Was bringt der Koalitionsvertrag Rentnern und Krankenversicherten wirklich?

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Verarschung der MĂŒtter

MĂŒtter mit Kindern, die vor 1992 geboren wurden bekommen drei statt wie bisher zwei Rentenpunkten, aber nur dann, wenn sie drei und mehr Kinder haben. Eine Mutter mit einem Kind oder zwei Kindern bekommt auch kĂŒnftig nur zwei Rentenpunkten angerechnet. FĂŒr sie soll sich also nichts Ă€ndern. Soweit die Fakten. Im Koalitionsvertrag steht: „Wir wollen die GerechtigkeitslĂŒcke schließen.“ Und weiter heißt es, das sei ein wichtiger Baustein zur BekĂ€mpfung von Altersarmut. Mehr Verarschung geht schon nicht. Das ist eine neue Ungerechtigkeit.

  1. Warum sind die anderen Kinder weniger wert?
  2. Warum soll damit die Altersarmut bekÀmpft werden?
  3. Warum sollen dafĂŒr die Beitragszahler der Rentenversicherung aufkommen?

War die MĂŒtterrente I schon ungerecht, so ist es die MĂŒtterrente II erst recht. Statt diese Ungerechtigkeit zu beheben, haben Union und SPD neue Ungerechtigkeit geschaffen. Die Altersarmut von Frauen lĂ€sst sich damit nicht bekĂ€mpfen, weil die MĂŒtterrente II – wie schon die MĂŒtterrente I – auch auf die Grundsicherung im Alter und bei ErwerbsunfĂ€higkeit angerechnet wird.

Bei Frauen und MĂ€nnern, die wegen ihrer geringen AltersbezĂŒge auf Grundsicherung angewiesen sind, verringert sich dem VdK zufolge so der Anspruch auf Sozialhilfe oder geht ganz verloren. Die Politik beschließt etwas und lĂ€sst die Rentenversicherung zahlen. Normalerweise gilt: Wer anschafft, zahlt auch. „Klar ist, dass die Anhebung der MĂŒtterrenten aus Beitragsmitteln finanziert werden soll“, schreibt RP Online (Rheinische Post). Die PrĂ€sidentin der Rentenversicherung, Gundula Roßbach, ist verstĂ€ndlicherweise erbost, schließlich ist das wieder ein Griff in die Rentenkasse. „Bei der beschlossenen Verbesserung von Kindererziehungszeiten handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, urteilt sie. Sie sei deshalb in vollem Umfang aus Steuermitteln zu finanzieren.

Verarschung der Grundrentner

„Wir honorieren Lebensleistung und bekĂ€mpfen Altersarmut“ – durch „EinfĂŒhrung einer Grundrente“, liest sich das im Koalitionsvertrag. Die Grundrente soll zehn  Prozent ĂŒber der Grundsicherung sein und zwar fĂŒr alle, „die ein Leben lang gearbeitet haben, unter Einbeziehung von Kindererziehungs-  und Pflegezeiten“, heißt es da weiter.

Was heißt das konkret? Nehmen wir mal das Beispiel MĂŒnchen. Laut offiziellem Stadtportal MĂŒnchen bekommt ein Rentner im Alter als Alleinstehender 416 Euro und 21 Euro Aufstockung, sind zusammen 437 Euro monatlich. Zehn Prozent ĂŒber dem Grundsicherungsbedarf macht 480,70 Euro aus. Das hilft der MĂŒnchner Arzthelferin, die in Rente geht wenig, denn sie wird im Alter trotzdem auf Grundsicherung angewiesen sein, weil Miete und sonstige Lebenshaltungskosten höher sind als ihre Altersrente. Der entwĂŒrdigende Gang zum Sozialamt bleibt ihr zwar erspart, dafĂŒr muss sie sich aber finanziell immer noch nackt ausziehen. Wie steht es so schön in dem Papier „Voraussetzung fĂŒr den Bezug der ‚Grundrente‘ ist eine BedĂŒrftigkeitsprĂŒfung entsprechend der Grundsicherung“.  Die „Grundrente“ lĂ€uft ĂŒber die Rentenversicherung, wobei die wiederum mit dem Sozialamt zusammenarbeitet. Bislang allerdings mĂŒssen Ă€rmere Rentner immer noch zum Sozialamt – und das wird auch in Zukunft so bleiben. Also, wo ist da die Verbesserung?

Verarschung der Zeitungszusteller

Einen besonderen Gag haben sich Union und SPD fĂŒr Zeitungszusteller ausgedacht.  „Zur Sicherung der bundesweiten Versorgung mit Presseerzeugnissen fĂŒr alle Haushalte – in Stadt und Land gleichermaßen – wird bei Minijobs von Zeitungszustellerinnen und Zeitungszustellern der Beitrag zur Rentenversicherung, den die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu tragen haben, befristet fĂŒr die Dauer von fĂŒnf Jahren bis zum 31. Dezember 2022, von 15 auf 5 Prozent abgesenkt“, steht da tatsĂ€chlich drin. Kein Wunder, ist die SPD doch EigentĂŒmerin der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) und denkt natĂŒrlich an ihre Kosten – allerdings auf Kosten der Zusteller, die eh schon wenig verdienen und jetzt um einen Teil ihrer Altersvorsorge geprellt werden.

