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Folgen eines schlampigen Gesetzes
Die Entgeltsumwandlung lohnt sich nur, wenn der Arbeitgeber einen deutlichen Beitrag leistet – mit 15 Prozent ist es nicht getan. Alles in allem verdient das Betriebsrentenstärkungsgesetz seinen Namen nicht – im Gegenteil, es ist ein Betriebsrentenschwächungsgesetz. Schlampig gemacht, wichtige Tatbestände sind nur mit einem Halbsatz angerissen, vieles fehlt. An den Versicherten hat der Gesetzgeber zuletzt gedacht. Das Gesetz gehört auf den Müll. Besser wäre es, Andrea Nahles hätte sich am Vorbild Schweden orientiert. Wie es geht, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ja gründlich recherchiert, aber daraus eben keine Lehren gezogen. Mit was haben wir nur so eine Politik verdient – ein Trauerspiel.
Übrigens, das Rentenwerk, getragen von fünf genossenschaftlich geprägten Versicherern, hat nach der Reform der Betriebsrente jetzt sein Produkt fertiggestellt: eine fondsgebundene Direktversicherung. Zu den Fünf gehören Barmenia, Debeka, Gothaer, HUK-COBURG und Die Stuttgarter ab sofort. Gefragt nach den Webfehlern des Betriebsrentenstärkungsgesetzes kam folgende Antwort:
Es ist durchaus richtig, dass Betriebsrenten in der Auszahlungsphase in voller Höhe mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen belastet werden. Dies wurde im Rahmen des sogenannten Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) im Jahr 2004 beschlossen. Für Arbeitnehmer ergeben sich trotz alledem entscheidende Vorteile: Aufgrund der sozialversicherungsrechtlichen Freistellung der Beiträge sparen Arbeitnehmer in der Ansparphase zum Beispiel auch die Anteile zur Kranken- und Pflegeversicherung. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber reagiert und die Arbeitgeber verpflichtet, ab 2019 (für alle Neuverträge) beziehungsweise ab 2022 (für alle Bestandszusagen) 15% der SV-Ersparnisse an die Arbeitnehmer weiterzugeben. Durch diese Mechanismen wird der Nachteil der vollen Verbeitragung in der Auszahlungsphase ausgeglichen; die Betriebsrente wird gestärkt. In Hinblick auf das jüngst entwickelte Angebot des Rentenwerks können wir sagen, dass Arbeitnehmer vor allem von der im Branchenvergleich sehr günstigen Kostenstruktur des Konsortiums profitieren, die letztlich zu höheren Ablaufleistungen führt. Durch den Wegfall der Arbeitgeberhaftung – also der reinen Beitragszusage – im neuen Modell, kann das Rentenwerk Beiträge kapitalmarktorientierter anlegen und so über lange Sicht höhere Renten für seine Kunden erwirtschaften. Auch dieser Aspekt trägt entscheidend zum Ausgleich des „Nachteils“ der vollen Verbeitragung bei.
Jeder kann sich jetzt selbst einen Reim darauf machen. So wird’s nichts mit der betrieblichen Altersvorsorge. Nur wenn das Rentenwerk die Abschaffung der Doppelverbeitragung bei der Politik erreicht, können die Fünf überhaupt erst loslegen, ansonsten brauche sie erst gar nicht loslegen. Denn, dann lohnt sich die Betriebsrente in dieser Form nicht. Wer selbst vorsorgt, ist besser dran.
