Betriebsrentner werden gerupft

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Betriebsrentner zahlen für ihre Betriebsrente die vollen Krankenkassenbeiträge – ab einem Freibetrag von 169,75 Euro. Weil der ab 2024 sinkt, werden sie dann richtig gerupft.

von Norbert Böttcher und Helmut Achatz

Die Freude der Betriebsrentner über einen höheren Freibetrag in der Krankenversicherung ist nur kurz, denn schon 2024 fällt er – und sie zahlen dann mehr ein in die Kranken- und Pflegeversicherung.

Warum müssen Betriebsrentner volle Kranken- und Pflegebeiträge zahlen? Wer beispielsweise eine Direktversicherung hat (Metall-, Klinik- oder Chemierente), von seinem Ex-Arbeitgeber per Direktzusage Geld bekommt oder von einer Unterstützungs-, Pensionskasse/-fonds/, muss dafür die vollen Krankenkassen- und Pflegebeiträge zahlen, sprich Arbeitgeber- und den Arbeitnehmeranteil. Dank einer Gesetzesänderung 2020 gibt es einen Freibetrag, den sogenannten GKV-Betriebsrentenfreibetrag (GKV steht für gesetzliche Krankenversicherung) von zurzeit 169,75 Euro – dafür muss der Betriebsrentner keine Krankenversicherung zahlen, für alles darüber hinaus aber den vollen Beitrag.

Ab 2024 richtig gerupft

2022 war der Freibetrag bei 164,50 Euro eingefroren, erhöhte sich 2023 auf 169,75 Euro – und fällt 2024 auf 162,75 Euro wieder fast auf das Niveau bei der Einführung (159,25).

Wie berechnet sich der Freibetrag? Der Freibetrag orientiert sich seit seiner Einführung an der sogenannten „Bezugsgröße“. Die Bezugsgröße ist das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr – 2024 also das, was die Rentenversicherungspflichtigen 2022 verdient haben. Wegen Corona haben sie aber 2022 weniger verdient als 2021, somit sinkt auch die Bezugsgröße und damit der Freibetrag.

Für Betriebsrentner wird’s teurer

Schön blöd, weniger Freibetrag heißt mehr zahlen an die Krankenkasse. Währenddessen ist das Leben teurer geworden – 2022 lag die Inflationsrate bei 7,9 Prozent – und die Krankenkassen haben den Zusatzbeitrag auf durchschnittlich 1,6 Prozent erhöht. Sprich, Betriebsrentner werden 2024 deutlich stärker gerupft als 2023.

Bezugsgröße und Freibetrag

Norbert Böttcher hat detailliert berechnet, wie sich der GKV-Betriebsrentenfreibetrag entwickelt:

Betriebsrentenfreibetrag

Was Bezugsgröße und Freibetrag miteinander zu tun haben (ab 2020 Freigrenze = Freibetrag)

 

Der 2020 eingeführte Freibetrag ist abhängig von der Bezugsgröße, der beträgt 1/20igstel dieser für die gesetzlichen Rentenversicherung ausschlaggebenden Bezugsgröße.

Freibetragsrechner

Jeder kann mit der Excel-Tabelle von Norbert Böttcher seine Kranken- und Pflegebeiträge selbst berechnen. Einfach in der Tabelle (Reiter FB-21-120) Die Zahl in den blau schattierten Feldern individuell anpassen. Hier geht’s zum Freibetragsrechner.

Bundeskanzler Olaf Scholz meint, das reiche ja schon, er und seine SPD seien mit dieser Maßnahme den Betroffenen weit entgegengekommen. Von Kanzler Olaf Scholz, einem Mitbegründer dieser „Abzocke“, wurde vor der Wahl 2021 zwar versprochen, diese Doppelverbeitragung abzubauen, aber solche Versprechen sind vor der Wahl schnell gemacht, aber auch ebenso schnell nach der Wahl wieder vergessen, wie sich heute zeigt. Dazu steht nichts im Koalitionsvertrag und bei Befragung der Parteien wird auf die Koalitionspartner verwiesen, die angeblich eine Veränderung blockieren. Der Wahlerfolg 2021 bestätigte das Kalkül von Olaf Scholz und brachte ihm die Kanzlerschaft ein. Auch auf Nachfragen vom Rentenexperten Matthias Birkwald (Die Linken) in der „Aktuellen Stunde“ im Bundestag zur Befragung der Bundesregierung am Mittwoch, den 25. Januar 2023, bekam der Bundestag und die Öffentlichkeit nur eine ausweichende Antwort von Scholz. Die aktuell und noch zukünftig Betroffenen sollten Scholz‘ Versprechen nicht vergessen und ihn immer wieder daran erinnern – und ihre Schlüsse daraus ziehen.

