Werbung
Intro
Contents
Am 1. Januar 2018 trat das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft. Union und SPD haben leider die Chance vertan, die Betriebsrente zu reformieren. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist Murks. Wer fürs Alter vorsorgen will, sollte sich das Geld auszahlen lassen und besser privat und eigenverantwortlich vorsorgen. Er sollte sich nicht auf die Politik verlassen – aus 13 gewichtigen Gründen.
Die Ex-Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) lobt ihr Betriebsrentenstärkungsgesetz über den grünen Klee. Kein Wunder, ist es doch ihr Baby. „Tatsächlich wird die Reform nach den Nachbesserungen gelobt – von Gewerkschaften, Arbeitgebern, Produktanbietern und Beratungsunternehmen“, schreibt die „Frankfurter Allgemeine“ vom 3. Januar 2018. Verständlich, profitieren doch alle davon, außer den Versicherten davon. Das Gesetz ist Murks, halbgar, unredlich und unfair. Die Versicherten sind die Dummen, bloß hat ihnen das noch keiner gesagt. Deswegen wird es Zeit, die Fehler dieser Gesetzesruine aufzudecken.
Fehler 1 des Betriebsrentenstärkungsgesetz
Erst ab 2022
Warum gilt das Gesetz erst ab 2022? Im Betriebsrentenstärkungsgesetz heißt es „Übergangsvorschrift zu § 1a Absatz 1a § 1a Absatz 1a gilt für individual- und kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 1. Januar 2019 geschlossen worden sind, erst ab dem 1. Januar 2022.“ Und in 1a steht: „Der Arbeitgeber muss 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart.“ Also besser bis 2019 warten – oder?
Fehler 2
Sozialversicherung
Damit wären wir automatisch bei Fehler Nummer 2: Der Argeitgeber spart sich Sozialversicherungsbeiträge, muss aber nur 15 Prozent davon ausgleichen, indem er den Betrag an die Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleitet. Die müssen die weitergeleiteten Beträge verwalten. Das kostet natürlich Geld, so dass dem Versicherten keine 15 Prozent gutgeschrieben werden.
Fehler 3
Doppelverbeitragung
Auf den schlimmsten Fehler dieser Gesetzesruine geht keiner ein, weder Gewerkschaften, noch Arbeitgeber, noch Produktanbieter und Berater. Aber genau dieser Artikel 4 (am besten selbst nachlesen) macht die betriebliche Altersvorsorge uninteressant. Artikel 4 im Koalitionsvertrag ist kontraproduktiv und sabotiert die betriebliche Altersvorsorge. In Artikel 4 des Koalitionsvertrags steht: „Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch In § 229 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2757) geändert worden ist, wird der Punkt am Ende durch folgenden Halbsatz ersetzt: ,; außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes.‘“ Das steht da tatsächlich drin, mit einem lapidaren Halbsatz: außer Betracht bleiben … Andrea Nahles hat das so verklausuliert, damit es ja keiner begreift.
Die Doppelverbeitragung in der betrieblichen Altersvorsorge wird nur, die Betonung liegt auf „nur“, für betriebliche Riester-Rente abgeschafft. Das sind Renten im Sinne des §92 des EstG). Alle andere „Leistungen aus Altersvorsorgevermögen“, sprich Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen werden, wie bisher, doppelt verbeitragt – in der Anspar- und vor allem in der Rentenphase.
Das heißt, in der Rentenphase schröpft die Krankenversicherung alle, die brav vorgesorgt haben. Sie werden um die Früchte ihrer Bemühungen gebracht. Die Proteste des Vereins der Direktversicherungsgeschädigten (DVG) haben nichts gebracht. Nahles hat sich einfach darüber hinweggesetzt mit ihrem Gesetz. Die ungerechte Doppelverbeitragung hätte abgeschafft werden müssen, fordert der Bund der Versicherten (BdV) schon seit langem. Die Lobby der Krankenkassen hat sich aber durchgesetzt. Alle, außer betrieblichen Riester-Sparern, müssen auch weiterhin doppelt Krankenkassenbeiträge für ihre Altersvorsorge zahlen. Damit sei das wichtigste Ziel des Betriebsrentenstärkungsgesetzes verfehlt. Wer zu den Lobbyisten in der Bundesregierung gehört, ist mittlerweile auch klar: Es sind vor allem Ex-Krankenversicherungsfunktionäre in der Union. Damit allerdings wird es nichts mit der Stärkung der Betriebsrente, was Sinn und Zweck dieses Gesetzes sein soll.
