hans-Böckler-Stiftung. Das habe zwei der Studie zufolge Ursachen:

  • Erstens erreiche weder die betriebliche noch die Riester-Rente alle Beschäftigten. Umfragen zeigen, dass nur rund 35 Prozent „riestern“. Aussicht auf eine betriebliche Rente haben gut 56 Prozent. Knapp 30 Prozent aller Arbeitnehmer nutzen keine der freiwilligen Vorsorgeformen. Das gilt besonders häufig für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen. Sie hätten zwar eine zusätzliche Absicherung besonders nötig, verzichten aber darauf – oft aus finanziellen Gründen.
  • Zweitens bringen insbesondere viele Riester-Verträge nach Einschätzung der Wissenschaftler nicht die Renditen, die nötig wären, um Lücken in der gesetzlichen Rente auszugleichen. Das zeige sich an den hohen Gebühren und am stetig sinkenden Garantiezins, der von vier Prozent im Jahr 2000 auf mittlerweile nur noch 0,9 Prozent herabgesetzt wurde.

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Helmut Achatz

Macher von vorunruhestand.de

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