Wer mit 63 in Rente geht, soll richtig bluten

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Die Diskussion um die „Rente mit 63“ hört nicht auf. Jetzt missgönnt der Wirtschaftsweise Martin Werding vielen die „Rente mit 63“. Er will, dass Frührentner finanziell richtig bluten.

Nach Meinung des Wirtschaftlers Martin Werding kommen Arbeitnehmer, die mit 63 Jahren mit Abschlägen in Rente gehen, viel zu billig weg. Bislang müssen sie für jeden Monat, den sie vor der Rentenregelaltersgrenze in Rente gehen, pro Monat 0,3 Prozent Abschläge zahlen, was sich aufs Jahr hochgerechnet auf 3,6 Prozent summiert. Das sei Werding viel zu wenig, wie er der Funke Mediengruppe sagte. „Abschläge von 3,6 Prozent pro Jahr sind dafür aber zu niedrig; stattdessen müssten es fünf bis sechs Prozent sein“, so Werding.

Rente mit 63

Ein Dorn im Auge sind im auch die abschlagsfreien Frührenten für Personen, die gesund sind und normal bis überdurchschnittlich verdienen, passten „angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels überhaupt nicht in die Landschaft“, so der Wirtschaftsweise gegenüber der Funke Mediengruppe.

Mit 63 können nur „langjährig Versicherte“ in Rente gehen, die mindestens 35 Beitragsjahre vorweisen können. Sie müssen schon heute Abschläge in Kauf nehmen, wenn sie früher in Rente gehen. Nur wer 45 Beitragsjahre aufweist und damit zur Gruppe der „besonders langjährig Versicherten“ gehört, kann sogar ohne Abschläge vorzeitig in Rente gehen.

Renteneintrittsalter bei 66 Jahren

2024 liegt das frühestmögliche Renteneintrittsalter bei exakt 66 Jahren. Wer also, beispielsweise der Jahrgang 1961, drei Jahre früher in Rente gehen will, muss, je nach Geburtsmonat, bis zu 10,8 Prozent Abschläge hinnehmen. Nach Werdings Vorschlag wären das dann 15 oder gar 18 Prozent. Das würde viele abschrecken, so sein Kalkül.

Statt über eine Erwerbstätigenrente nachzudenken, wollen Politiker und vermeintliche Experten wie Werding & Co, die gesetzliche Rente verschlechtern. Die Österreicher haben die Erwerbstätigenrente schon vor vielen Jahren eingeführt und fahren ganz gut damit: In Österreich ist das Rentenniveau von allen deutlich höher als in Deutschland.

Rente mit 63 wird zur Rente mit 65

Wer wann abschlagsfrei in Rente gehen kann:

Rente mit 63

Rente mit 63 – Wann wer mit 63 Jahren in Rente gehen kann. Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

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Was heißt „Rente mit 63“?

Worum geht es? Als die Regelaltersgrenze zum 1. Januar 2012 stufenweise angehoben wurde, hat sich die SPD damals gedacht, sie müsste den hart arbeitenden Beschäftigten ein Bonbon als Ausgleich bieten – und führte für diese Klientel, sprich die besonders langjährig Versicherte, eine neue Altersrente ein: die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren. Festgezurrt wurde das im Sozialgesetzbuch VI (SGB) §236b.

Seit wann gilt das Gesetz?

Seit dem 1. Juli 2014 können besonders langjährig Versicherte schon ab 63 Jahren ohne Abzüge in Rente gehen. Allerdings gilt das nur für eben diese Gruppe, wenn sie vor dem 1. Januar 1953 geboren wurden. Für später Geborene erhöht sich diese Marke stufenweise auf 65 Jahre. Wer 1953 geboren ist, kann erst mit 63 plus zwei Monate gehen, der 1954 Geborene erst mit 63 plus vier Monate …

Und für wen gilt die „Rente mit 63“? Für Akademiker schon mal nicht oder nur in absoluten Ausnahmefällen, denn sie kommen nicht auf 45 Beitragsjahre, weil das Studium – in der Regel mindestens acht Semester oder vier Jahre – nicht mitgezählt wird.

