Neuer Sozialismus gegen Fehler des Kapitalismus?

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Die Diskussion in unserer Gesellschaft über wirtschaftliche Ungerechtigkeit kippt immer mehr in eine Grundsatzdebatte über den Kapitalismus um. Auslöser war Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert, der in der „Zeit“ von Enteignung des Wohnraums und Kollektivierung von BMW sprach.

In einem „Zeit“-Interview geht Kühnert auf die Enteignungen von Wohnraums und auf eine Kollektivierung der BMW AG ein. Seither ist in unserem Land eine heftige Debatte entbrannt. Ist er wieder da: der Sozialismus als Gegenmodell des Kapitalismus? Daran glauben sicher wenige in diesem Land. Dennoch, es gibt viele seriöse Stimmen, die eine Berechtigung dieser Diskussion über die Fehler des Kapitalismus sehen. Natürlich dürfen auch nicht die Gegenpositionen fehlen.

Ist Kapitalismus das Problem?

Die global zunehmende Radikalisierung und der rasant wachsende Nationalismus hat in der Tat eine gemeinsame Komponente: Immer größere Stücke des Mittelstandes werden herausgerissen und in ein unaufhaltsam abrutschendes Prekariat befördert. Das geschieht in einer boomenden Weltwirtschaft. Der Kapitalismus scheint Wundermittel und Existenzvernichtung zugleich zu sein. Wer versteht das wirklich? Wer ist davon bedroht?

Zur gleichen Zeit erleben wir auf einer Seite die Zunahme von unvorstellbarem Reichtum, wie Spiegel-Online über die WDR-Produktion „Ungleichland“ berichtet. Hier bringt es der Self-Made-Immobilienunternehmer Christof Gröner in seinem Privatjet entwaffnend auf den Punkt: „…Wenn Sie 215 Millionen haben, dann schmeißen Sie das Geld zum Fenster raus und dann kommt es zur Tür wieder rein. Sie kriegen es nicht kaputt…“.  Herr Gröner ist ein Mensch, der seinen Aufstieg selbst erarbeitet hat. Vielleicht nimmt er gerade deshalb bewusst wahr, dass es einen ungerechten Mechanismus gibt. Die Kehrseite scheint in die andere Richtung ebenfalls unaufhaltsam zu sein. Statistiken einiger Studien belegen diese unangenehme Tatsache. Gibt es diese Verlierer, die im Kapitalismus unausweichlich sein sollen? Wie lange erträgt unser Wirtschaftssystem eine solche Aufspaltung, ohne dass der Kapitalismus ernsthaft in Frage steht?

Auf Notunterkünfte angewiesen

Ich bekomme bei Betrachtung der negativen Seite des Kapitalismus in Deutschland zunehmend den Eindruck, dass das Pfand auf PET-Flaschen nur deshalb erfunden wurde, damit immer mehr in Armut geratene Rentner beim Einsammeln nicht so schwer schleppen müssen. In Frankfurt sind inzwischen 5000 Menschen in Notunterkünften untergebracht. Es sind deutsche Bürger. Viele davon haben einen Vollzeitjob. Wie kann das sein?

Wir hören von Wirtschaftspolitikern, der Markt würde die Nachfrage nach dringend benötigten Wohnungen regeln. Doch warum hat das der Markt nicht längst getan? Es tut sich schon seit Jahren nichts und es scheint immer schlimmer zu werden. Ist der Kapitalismus das Problem? – Und brauchen wir so etwas wie ein Stück vom Sozialismus, um diese Sache in wieder Ordnung zu bringen?

Die Debatte heizt sich immer weiter an. Die europäischen Parteien haben inzwischen eine fast hysterische Angst vor der Zunahme radikaler Bewegungen in der Europawahl. Die Bürger pendeln in ihrer Wut zwischen „links“ und „rechts“. Egal, „Hauptsache zurückschlagen!“ ist die Devise. Emotionen sind gefährlich schlechte Meister in einer Wut, die das Denken völlig abschaltet. Sie sind jedoch durch Empathie gute Diener, um die Probleme der Menschen zu verstehen.  Wenn ich diesen wütenden Menschen zuhöre, dann taucht immer wieder ein Begriff auf: Ohnmacht

Gefühl der Ohnmacht

Viele in Denkschienen verhaftete „Experten“ sehen hier die Globalisierung als Ursache dafür. Die Globalisierung begann jedoch bereits in der Antike. Im Mittelalter wurden ganze Dynastien durch den Welthandel reich. Die Ware war nur deutlich länger unterwegs. Der Kapitalismus ist schon immer global. Das kann es also nicht sein. Doch gegen welche Macht sind diese Menschen konkret so ohnmächtig, dass sie in extreme Positionen oder sogar in einen vernichtenden Hass verfallen?

