Rentner warten monatelang auf Steuerbescheide

Finanzen

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Wegen der seit 2005 geltenden Rentenbesteuerung müssen Jahr für Jahr mehr Rentner eine Steuererklärung abgeben. Finanzämter sind überlastet und brauchen Monate für einen Steuerbescheid.

Jedes Jahr nimmt der steuerpflichtige Anteil der Rente zu und der steuerfrei ab. Wer 2020 in Rente ging, musste „nur“ 80 Prozent versteuern, 2023 waren es bereits 83 Prozent. Mit jedem späteren Renteneintrittsjahr steigt der zu versteuernde Rentenanteil und der damit verbundene Freibetrag sinkt. Die Folge: Die Zahl der Rentnerinnen und Rentner wächst, die eine Steuererklärung abgeben müssen. Das Problem verschärft sich noch, wenn die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen. Die Finanzämter kommen auch angesichts des Paragrafendschungels nicht mehr mit der Bearbeitung nach. So dauert es immer länger, bis Steuerzahler ihren Steuerbescheid bekommen.

Warten auf den Steuerbescheid

Im Schnitt mussten Steuerzahler 2023 sage-und-schreibe 57 Tage, sprich annähernd zwei Monate und damit 4,6 Tage mehr im Jahr davor, auf ihren Bescheid warten, so das Onlinesteuerportal Lohnsteuer-Kompakt.de. Allerdings gibt es einige Finanzämter, die den Schnitt im negativen Sinn heben – und dazu gehört Lohnsteuer-Kompakt zufolge das Finanzamt Bremen. In Bremen warteten Steuerzahler 82,1 Tage auf ihren Steuerbescheid.

Es gibt aber auch „schnelle“ Finanzämter. Berlinerinnen und Berliner warteten im Schnitt „nur“ 45,8 Tage auf ihre Steuererstattung, in Hamburg waren es 46,7 Tagen und in Nordrhein-Westfalen 47,5 Tagen. Dass es noch schneller geht, beweise das Finanzamt von Herne mit einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von rund 30 Tagen. Wogegen das Finanzamt Hameln-Holzminden annähernd vier Monate brauchte. „Insgesamt ist die Bearbeitungszeit der einzelnen Finanzämter langsamer geworden“, so Felix Bodeewes, Geschäftsführer von Lohnsteuer-kompakt.de. Wer wissen will, wie sein Finanzamt 2022 abgeschnitten hat, schaut sich die Übersicht von Lohnsteuer-Kompakt an.

Die schnellsten Finanzämter 2023

schnellste Finanzämter orte

Die schnellsten Finanzämter – nach Orten sortiert (Per Klick auf das Bild öffnet sich die gesamte Tabelle)                        Quelle: lohnsteuer-kompakt.de

Die schnellsten Finanzämter nach Bundesland (

Die schnellsten Finanzämter – nach Bundesland sortiert (Per Klick auf das Bild öffnet sich die gesamte Tabelle)              Quelle: lohnsteuer-kompakt.de

2023 rund 32 Millionen Steuererklärungen

Insgesamt sei, so „Welt“, die Zahl der eingereichten Erklärungen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – und verweist auf Zahlen des Bundesfinanzministeriums, wonach mit 31,63 Millionen Steuererklärungen 2022 rund drei Millionen mehr eingereicht wurden als noch 2019 (29,64 Millionen). Für 2023 geht das Ministerium von 32 Millionen aus.

Rentenfreibetrag 2005 bis 2058

RentenbeginnSteuerpflichtiger Anteil in ProzentRentenfreibetrag in Prozent
20055050
20157030
20167228
20177426
20187624
20197822
20208020
20218119
20228218
202382,517,5
20248317
202583,516,5
20268416
202784,515,5
20288515
202985,514,5
20308614
203186,513,5
20328713
203387,512,5
20348812
203588,511,5
20368911
203789,510,5
20389010
203990,59,5
2040919
20581000

Eigentlich sollte der steuerpflichtige Teil der Rente ab 2023 nur noch in Halbprozentschritten wachsen, aber das Wachstumschancengesetz, in dem die Besteuerung von Renten geregelt ist, liegt immer noch beim Vermittlungsausschuss