Wie viel Geld das ist, das brave Altersvorsorger an die gesetzliche Krankenkassen zahlen, lässt sich am besten an dieser Tabelle ablesen: Seit 2000 bis 2016 sind die Beitragseinnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus Bezüge der betrieblichen Altersvorsorge und anderen Versorgungsbezügen haben sich annähernd vervierfacht – von 1,5 Milliarden Euro im 2000 auf 5,7 Milliarden Euro im Jahr 2016. Dieses Geld fehlt den Betriebsrentner natürlich im Alter. Deswegen schwimmen die Krankenversicherungen zurzeit auch im Geld.
Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung aus Versorgungsbezügen
Mitglieder der Rentenkommission | ||||
---|---|---|---|---|
Funktion/Amt | Geboren | Alter | ||
1 | Gabriele Lösekrug-Möller (Vorsitz) | Ex-Staatssekretärin (SPD) | 20. April 1951 | 67 |
2 | Karl Richard Maria Schiewerling | Ex-Bundestagsabgeordneter (CDU) | 18. May 1951 | 67 |
3 | Annelie Buntenbach | Mitglied DGB-Vorstand | 24. February 1955 | 63 |
4 | Alexander Gunkel | Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände | 31. July 1968 | 49 |
5 | Katja Mast | MdB, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD | 4. February 1971 | 47 |
6 | Hermann Gröhe | MdB, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU | 25. February 1961 | 57 |
7 | Stephan Stracke | MdB, Stellvertretender Vorsitzender der CSU im Bundestag | 1. April 1974 | 44 |
8 | Axel Börsch-Supan | Direktor Munich Center for Economis of Aging, Max-Planck-Institut | 28. December 1954 | 63 |
9 | Simone Scherger | SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, Uni Bremen | 1. January 1970 | 43 |
10 | Gert G. Wagner | Vorsitzender des Sozialbeirats | 5. January 1953 | 65 |
Durchschnittsalter Rentenkommission | 56.5 | |||
Stand: 18. Juni 2018 |
GKV steht für gesetzliche Krankenversicherung
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (Stand 8.2.2018)
Fehler 4
Grundsicherung
Wer im Alter auf Grundsicherung angewiesen ist, dem wird davon die Betriebsrente abgezogen – bislang. Das heißt, er bekam bislang auch nicht mehr, als jemand, der nicht fürs Alter vorgesorgt hat. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ändert das: Künftig dürfen Geringverdiener hundert Euro aus einer Betriebspension behalten, wenn sie im Alter verarmen und auf Grundsicherung angewiesen sind. Zuzüglich dürfen sie weitere 30 Prozent „des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge“ behalten, aber nur bis maximal 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1“. Was ist das für ein Vorsorgeverständnis: Wer eigenverantwortlich vorsorgt, darf nur ein Zuckerl behalten, wenn es ihm im Alter schlecht geht. Was sind schon hundert Euro in fünf, zehn oder 15 Jahren? Übrigens die Regelbedarfsstufe 1 liegt aktuell (2018) bei 416 Euro.
Beispiel: Die monatliche Rente aus zusätzlicher Altersvorsorge beträgt 320 Euro. Vollständig anrechnungsfrei sind hundert Euro. Von den verbleibenden 220 Euro bleiben noch 30 Prozent anrechnungsfrei – also 66 Euro pro Monat. Der gesamte Freibetrag darf indes 50 Prozent des Eckregelsatzes, sprich 208 Euro nicht überschreiten. Dies ist in diesem Beispiel erfüllt. Der gesamte Freibetrag liegt also bei 166 Euro pro Monat. Damit allerdings kommt niemand in Großstädten wie München und Hamburg über die Runden. Die Lebenshaltungskosten für einen Rentner (Single) liegen laut finance scout 24 bei rund 1000 Euro, dabei sind nur die Grundbedürfnisse abgedeckt. Die Rentner werden also auch künftig zur Tafel gehen.
Wachsende Armut: Grundsicherung im Alter ist mittlerweile kein Randproblem mehr: Mittlerweile sind mehr als eine halbe Rentner auf Grundsicherung angewiesen. Das ist eine Steigerung um 36 Prozent seit 2016. Frauen sind überproportional von Altersarmut betroffen, denn die Zahl der weiblichen Grundsicherungsempfänger liegt bei 308 726, die der Männer bei 216 869. Das Armutsrisiko steigt also.
