Werbung
Die sogenannte Doppelverbeitragung von Kapitallebensversicherungen sorgt seit Jahren für Ärger und Unmut unter Rentnern. Dabei müssen sie bei der Auszahlung ihrer Versicherungen zusätzlich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zahlen, obwohl sie bereits in der Ansparphase Beiträge gezahlt haben. Ist dies Abzocke oder rechtens?
Die Doppelverbeitragung betrifft Kapitallebensversicherungen, die vor dem 1. Januar 2004 abgeschlossen wurden. Bei diesen Verträgen wurden die Beiträge bis dahin nicht zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen. Seit dem GMG (Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung) aus dem Jahr 2004 müssen jedoch auch diese Auszahlungen beitragsrechtlich berücksichtigt werden.
Die Doppelverbeitragung und ihre Folgen
Kritiker der Doppelverbeitragung bemängeln, dass sie einen Verstoß gegen den Vertrauensschutz der Versicherten darstellt. Diese hätten ihre Verträge zu anderen Konditionen abgeschlossen und müssten nun mit nachträglichen Beitragsbelastungen rechnen. Zudem sei die Doppelverbeitragung ungerecht, da sie nur Rentner mit Kapitallebensversicherungen trifft, während andere Rentenformen nicht betroffen sind.
Abzocke beschäftigt Gerichte
Die Rechtslage zur Doppelverbeitragung ist komplex und umstritten. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in mehreren Urteilen entschieden, dass die Doppelverbeitragung grundsätzlich verfassungsgemäß ist. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, beispielsweise wenn die Beiträge zur Kapitallebensversicherung ausschließlich vom Arbeitnehmer gezahlt wurden.
Fallbeispiel: Arnd Rüter
Der Fall von Arnd Rüter zeigt die Problematik der Doppelverbeitragung exemplarisch auf. Rüter klagte gegen die AOK Bayern, weil er die Doppelverbeitragung seiner Kapitallebensversicherung nicht hinnehmen wollte. Das Gericht wies seine Klage jedoch ab. Rüter legte dagegen vor Gericht Widerspruch ein und begründete seinen Widerspruch auch ausführlich. Sein Argument: Die Verbeitragung von Kapitallebensversicherungen lasse sich nicht aus den §§ 229 und 237 des Sozialgesetzbuchs V begründen.
AOK will Geld sehen
Das sieht die AOK Bayern anders und fordert von ihm die Zahlung der Krankenkassenbeiträge. „Wir setzen geltendes Recht um“, wiegelt die Anwältin der AOK Bayern ab. Sie verweist dabei auf eine Stelle des §229 SGB V: „Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Einhundertzwanzigstel (1/120stel) der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate.“ Punkt! „Das genau haben wir umgesetzt“. Was den Betrag betrifft, so habe die Allianz uns das gemeldet.
Klage wird abgewiesen
Nach kurzer Beratung wird das Urteil verlesen: „Die Klage wird abgewiesen“. Das Gericht sehe den §229 Satz 1 für verfassungskonform an. Rüter muss also weiter für die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen – und dazu noch die Gerichtskosten.
So wie Rüter geht es Millionen von Ruheständlern, die bei der Auszahlung ihrer Versicherungen und Betriebsrenten von den Krankenkassen abkassiert werden. Dieses Unrecht geht auf das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) der rot-grüne Bundesregierung zurück, das seit 1. Januar 2004 wirkt. Die gesetzlichen Krankenkassen und der Pflegeversicherung schröpfen seitdem Direktversicherte über zehn Jahre. Alles in allem sind das annähernd 20 Prozent der Auszahlung, die Rentner verlieren. Dabei geht es um Verluste von zweistelligen Tausender-Beträgen.
Was ist Vertrauensschutz wert?
Das Schlimme daran, das Gesetz von 2004 gilt rückwirkend für Verträge, die lange vor 2004 abgeschlossen waren. Rüter – und nicht nur er – sehen darin einen Rechtsbruch. „Selbst das Bundesverfassungsgericht ließ sich vor den Karren der Politik spannen, in dem es die verfassungsmäßig nicht erlaubte Rückwirkung
auf Beträge auch vor dem 1. Januar 2004 als ‚unechte Rückwirkung‘ verschwiemelte und zuließ (07. April 2008 – 1 BvR 1924/07 Abs. 36). Es befand ‚Die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht […]bildet ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung‘ (1 BvR 1924/07 Abs. 34).“ Das sei, so Rüter in einem Leserbrief an die „Süddeutsche Zeitung“ die „höchstrichterliche Absegnung eines massiven Rechtsbruchs durch die Politik, nämlich der in der Geschichte der Bundesrepublik einmalige Vorgang der Missachtung des rechtsstaatlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes, und ist somit ein wesentlicher Schritt in die Bananenrepublik“.