Dazu zählen der Deutschen Rentenversicherung zufolge:

  • Zeiten mit den Pflichtbeiträgen aus der Beschäftigung
  • bei geringfügiger, nicht versicherungspflichtiger Beschäftigung (anteilige Berücksichtigung)
  • Pflichtbeiträge aus selbstständiger Tätigkeit
  • Zeiten mit freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträgen aus einer Beschäftigung (auch selbstständig) gezahlt wurden
  • Zeiten der Wehr- und Zivildienstpflicht
  • Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege von Angehörigen
  • Zeiten der Kindererziehung bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes
  • Zeiten, in denen Arbeits- und Teilarbeitslosengeld, Leistungen bei Krankheit oder Übergangsgeld bezogen wurden
  • Zeiten des Bezugs von Leistungen bei beruflicher Weiterbildung
  • Zeiten des Bezugs von Insolvenzgeld und Konkursausfallgeld

Was zählt nicht dazu?

  • Schulzeiten, das gilt vor allem für Fachhoch- und Hochschule
  • Zeiten der Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld II)

 

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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Ich liebe diese ganzen Professoren, die, einmal verbeamtet, niemals in irgendeine Altersversorgung einzahlen müssen, weil sie ihre 70% vom letzten Netto vom Steuerzahler gemäß der geltenden Beamtengesetze finanziert bekommen (etwa 70 Mrd. Euro p.a., Tendenz steigend). Bei der Krankenversicherung herrschen die gleichen Unverschämtheiten. Die sind zwar privat versichert, aber nur für den Teil, der ihre Beihilfen überschreitet, denn sie bekommen bescheidene Gesundheits-„Beihilfen“ von 50% bis 80% ihrer Gesundheitskosten vom Staat, also ebenso vom Steuerzahler. Und die wagen es immer wieder, sich in die Belange der arbeitenden Bevölkerung einzumischen, ohne das ihnen die Medien in die Parade fahren und mal nachhaken.

    Antworten
  • Eugen Dinkel
    17. August 2024 12:16

    „Wer schon nach 45 Arbeitsjahren in Rente geht, soll richtig bluten“ – das ist die Tatsache hinter der „Rente mit 63“
    Es sind aber alle Rentner betroffen, wie das Rentenniveau in Deutschland und auch die Teufel-Tabelle zeigt.
    Stand 30. Juli 2024 wurden die Rentner seit 1957 um 1,023 Billionen Euro betrogen, und zwar von Regierungen, die über die Rentenhöhe bestimmen und sich selbst mit Privilegien überhäufen.
    Jüngstes Beispiel: 3.000 Inflationsausgleichsprämie für Pensionäre, aber nicht für Rentner.

    Antworten
  • Leider gibt es in Deutschland keine solidarische Alterversorgung wie in Osterreich. Es ist absolut anmassend wenn sich Leute in das Thema Alterversorgung einmischen die davon in keiner Weise betroffen sind. Wer eine Pensionsberchtigung hat mit der Rentenversicherung nichts am Hut. Das gilt fur die Abgeordneten des deutschen Bundestags die nach 16 Jahren Anwesenheit mehr als 6000 Euros Alterversorgung bekommen und naturlich auch fur Beamte die meistens mehr als 2500 Euros Pension beziehen.Uberhaupt ist das Thema von Anfang an falsch angepackt worden. Was zahlen sollte sind die Beitragsjahre fur die Altersversorgung. Dabei sind 45 Berufsjahre eine stolze Zahl. Wer mit 15 Jahren seine Berufstatigkeit begonnen hat sollte auch mit 60 in Rente gehen konnen. Ein Anreiz langer zu arbeiten ware sicherlich der Erlass der Arbeitslosenversicherung ab dem 60. Lebensjahr, aber darauf sind die angeblichen Weisen bisher noch nicht gekommen. Jetzt bleibt nur noch die Frage offen zu welcher Partei gehort der Martin Werding und wie viele Beitragsjahre bei der Rentenversicherung kann dieser Mann vorweisen?

    Antworten
    • Eugen Dinkel
      18. August 2024 14:27

      Martin Werding ist Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum.
      Er kann genau 0 Beitragsjahre bei der Rentenversicherung nachweisen, denn er wird später eine entsprechend üppige Pension beziehen.
      Also genau der Richtige, um sich über Renten auszulassen :-)))

      Antworten

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