Was hier so theoretisch klingt, hat dramatische Folgen für die finanzielle Lage von Millionen Rentnern. Es reicht eben nicht aus, dass sich Arbeitnehmer auf die arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente ihres Unternehmens verlassen. Das Versorgungsniveau der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge (bAV) beträgt einer aktuelle Untersuchung von Willis Towers Watson zufolge im Median zwischen 4,4 und 4,8 Prozent des letzten Grundgehalts, also Peanuts. Das Absenken der gesetzlichen Rente könne so nicht allein von der arbeitgeberfinanzierten bAV kompensiert werden, so ein Ergebnis des „Deutschen bAV-Index 2018“ von Willis Towers Watson, für das 200 Unternehmen mit 332 arbeitgeber- oder mischfinanzierten Versorgungszusagen analysiert wurden
Photo by Martin Wessely on Unsplash
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9 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Liebe Leute,ich kann es nur immer wiederholen
Kümmert Euch um eure Rente und euer finanzielles Leben
Pflegeversicherung in jungen Jahren ist preiswert und sichert gegen Vermögensverlust ab
Berufsunfähigkeitsversicherung in jungen Jahren auch preiswert
Lernen,lernen,lernen,damit Ihr einen Job bekommt,der einem ausreichend absichert
,damit man Rücklagen bilden kann
Die Mieten werden immer weiter steigen ,also erwerbt Eigentum
Bildet eure Kinder,auch im wirtschaftlichen Denken aus
Excel hilft sehr gut bei der Ein/Ausgabenverwaltung
Die Rentenversicherung ist eine Versicherung,dass kapieren viele nicht
Was ich einzahle,bekomme ich raus
Wenig einzahlen,wenig Rente,wie bei allen Versicherungen
Kümmert Euch um Eure Finanzen und wartet nicht auf den Staat
Bildet zusätzliche Rücklagen für die spätere Rentenlücke
Und Lernen,lernen,lernen
Je besser die Ausbildung,je höher das Einkommen
Aber nur Sachen studieren,lernen für die es auch Berufe gibt
Handwerker,IT leute und Ingenieure werden gesucht!!!!!!!!!!!
Bravo! Alles auf den Punkt gebracht. Bei Fehler Nr. 10 könnte noch ergänzt werden dass man nicht nur seine eigene Rente, sondern auch die Renten aller durch Gehaltsumwandlung kürzt. Dadurch verschärft sich das gesamtgesellschaftliche Problem der Rentenarmut mit freundlicher staatlicher Unterstützung nochmals.
All diese unsäglichen privaten Vorsorgeangebote wurden von den Lobbyisten der Versicherungswirtschaft geschrieben. Ein durchschnittlier Politker in seiner Versorgungshängematte hat leider keine Ahnung.
Hallo Norbert,
vielen Dank für den Hinweis. Das baue ich gleich in den Beitrag ein, denn genau so ist es.
viele Grüße
Helmut
„Die Lobby der Krankenkassen hat sich aber durchgesetzt, so dass alle, außer betrieblichen Riester-Sparern, auch weiterhin doppelt Krankenkassenbeiträge für ihre Altersvorsorge zahlen müssen“
So ein Blödsinn! Beiträge zur bAV nach §3.63 wurden bisher (zumindest außer bei Riester) und werden auch weiterhin aus dem Brutto gespeist. Somit wurde und wird in der Ansparphase kein Krankenkassenbeitrag entrichtet
[…] Ob sie einen zusätzlichen Beitrag zur Betriebsrente leisten, liegt in ihrem freien Ermessen. Im Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde leider versäumt, die Doppelverbeitragung abzuschaffen. Wie Entgeltumwandlung funktioniert […]
[…] dem Betriebsrentenstärkungsgesetz sollte alles ganz anders werden – das Paradies für alle, die über den Betrieb fürs Alter […]
[…] Warum das Betriebsrentenstärkungsgesetz Murks ist › Vorunruhestand 12. März 2018 at 9:08 […]
[…] Anfang 2022 müssen Chefin oder Chef für alle Direktversicherungen dank des Betriebsrentenstärkungsgesetzes mindestens 15 Prozent dazu zahlen, denn sie sparen sich durch die Entgeltumwandlung Sozialabgaben, […]
[…] von Sozialabgaben zu befreien, hat nicht geholfen. Zum Hintergrund: Seit dem Eintritt des Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 1. Januar 2019 werden sogenannte Riester-Renten aus betrieblichen Versorgungen in der […]