Unsere deutsche Nation ist durch globalen Handel in der Nachkriegszeit zur stärksten Exportnation Europas geworden und bis heute geblieben. Eine relativ gut balancierte soziale Marktwirtschaft sorgte für Wachstum und zunehmenden Wohlstand. Wir Deutschen fanden uns im Kapitalismus bestens zurecht. Besonders die gute soziale Verbindung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern machte die deutsche Industrienation stark. Inzwischen gibt es praktisch wieder eine Vollbeschäftigung.Trotzdem, der zuvor zunehmende Wohlstand verkommt immer mehr zu einem harten Kampf gegen einen Existenz und Würde bedrohenden Abstieg. Die Tonschärfe und Aggressivität in der Gesellschaft nimmt rasant zu – in Deutschland, in Europa und weltweit. Ist der Kapitalismus die wahre Ursache dafür?

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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • hanselmar
    19. Mai 2019 22:53

    Die soziale Marktwirtschaft hat sich bewährt.Was erhalten werden muß sind die soziale Komponente.Bis zur Wiedervereinigung funktionierte das auch recht gut im kapitalistischen Teil Deutschlands.Nach der Wiedervereinigung hat sich mit Hilfe der SPD unter Gerhard Schröder der Brutalkapitalismus durchgesetzt. Nun möchte dieser junge Sozialdemokrat Kevin Kühnert das Rad umdrehen indem er Verstaatlichung fordert. Sicherlich erinnert er sich nicht mehr an die Neue Heimat oder die Coop des Dr. Otto. Das waren zwar keine Staatsbetriebe sondern Selbstbedienungsbetriebe des DGB. Es gibt immer noch Selbstbedienungsbetriebe. Das fängt mit dem Vorstand eines Großunternehmens an der sein eigenes Gehalt bestimmen kann und geht weiter über die Abgeordneten des Bundestages die selbst darüber entscheiden dürfen welche Bezahlung für sie richtig ist.

    Was Deutschland braucht ist mehr Bürgerbeteiligung und den Volksentscheid um den Kapitalismus nicht brutal werden zu lassen. Da kann man sicher von der Schweiz lernen, denn dort hat es bereits einen Volksentscheid über die Bezüge der Vorstände bei den Aktiengesellschaften gegeben. Was die Arbeitnehmer Rechte angeht kann man sicher von Dänemark und Luxemburg lernen. Wer sich in Dänemark für den Status Arbeitnehmer entscheidet ist verpflichtet Mitglied der Gewerkschaft zu werden. Das bedeutet eine Koalitionspflicht ist für die Erhaltung der sozialen Marktwirtschaft besser als eine Koalitionsfreiheit die sich einst die Väter des GG ausgedacht haben. Natürlich läuft es auch besser in Luxemburg. Dort haben die AN eine eigene Kammer, genau so wie die Ärzte und Rechtsanwälte eine Kammer in Deutschland haben.

    Wem würde der Vorschlag von Kevin Kühnert nützen wenn BMW verstaatlicht würde? Wahrscheinlich nur dem Vorstand wenn er dann weiterhin seine eigenen Bezüge festlegen dürfte. Wem würde es nützen wenn die Wohnungsbaugesellschaften verstaatlicht würden? Wahrscheinlich niemand denn dadurch würden keine neuen Wohnungen entstehen.
    Deutschland braucht also mehr Wohnraum und eine staatliche Förderung für den Bau von Neubauwohnungen. Eine zusätzliche Maßnahme wäre es leerstehenden Wohnraum in Ballungszentren zu besteuern. Das wäre jedoch nur dann eine Lösung wenn feststeht daß Wohnungsmangel besteht.