Fehler 5
Beitragsbemessungsgrenze
Beitragsbemessungsgrenze ist nicht gleich Beitragsbemessungsgrenze. Die Steuerfreiheit von betrieblichen Altersvorsorgeverträgen wurde auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze erhöht, Sozialabgabenfreiheit bleibt indes bei vier Prozent beschränkt. Als Folge sieht der Bund der Versicherten: „Wer zukünftig die Entgeltumwandlung bis zur steuerfreien Höchstgrenze nutzt, muss sich auf eine empfindliche Doppelbelastung seiner Betriebsrente durch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge einstellen“. Das Perfide, der volle Beitragssatz wird in der Rente fällig, insgesamt mehr als 18 Prozent, wie jeder mittlerweile weiß, da ja zur Krankenversicherung noch der Zusatzbeitrag und die Pflegeversicherung kommt – Tendenz steigend. Für die betriebliche Altersvorsorge kommt das einer kalten Enteignung gleich. „Wer Betriebsrenten stärken möchte, muss Betriebsrentner von solchen widersinnigen Belastungen befreien“, so Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV). Es sei völlig unverständlich, dass diese Gerechtigkeitslücke mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz sogar nochmals weiter geöffnet wird, empört sich Kleinlein. Das Problem der Altersarmut lasse sich so nicht lösen, das sei „blauäugig“. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist alles andere als zukunftsfähig.
Werbung
9 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Liebe Leute,ich kann es nur immer wiederholen
Kümmert Euch um eure Rente und euer finanzielles Leben
Pflegeversicherung in jungen Jahren ist preiswert und sichert gegen Vermögensverlust ab
Berufsunfähigkeitsversicherung in jungen Jahren auch preiswert
Lernen,lernen,lernen,damit Ihr einen Job bekommt,der einem ausreichend absichert
,damit man Rücklagen bilden kann
Die Mieten werden immer weiter steigen ,also erwerbt Eigentum
Bildet eure Kinder,auch im wirtschaftlichen Denken aus
Excel hilft sehr gut bei der Ein/Ausgabenverwaltung
Die Rentenversicherung ist eine Versicherung,dass kapieren viele nicht
Was ich einzahle,bekomme ich raus
Wenig einzahlen,wenig Rente,wie bei allen Versicherungen
Kümmert Euch um Eure Finanzen und wartet nicht auf den Staat
Bildet zusätzliche Rücklagen für die spätere Rentenlücke
Und Lernen,lernen,lernen
Je besser die Ausbildung,je höher das Einkommen
Aber nur Sachen studieren,lernen für die es auch Berufe gibt
Handwerker,IT leute und Ingenieure werden gesucht!!!!!!!!!!!
Bravo! Alles auf den Punkt gebracht. Bei Fehler Nr. 10 könnte noch ergänzt werden dass man nicht nur seine eigene Rente, sondern auch die Renten aller durch Gehaltsumwandlung kürzt. Dadurch verschärft sich das gesamtgesellschaftliche Problem der Rentenarmut mit freundlicher staatlicher Unterstützung nochmals.
All diese unsäglichen privaten Vorsorgeangebote wurden von den Lobbyisten der Versicherungswirtschaft geschrieben. Ein durchschnittlier Politker in seiner Versorgungshängematte hat leider keine Ahnung.
Hallo Norbert,
vielen Dank für den Hinweis. Das baue ich gleich in den Beitrag ein, denn genau so ist es.
viele Grüße
Helmut
„Die Lobby der Krankenkassen hat sich aber durchgesetzt, so dass alle, außer betrieblichen Riester-Sparern, auch weiterhin doppelt Krankenkassenbeiträge für ihre Altersvorsorge zahlen müssen“
So ein Blödsinn! Beiträge zur bAV nach §3.63 wurden bisher (zumindest außer bei Riester) und werden auch weiterhin aus dem Brutto gespeist. Somit wurde und wird in der Ansparphase kein Krankenkassenbeitrag entrichtet
[…] Ob sie einen zusätzlichen Beitrag zur Betriebsrente leisten, liegt in ihrem freien Ermessen. Im Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde leider versäumt, die Doppelverbeitragung abzuschaffen. Wie Entgeltumwandlung funktioniert […]
[…] dem Betriebsrentenstärkungsgesetz sollte alles ganz anders werden – das Paradies für alle, die über den Betrieb fürs Alter […]
[…] Warum das Betriebsrentenstärkungsgesetz Murks ist › Vorunruhestand 12. März 2018 at 9:08 […]
[…] Anfang 2022 müssen Chefin oder Chef für alle Direktversicherungen dank des Betriebsrentenstärkungsgesetzes mindestens 15 Prozent dazu zahlen, denn sie sparen sich durch die Entgeltumwandlung Sozialabgaben, […]
[…] von Sozialabgaben zu befreien, hat nicht geholfen. Zum Hintergrund: Seit dem Eintritt des Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 1. Januar 2019 werden sogenannte Riester-Renten aus betrieblichen Versorgungen in der […]