Verarschung der Ost-Rentner

„FĂŒr HĂ€rtefĂ€lle in der Grundsicherung im RentenĂŒberleitungsprozess wollen wir einen Ausgleich durch eine Fondslösung schaffen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Bundesregierung unter Angela Merkel hat das Thema auf die lange Bank geschoben in der Hoffnung, dass möglichst viele der benachteiligten Ost-Rentner wegsterben. Das Problem besteht teilweise schon seit 1997, wie „Neues Deutschland“ schreibt. Bislang ist es nur ein vages Versprechen. Wie viel letztlich bei den Betroffenen ankommt, ist fraglich.

Verarschung der Erwerbsminderungsrentner

„Wir werden diejenigen besser absichern, die aufgrund von Krankheit ihrer ErwerbstĂ€tigkeit nicht mehr nachgehen können“, heißt es im Koalitionspapier. „Wir wollen die Anhebung der Zurechnungszeiten beschleunigen, indem wir das jetzt vorgesehene Alter von 62 Jahren und drei Monaten in einem Schritt auf 65 Jahre und acht Monate anheben“, liest sich da. Danach werde die Zurechnungszeit in weiteren Monatsschritten entsprechend der Anhebung der Regelaltersgrenze auf das Alter 67 angehoben. Liest sich ja erst einmal ganz gut – und ist eine Verbesserung gegenĂŒber dem „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter ErwerbsfĂ€higkeit“ (EM-Leistungsverbesserungsgesetz). Dieser Gesetzesentwurf wĂ€re damit Makulatur und fĂŒr den Papierkorb.

Wie gesagt, liest sich gut, in der Praxis allerdings springt fĂŒr Erwerbsminderungsrentner wenig heraus. Dem Linken-Rentenexperten Matthias Birkwald zufolge liegt das „Plus 2018 bei gerade einmal 4,50 Euro im Monat, 2025 sind es 50 Euro“. Mit der Neuregelung im Koalitionsvertrag trĂ€te die Verbesserung von 50 Euro schon heute ein – und nicht erst 2025.

Allerdings gilt die Neuregelung nur fĂŒr Neu-Rentner. Erwerbsminderungsrentner, die bisher schon eine Erwerbsminderungsrente beziehen, sind die Dummen in diesem Koalitionsvertrag.

Verarschung der Altersvorsorger

„Wir werden eine sĂ€ulenĂŒbergreifende Renteninformation einfĂŒhren, mit der BĂŒrgerinnen und BĂŒrger ĂŒber ihre individuelle Absicherung im Alter Informationen aus allen drei SĂ€ulen erhalten und möglichen Handlungsbedarf erkennen können“, heißt es lapidar im Koalitionsvertrag. Wer dafĂŒr zustĂ€ndig sein soll, ist klar: der Staat. „Die sĂ€ulenĂŒbergreifende Renteninformation soll unter Aufsicht des Bundes stehen“, liest der BĂŒrger. Klingt aufs Erste plausibel und löblich. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zitiert Kanzleramtschef Peter Altmaier mit den Worten, dass „durch die EinfĂŒhrung eines digitalen BĂŒrgerportals kĂŒnftig sichergestellt werden soll, dass alle Verwaltungsdienstleistungen deutschlandweit elektronisch verfĂŒgbar sind“, so sein hehrer Ansatz. Gleichzeitig mĂŒsse ein solches Portal den BĂŒrgern den Zugang zu einer unabhĂ€ngigen Plattform bieten, die alle AnsprĂŒche aus gesetzlicher Rente, Betriebsrente und privater Vorsorge sicher, einfach und ĂŒbersichtlich zusammenfasst. Damit solle, so Altmaiers Argument, nachvollziehbar sein, „welche Anwartschaften der BĂŒrger in den verschiedenen SĂ€ulen der Altersversicherung angespart hat“.

Wie gesagt, klingt fĂŒrsorglich. Nur, wem nĂŒtzt eine solche Information? Dem BĂŒrger oder dem Staat? Cui bono – wem nĂŒtzt ein solches Rentenkonto? Wirklich dem BĂŒrger – oder nicht doch eher dem Staat. Dank eines solchen Rentenkontos kann der Staat dann viel besser abschĂ€tzen, wo er den BĂŒrger noch schröpfen kann, denn dann liegen ja die ganzen VermögensverhĂ€ltnisse des BĂŒrgers offen – und fĂŒr den Staat vergleichsweise bequem erreichbar.

