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Einigen Politikern, darunter Ländle-Landesvater Kretschmann, würden die „Rente mit 63“ am liebsten abschaffen. Dabei gibt es sie ja schon gar nicht mehr. Wer 45 Rentenjahre beieinander hat, kann erst mit 64 ohne Abschläge in Rente gehen.
Die Diskussion um die Abschaffung der „Rente mit 63“ gibt es nun schon seit Jahren. Jüngst machte der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, mit der Forderung nach der Abschaffung der „Rente mit 63“ von sich reden. „Jedes Jahr kostet das den Staat einen zweistelligen Milliardenbetrag, insgesamt machen die Rentenzuschüsse des Bundes fast ein Viertel des Haushalts aus; das sind Posten, die man sich genau anschauen müsste“, wie ihn die „Welt“ zitiert. Kretschmann hat gut reden, ist er als Beamter und Abgeordneter auf Rosen gebettet. Ganz abgesehen hat er offensichtlich nicht ganz begriffen, dass die vermeintlichen Rentenzuschüsse nur der Ausgleich für versicherungsfremde Leistungen sind, die der Staat der Rentenkassen aufbürdet.
Erst mit 64 in Rente
Dabei sollte der Ober-Grüne aus dem Ländle wissen, dass es die „Rente mit 63“ nicht mehr gibt: Wer heute 45 Anrechnungsjahre vorweisen kann, muss bis 64 warten, um abschlagsfrei in Rente gehen zu können. Aber, was ist schon von einem Grünen und dazu noch Beamten zu erwarten, wenn es um das Thema Rente geht?
Statt über eine Erwerbstätigenrente nachzudenken, wollen Politiker wie Kretschmann, die gesetzliche Rente verschlechtern. Die Österreicher haben die Erwerbstätigenrente schon vor vielen Jahren eingeführt und fahren ganz gut damit: In Österreich ist das Rentenniveau von allen deutlich höher als in Deutschland.
Rente mit 63 ist passé
Die Realität sieht jedoch ganz anders aus: Die abschlagsfreie Rente gibt’s schon lange nicht mehr mit 63. Jahrgang 1958 kann erst mit 64 Jahren in Rente gehen, Jahrgang 1964 sogar erst mit 65 Jahren. Hätte sich Kretschmann doch vor seiner Aussage einfach mal informiert, was Stand der Dinge ist, bevor er solche Fakennews in die Welt setzt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Zusammenhänge grafisch aufgearbeitet (siehe Grafik).
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Was heißt „Rente mit 63“?
Worum geht es? Als die Regelaltersgrenze zum 1. Januar 2012 stufenweise angehoben wurde, hat sich die SPD damals gedacht, sie müsste den hart arbeitenden Beschäftigten ein Bonbon als Ausgleich bieten – und führte für diese Klientel, sprich die besonders langjährig Versicherte, eine neue Altersrente ein: die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren. Festgezurrt wurde das im Sozialgesetzbuch VI (SGB) §236b. Das Video von „DerWesten“ bringt es auf den Punkt.
Seit wann gilt das Gesetz?
Seit dem 1. Juli 2014 können besonders langjährig Versicherte schon ab 63 Jahren ohne Abzüge in Rente gehen. Allerdings gilt das nur für eben diese Gruppe, wenn sie vor dem 1. Januar 1953 geboren wurden. Für später Geborene erhöht sich diese Marke stufenweise auf 65 Jahre. Wer 1953 geboren ist, kann erst mit 63 plus zwei Monate gehen, der 1954 Geborene erst mit 63 plus vier Monate …
Rentenexperte erbost über Kretschmann
Rentenberater und Rechtsanwalt Peter Knöppel ist sauer auf Kretschmann. Quelle: rentenbescheid24
Und für wen gilt die „Rente mit 63“? Für Akademiker schon mal nicht oder nur in absoluten Ausnahmefällen, denn sie kommen nicht auf 45 Beitragsjahre, weil das Studium – in der Regel mindestens acht Semester oder vier Jahre – nicht mitgezählt wird.
Dazu zählen der Deutschen Rentenversicherung zufolge:
- Zeiten mit den Pflichtbeiträgen aus der Beschäftigung
- bei geringfügiger, nicht versicherungspflichtiger Beschäftigung (anteilige Berücksichtigung)
- Pflichtbeiträge aus selbstständiger Tätigkeit
- Zeiten mit freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträgen aus einer Beschäftigung (auch selbstständig) gezahlt wurden
- Zeiten der Wehr- und Zivildienstpflicht
- Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege von Angehörigen
- Zeiten der Kindererziehung bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes
- Zeiten, in denen Arbeits- und Teilarbeitslosengeld, Leistungen bei Krankheit oder Übergangsgeld bezogen wurden
- Zeiten des Bezugs von Leistungen bei beruflicher Weiterbildung
- Zeiten des Bezugs von Insolvenzgeld und Konkursausfallgeld
Was zählt nicht dazu?
- Schulzeiten, das gilt vor allem für Fachhoch- und Hochschule
- Zeiten der Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld II)
„Rente mit 63“ mit Abschlägen
Wer keine 45 Beitragsjahren zusammen bringt, kann auch mit 63 Jahren in Rente gehen, wenn er mindestens 35 Beitragsjahre vorweisen. Allerdings muss ein solcher langjährig Versicherter Abschläge in Kauf nehmen.
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