Bezugsgrößen in der Sozialversicherung

West- undOstdeutschlandfür 20172022
West
2022
Ost
2023
West
2023
Ost
RechengrößeWestOst
Vorläufiges Durchschnittsentgelt - allgemeine Rentenversicherung37 103 Euro/Jahr37 103 Euro/Jahr38.900 Euro/Jahr38.900 Euro/Jahr43.100 Euro/Jahr
Bezugsgröße in der Sozialversicherung2975 Euro/Monat2660 Euro/Monat3290 Euro/Monat3150 Euro/Monat3395 Euro/Monat3290 Euro/Monat
Beitragsbemessungsgrenze allgemeine Rentenversicherung6350 Euro/Monat5700 Euro/Monat
Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung7850 Euro/Monat7000 Euro/Monat
Beitragsbemessungsgrenze gesetzliche Krankenversicherung (GKV)52 200 Euro/Jahr52 200 Euro/Jahr58.050 Euro/Jahr59.850 Euro/Jahr

Was heißt das konkret? Die Sozialmathematiker nehmen eine sogenannte „Bezugsgröße“ als Maßstab, die sich vom „Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung“ ableitet (definiert im § 18 des Vierten Sozialgesetzbuches (SGB)). Sie beziehen sich dabei auf das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, sprich für 2023 dann auf 2021. Für 2021 kommen sie auf ein Durchschnittsentgelt von 40.740 Euro pro Jahr oder 3.395 Euro pro Monat. Der GKV-Betriebsrentenfreibetrag entspricht einem Zwanzigstel (1/20) der bundeseinheitlichen Bezugsgröße in der Sozialversicherung. Somit ergibt sich folgende Rechnung: 3.395 ÷ 20 = 169,75 Euro. Wie hoch die Beitragsbemessungsgrenzen und Bezugsgrößen in der Sozialversicherung 2023 (geplant) sind, schaut am besten bei der Seite Lohn-Info vorbei.

Klingt kompliziert, ist kompliziert – wer sich bei der Berechnung helfen lassen will, greift am besten auf den Rechner von „Stiftung Warentest“. Aber Vorsicht! Der Rechner beruht noch auf dem bis Ende 2022 gültigen Freibetrag von 164,50 Euro sowie auf dem durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 1,3 Prozent  – und wird vermutlich erst Anfang 2023 umgestellt.

Achtung! Wer freiwillig Versicherter ist in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, für den gilt dieser Freibetrag nicht.

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Was von der Rente übrig bleibt

Gesetzlich krankenversicherte Rentner müssen von ihrer gesetzlichen Rente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten, insgesamt mehr als elf Prozent der Bruttorente. Sie werden direkt von der Rente abgezogen. Das macht bei 1000 Euro Rente ein Minus von 113 Euro oder mehr sogar, ja nach Krankenkasse. Das heißt, unterm Strich bleiben einem Rentner von 1000 Euro weniger als 900 Euro Netto-Rente übrig. 2023 wird es noch mal mehr, denn Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat den Zusatzbeitrag um 0,3 Prozentpunkt erhöhen. Das heißt Betriebsrentner zahlen dann 14,6+1,6+3,4 = 19,6 Prozent Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag.