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12 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Frank MĂŒller
    11. Februar 2018 15:38

    Fortschreibung der Koalitionsvereinbarungen

    Wir sorgen dafĂŒr, dass die Renten auf dem niedrigen Stand bleiben und nicht mehr auf den alten Stand von 53% zurĂŒckkehren
    Wir entnehmen der Rentenkasse Milliarden, in dem wir die MĂŒtterrente aus der Rentenkasse zahlen und nicht aus Steuergeldern
    Wir halten die Rentenkasse klein, in dem wir aus der Rentenkasse mehr an versicherungsfreien Leistungen entnehmen, als wir an Zuschuss zurĂŒckzahlen
    Wir behaupten dann, daß die Rentenkasse nicht mehr ausreicht und die Renten gekĂŒrzt werden mĂŒssen
    Wir halten die Betriebsrentner kurz, in dem wir Ihnen den vollen KrankenkassenbeitrÀgen abverlangen.
    Wir schröpfen, die, die unserem Rat gefolgt sind und Direktversicherungenabgeschlossen haben, in dem wir sie doppelt und dreifach KrankenkassenbeitrÀge zahlen lassen

    Sagte der Politiker zum Pfarrer:

    Ihr haltet sie dumm,
    Wir halten sie arm.

    Antworten
    • Dieter Kutzer
      12. Februar 2018 09:45

      WANN ENDLICH WACHEN DIE BETROFFENEN AUF UND JAGEN DIE SOZIALKASSENPLUENDERER WIE SPAHN, SCHOLZ ETC IN IHRE GUT VERSORGTE POLITIKERWUESTE?
      ? ⚂

      Antworten
      • Horst Axmann
        6. MĂ€rz 2018 20:17

        Da können wir lange warten, das deutsche Volk ist so obrigkeitshörig. Wir haben es alle in der Hand -Bankenrun-!!!!

        Antworten
    • Andreas Havlik
      21. Februar 2018 18:02

      So und nicht anders ist das. Ich bin seit einem halben Jahr Rentner und habe mein halbes Leben lang privat/betrieblich vorgesorgt. Das Ende vom Lied ist, dass ich jetzt mehr(!) KrankenkassenbeitrĂ€ge bezahle als in meinem Arbeitsleben. Obwohl mein Einkommen im Beruf 3x so hoch war. Ich bin nur noch wĂŒtend und enttĂ€uscht.

      Antworten
      • Helmut Achatz
        21. Februar 2018 22:35

        Ich kann das voll nachvollziehen – mir geht es genau so.

        Antworten
      • Alles, aber auch alles geht zu Lasten des Volkes. Sorgt man privat vor. wird man dafĂŒr seit 2004 bestraft, indem Steuern auf den auszuzahlenden Betrag fĂ€llig werden. Auch wenn nur der halbe Ertragsanteil hierfĂŒr anfĂ€llt. Der Beamte hat damals geklagt, dass der Arbeitnehmer die Rente nicht versteuern muss, er aber sehr wohl. Vergessen hat der Beamte leider zu erwĂ€hnen, dass er selber nie BeitrĂ€ge von seinen „BezĂŒgen“ in die Rentenkasse eingezahlt hat. Auch dies ging wieder zu unseren Lasten. Wer Hat dieses Gesetz entschieden? Die obersten Richter? Und was sind Richter? Beamte.

        Die eine KrÀhe hackt der anderen kein Auge aus. Ich kann hierzu nur sagen: PFUI

        Antworten
  • […] dieser Artikel 4 (am besten selbst nachlesen) macht die betriebliche Altersvorsorge uninteressant. Artikel 4 im Koalitionsvertrag ist kontraproduktiv und sabotiert die betriebliche Altersvorsorge. In Artikel 4 des […]

    Antworten
  • […] des Gesundheitsausschusses Sabine Dittmar (SPD) rĂ€umt ein, dass die Union es abgelehnt habe, das Thema im Koalitionsvertrag aufzunehmen. „Aber ich glaube, die Union kann das Thema nicht komplett wegdrĂŒcken.“ Ihre Partei sei […]

    Antworten
  • […] jetzt sind es nur zweieinhalb fĂŒr die vor 1992 geborenen Kinder. Dagegen war vor allem die SPD. Im Koalitionsvertrag wurde der Vorschlag eingedampft auf die MĂŒtter, die drei und mehr Kinder vor 1992 geboren haben. […]

    Antworten
  • […] Olaf Scholz (SPD) hĂ€lt den Betriebsrentnern entgegen, es sei kein Geld da außerdem stĂŒnde es nicht im Koalitionsvertrag. Die Entlastung hat die Union aus dem Vertrag kurz vor Abschluss streichen […]

    Antworten
  • […] drei Rentenpunkten zugestehen, jetzt sind es nur zweieinhalb. Dagegen war vor allem die SPD. Im Koalitionsvertrag wurde der Vorschlag eingedampft auf die MĂŒtter, die drei und mehr Kinder vor 1992 geboren haben. […]

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