Steuerpflichtiger Anteil bei 83 Prozent

War der steuerpflichtige Anteil 2005 noch bei 50 Prozent und der Rentenfreibetrag ebenfalls bei 50 Prozent, verschiebt sich seitdem das Verhältnis mehr und mehr zuungunsten der Rentner. 2015 beispielsweise mussten sie schon 70 Prozent ihrer Rente versteuern. Bis 2020 stieg der steuerpflichtige Anteil pro Jahr um zwei Prozent, ab 2021 steigt er nur noch um ein Prozent. 2023 liegt der steuerpflichtige Anteil bei 83, der steuerfreie nur noch bei 17 Prozent. 2040 muss schließlich die gesamte Rente versteuert werden. 2040 gibt es dann keinen Rentenfreibetrag mehr. Das gilt bislang: Durch das Wachstumschancengesetz soll nun der Zeitraum der Vollbesteuerung auf 2058 gestreckt werden.

Vorschläge aus der Politik, wie das Tempo nachhaltig beschleunigt werden könnte, gebe es, so „Welt“. „Für Rentnerinnen und Rentner und die Finanzämter wäre es eine enorme Erleichterung, die Steuer würde analog zur Lohnsteuer direkt von der Rentenversicherung einbehalten“, zitiert das Blatt Antje Tillmann (CDU), finanzpolitische Sprecherin der Union im Bundestag.

Rentenerhöhung zu 100 % besteuert

Das Finanzamt gewährt Rentner zwar einen Rentenfreibetrag, offiziell „Anpassungsbetrag als steuerfreier Teil der Rente“, doch der wird in Euro ausgewiesen und bleibt für das ganze Leben fix. Jede Rentenerhöhung wird dagegen zu hundert Prozent versteuert. Das sei vielen Rentner nicht klar, so das Internetportal „Lohnsteuerkompakt“. Wenn jede Rentenerhöhung komplett versteuert werde, führe das dazu, dass nach jeder Rentenerhöhung mehr Rentnerinnen und Rentner steuerpflichtig werden, so „Steuertipps.de“. Da hilft es auch wenig, wenn der Staat den Grundfreibetrag erhöht, durch den Mechanismus, den Rentenfreibetrag in Euro auszuweisen und nicht in Prozent, steigt automatisch der gesamte prozentuale Besteuerungsanteil der Rente.

Der Rentenfreibetrag gilt nicht für Rentenerhöhungen – die sind zu hundert Prozent steuerpflichtig. Damit sinkt prozentual gesehen im Lauf der Jahre – sollte es Rentenerhöhungen geben – der Rentenfreibetrag, weil der nominal gleich bleibt, sich aber auf eine höhere Rente bezieht. Somit profitiert das Finanzamt bei jeder Rentenerhöhung. Im Steuerbescheid liest sich das dann so: „Dem steuerpflichtigen Teil der Rente wurde die Rentenerhöhung hinzugerechnet. Regelmäßige Anpassungen des Jahresbetrags der Rente führen nicht zu einer Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente“.

Selbst nachrechnen

Wer es nicht glaubt, kann es auch selbst nachrechnen, so er denn schon einige Jahre in Rente ist. Das lässt sich anhand des letzten Steuerbescheids berechnen:

➖➕✖️➗ Einfach den „Jahresbetrag der Rente“ ins Verhältnis zum „Anpassungsbetrag ab steuerfreier Teil der Rente“ setzen. Das ergibt eine Prozentzahl. Wer schon länger in Rente ist, dürfte staunen, um wie viel niedriger sein prozentualer Rentenfreibetrag heute ist.

► Mein Beispiel: Ich bin 2017 in Rente gegangen mit einem prozentualen Rentenfreibetrag von 26 Prozent, 2023 – nach vier Rentenerhöhungen – liegt der prozentuale Rentenfreibetrag nur noch bei 24 Prozent. Der nominale Rentenfreibetrag ist seit 2017 gleichgeblieben, aber eben nicht der prozentuale.

Bitte beachten Sie:
Auch wenn Sie zu Rentenbeginn noch keine Steuern zahlen, kann sich dies im Laufe des weiteren Rentenbezugs ändern. (Deutsche Rentenversicherung)

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Helmut Achatz

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