Was gesetzlich krankenversicherte Rentner zahlen müssen

Art des EinkommensWas pflichtversicherte Rentner zahlenWas freiwillig versicherte Rentner zahlen
gesetzliche Rente7,3 Prozent der Brutto-Rente plus Zusatzbeitrag14,6 Prozent der Brutto-Rente plus Zusatzbeitrag. Den Zuschuss der Rentenversicherung muss er beantragen
Versorgungsbezüge - dazu gehören laut SGB auch Direktversicherungen, betriebliche Riester-Renten, Pensionen, Leistungen aus einem berufsständischem VersorgungswerkSeit dem 1.1.2004 (Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes) ist für die Bemessung der Beiträge aus den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung der volle, allgemeine Beitragssatz der jeweiligen Krankenkasse maßgebend. Das galt bis zum 31.12.2017 auch für Riester-Renten bis zu monatlich 148,75 Euro. Seit dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) wird die doppelte Verbeitragung aufgehoben. Seit dem sind betriebliche Riester-Renten in der Auszahlungsphase nicht mehr zu verbeitragen, sofern Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Zur Berechnung: Wird dieser Versorgungsbezug in einer Summe ausgezahlt, berechnet die Krankenkassen den Beitrag auf 120 Monate um.14,6 Prozent der Rente plus Zusatzbeitrag. Den Zuschuss der Rentenversicherung muss er beantragen. Einmalzahlungen werden auf 120 Monate umgelegt. Entsprechend wirken sich auch Erhöhungen oder Senkungen des Beitrags oder Zusatzbeitrags aus
private Riester-Rentekeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung14,0 Prozent der Rente plus Zusatzbeitrag.
Rürup-Rentekeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung14,0 Prozent der Rente plus Zusatzbeitrag.
Private Rentekeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung14,0 Prozent der Rente plus Zusatzbeitrag.
Private Rente Einmalauszahlungkeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung14,0 Prozent der Rente plus Zusatzbeitrag. Den Zuschuss der Rentenversicherung muss er beantragen. Einmalzahlungen werden auf 120 Monate umgelegt. Entsprechend wirken sich auch Erhöhungen oder Senkungen des Beitrags oder Zusatzbeitrags aus.
Rente aus gesetzlicher Unfallversicherungkeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung14,0 Prozent der Rente plus Zusatzbeitrag
Arbeitsentgelt aus angestellter Beschäftigung
Bei Verdienst bis 450 Euro im Monat oder 5400 Euro im Jahr keine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung; bei Verdienst über 450 Euro greift die Sozialversicherungspflicht und der Rentner zahlt Kranken- und PflegeversicherungBei Verdienst bis 450 Euro im Monat oder 5400 Euro im Jahr keine Beiträge zu Krankenversicherung, allerdings zur Pflegeversicherung; bei Verdienst über 450 Euro greift die Sozialversicherungspflicht und der Rentner zahlt Kranken- und Pflegeversicherung
Einkommen aus nebenberuflicher Tätigkeitkeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung. Achtung! Nimmt der zeitliche Aufwand für die selbstständige Tätigkeit nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich in Anspruch, ist anzunehmen, dass die selbstständige Tätigkeit nicht hauptberuflich, sondern nebenberuflich ausgeübt wird. Dies gilt nicht, wenn das Arbeitseinkommen 75 Prozent der monatlichen Bezugsgröße (2018: 2283,75 Euro) übersteigt und deshalb anzunehmen ist, dass es die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt. In Einzelfällen, bei besonderen sozialen Härten, kann ein geringerer Werte angesetzt werden, der liegt dann bei 1522,50 Euro14,0 Prozent des Einkommens plus Zusatzbeitrag
Einkünfte aus Kapitalvermögenkeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung14,0 Prozent des Einkommens plus Zusatzbeitrag
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaftkeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung14,0 Prozent des Einkommens plus Zusatzbeitrag
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtungkeine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung14,0 Prozent des Einkommens plus Zusatzbeitrag

Bei Pflichtversicherten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) übernimmt die Rentenversicherung die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes von 14,6 Prozent. Freiwillig gesetzlich krankenversicherte Rentner bekommen eine Zuschuss von 7,3 Prozent, müssen den Gesamtbeitrag aber selbst abführen. Viele Einkünfte bleiben bei Pflichtversicherten beitragsfrei, anders bei freiwillig gesetzlich krankenversicherten Rentner. Bei freiwillig versicherten Rentnern wird der ermäßigte Beitragssatz von 14 Prozent nur auf die „sonstigen“ Einkünfte angewendet. Dazu kommt aber immer der Zusatzbeitrag, der zurzeit im Schnitt bei 1,3 Prozent liegt. Ferner zahlen die Rentner noch den Pflegebeitrag in Höhe von 3,05 Prozent (Rentner mit Kindern) oder 3,3 Prozent (kinderlose Rentner).                   Quellen: GKV, Finanztip, Finanztest, VdK, Krankenkassen direkt

Sollte er darüber hinaus noch eine private Rentenversicherung abgeschlossen haben, so zahlt er dafür keine Beiträge. Das gilt aber nur, falls er in der Krankenkasse pflichtversichert ist. Wer in der gesetzlichen Krankenkasse freiwillig versichert ist, zahlt auch für seine private Rentenversicherung – eine Kapitallebensversicherung beispielsweise – den immerhin ermäßigten Satz von 14 Prozent plus Zusatzbeitrag.

Versicherung plus Steuer

Brutto-Rente ist nicht gleich Netto-Rente – das gilt auch für die Steuer. Denn, zur Kranken- und Pflegeversicherung kommt noch die Steuer. Die Steuern sind nicht das Problem, aber die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Die Kranken- und Pflegeversicherung wird gleich bei der Auszahlung abgezogen und von der Rentenversicherung an die Krankenkasse weitergeleitet. Das ist die Hälfte des Krankenkassenbeitrags von 14,6 Prozent, somit 7,3 Prozent. Die andere Hälfte übernimmt die Rentenversicherung. Die Pflegeversicherung trägt der Rentner allein – für kinderlose Rentner sind das 3,05 Prozent, für Rentner mit Kindern 3,4 Prozent.

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Helmut Achatz

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