Raubzug durch die Rente
Hans-Ulrich Jörges vom „Stern“ hat diese Ungerechtigkeit kommentiert und überschrieb seinen Kommentar mit dem Titel „Raubzug durch die Rente“. Was schiefläuft in Deutschlands Rentensystem, muss nur seinen Kommentar lesen. „Fast ein Fünftel der Betriebsrenten geht an die Krankenkassen – doch die Politik will es so.“ Gerade die damalige rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder war nicht zimperlich, den Altersvorsorgern in die Tasche zu greifen und ihr Vermögen zu plündern. Heute schauen sie dumm aus der Wäsche, denn ihnen fehlen Milliarden.
Das „Abendblatt“ hat das Problem Direktversicherungen und Krankenkassenbeiträge sehr gut und übersichtlich zusammengefasst. Viele werden böse überrascht, wenn sie in Rente gehen, obwohl es das Gesetz schon seit 2004 gibt. Und dabei geht es nicht um ein paar Euro, sondern um Tausende oder sogar Zigtausende. Die Übersicht ist nicht mehr ganz aktuell, im Prinzip hat sich jedoch seit dem wenig geändert.
Was sich geändert hat:
- Seit 1.1.2020 gibt es einen Freibetrag (zurzeit von 176,75 Euro).
- Der Zusatzbeitrag hat sich auf 1,7 Prozent erhöht,
- der Pflegebeitrag hat sich auf 3,4 Prozent (mit Kindern) bzw. 4,0 Prozent (kinderlos) erhöht.
Quelle: Abendblatt
Werbung
9 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
[…] – mit Hilfe der Union – enteignet. Das Perfide an dem von Ulla Schmidt (SPD) initiierten Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), das 2004 wirksam wurde: Es betrifft auch Verträge, die lange vor Einführung des Gesetzes […]
Für meine Lebensversicherung muß ich dank ROT, GRÜN und SCHWARZ fast 20% Kranken- u. Pflegeversicherung zahlen. Daher werde ich und mittlerweile drei Bekannte, die in Zukunft auch zahlen müssen, BLAU wählen.
Wenn Sie etwas ordentliches gewählt hätten, dann bräuchten Sie keine 20% an die Krankenkasse
für Ihre selbst bezahlte Direktversicherung 10 Jahre lang entrichten!
Lasst uns zur Bundestagswahl 2017 schlauer sein!
„Erst angelockt“ dann „abgezockt“
keine Stimme für CSU/CDU
keine Stimme für SPD
Keine Stimme für Grüne
Es gibt noch andere Alternativen für die Bundestagswahl 2017 für die über 6 Millionen Geschädigten und Ihre Angehörigen!
Nur die dummen Kälber, wählen sich den Metzger selber!
Dass Rentner von ihren sonstigen Versorgungsbezügen volle Kassenbeiträge zahlen sollen, stellt sich als ein räuberischer Zugriff auf lebenslang angesparte Betrage zur Altersvorsorge dar. Durch derart willkürliche Maßnahmen nimmt man den Bürgern Planungssicherheit und erschüttert ihr Vertrauen in die Sozialsysteme.
[…] Müller meint, das Betriebsrentenstärkungsgesetz werde etwas bringen. Ob er damit nicht schief liegt? So lange die Doppelverbeitragung von Betriebsrenten und Direktversicherungen nicht aufgehoben wird, wird das nichts mit der Verbesserung, weil die Krankenkassen den Renditerahm abschöpfen. Die Entgeltumwandlung lohnt sich nicht, trotz höherer Zuschüsse, weil bei der Auszahlung mehr als 18 Prozent an die Krankenkasse gezahlt werden müssen. […]
[…] Gerhard Schröder hat 2004 alle, die eigenverantwortlich fürs Alter vorgesorgt haben, mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz schlichtweg enteignet, in dem sie die Sozialabgabenpflicht – sogar rückwirkend – einführten. […]
[…] Koalition unter Gerhard Schröder hat 2003 – mit ausdrücklicher Billigung der Union – das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) beschlossen, um die leeren Sozialkassen zu füllen. Bedient haben sie sich bei den […]
[…] Angenommen der Rentner hat während seines Berufslebens über seinen Arbeitgeber eine Direktversicherung abgeschlossen. Blöd, für die zahlt er auch noch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge – und zwar den vollen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil. Das macht einschließlich Zusatzbeitrag weit über 18 Prozent aus. […]
[…] Angenommen der Rentner hat während seines Berufslebens über seinen Arbeitgeber eine Direktversicherung abgeschlossen. Blöd, für die zahlt er auch noch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge – und zwar den vollen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil. Das macht einschließlich Zusatzbeitrag weit über 18 Prozent aus. […]