    Deutschland und auch Europa braucht für seinen Erfolg die soziale Marktwirtschaft. Die Verstaatlichung von Firmen hat weder in der DDR noch anderswo zum wirtschaftlichen Erfolg geführt. In GB hatte man den den 50er Jahren die Stahlindustrie verstaatlicht. Jedoch hat man dort schnell eingesehen daß man damit keine Probleme löst sondern neue Probleme schafft. Somit sind die Ideen von Kevin Kühnert gut für Diskussionen und Debatten, aber absolut realitätsfremd.
    Er wäre ein kluger Politiker wenn er endlich die Forderung nach der Änderung des GG aufstellen würde und einen Gesetzentwurf vorlegen würde in dem steht der Volksentscheid ist Bestandteil der Gesetzgebung. Mit diesem ließen sich viele Ungerechtigkeiten wie die Bevorzugung der Politiker und Beamten bei der Altersversorgung beseitigen. Dann könnte endlich das Volk entscheiden was Ihnen die Politiker denn wert sind. Ich habe da auch gleich eine Lösung die steht bereits im Gesetz. Leider gilt dieses nur für Betriebsräte. Im Betr.VG ist die Bezahlung der freigestellten Betriebsräte geregelt. Die bekommen das gleiche Gehalt wie vor ihrer Freistellung. Da wäre es doch eine hervorragende Idee es auch für Politiker anzuwenden. Der Studienabbrecher bekommt weiterhin Bafög and der Hartz IV Empfänger weiterhin Hartz IV, das Gehalt eines Bundesrichters sollte dann die Obergrenze sein.

    Antworten
  • Dirk Feldhinkel
    20. Mai 2019 10:20

    Hallo hanselmar

    Danke für den Kommentar. Was die Marktwirtschaft betrifft , stimme ich mit Dir völlig überein. Was wir jedoch brauchen, sind wirklich starke Politiker.
    Ob die Gehaltsfortsetzung auf gleichen Niveau bereits die Lösung ist, da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe natürlich auch selbst in einem mittelständischen Betrieb als Kalkulator und Controller gearbeitet. Ich saß lange Zeit mit dem Betriebsratsvorsitzenden in einem Büro und bekam unvermeidbar vertraulich einen tiefen Einblick.

    Es ist Methode, Betriebsräten deutlich mehr als die verpflichteten Mindestgehälter zu zahlen. Das soll im Sinne des Unternehmens milder stimmen. Es ist ein offenes Geheimnis. Ein Porsche – Betriebsrat geht Medienberichten zur Folge mit ca. 250.000 Euro p.a. nach Hause. Die Skandale um den VW-Betriebsrat zeigten, welche Macht auch dort entstehen kann. Geld bahnt sich immer seinen Weg, wenn wir es nicht klug regeln.

    Auch beim Volksentscheid bin ich zwiespältig. Dass Bürger die Möglichkeit haben sollten, hinreichend wirksamen Einfluss zu nehmen, ist nachvollziehbar. Der Wunsch steigt jedoch dann sehr stark, wenn das Vertrauen zu Politikern fehlt. Wie das Desaster um den Brexit zeigt, können auch Bürger leicht manipulierbar sein und sich selbst schädigen. Das ist zur Zeit die größte Sorge in der EU.

    Wo ich dir definitiv zustimme, ist der Bereich des Wohnungsmarktes. Diese „Marktwellen“ wiederholen sich seit Jahrzehnten. Bisher wurden mit Anreizen wie Sonderabschreibungen oder Eigenheimzulagen reagiert. Der Erfolg erreichte zum Teil große Wirkung, zum Teil Mitnahmeeffekte, zum Teil Übersteuerungen. In der Politik muss man lernen, genauer und schneller zu steuern. Frühindikatoren oder politischen Veränderungen könnten bereits Maßnahmen vorbereiten oder einleiten. Hier könnte die Politik wirklich etwas von der Wirtschaft lernen.

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  • […] die Stabilität des Euro garantieren sollten, ist nichts mehr übrig geblieben. Die Höhe der Staatsschulden geht in Richtung 2,5 Billionen Euro. Dazu kommen noch die Schulden, die die EU-Kommission aufnimmt […]

    Antworten

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