Was ist die Flexi-Rente und wann kommt sie?

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Die Flexi-Rente – was ist das? Wer früher in Rente gehen will, soll das dürfen, ebenso soll er länger arbeiten dürfen, wenn er will. Das nennt sich dann Flexi-Rente. Die Flexi-Rente trat teils zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten, teils wurde erst zum 1. Juli 2017. Das neue Hinzuverdienstrecht beispielsweise gibt es erst seit Juli 2017. Möglich werden zudem freiwillige Zusatzzahlungen in die Rentenkasse ab einem Alter von 50 Jahren, um später ohne Abschläge früher in den Ruhestand gehen zu können. Mit der Flexi-Rente ist die Absicht verbunden, längeres Arbeiten attraktiver zu machen.

Flexi-Rente soll Hürden abbauen

Die Flexi-Rente soll die Hürden für den Bezug einer vorgezogenen Teilrente abbauen.  Teilrentner dürfen mehr vom Zuverdienst zu den Altersbezügen behalten. Ferner sieht das Gesetz vor, dass Arbeitgeber bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung entlastet werden, wenn sie Rentner über das Erreichen der Altersgrenze hinaus beschäftigen. Nach groben Schätzungen der Rentenexperten entgehen der Bundesagentur für Arbeit (BA) dadurch bis zu 87 Millionen Euro jährlich.

Ob die Flexi-Rente der große Wurf ist, darf angezweifelt werden, worauf eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK (für die WELT AM SONNTAG) schließen lässt. Die Teilnehmer der Stichprobe wurden gefragt, „ob die Neuregelung für sie ein Grund ist, später in Rente zu gehen“. Mehr als drei Viertel gab an, „dass sie trotz der finanziellen Anreize, die mit dem Flexirenten-Gesetz eingeführt wurden, nicht über die gesetzliche Altersgrenze hinaus erwerbstätig sein will“. 

Natürlich gibt es Menschen, die länger arbeiten wollen; doch offenbar sind viel mehr Arbeitnehmer froh, wenn sie die Möglichkeit zur Frührente bekommen.

Natürlich gibt es Menschen, die länger arbeiten wollen; doch offenbar sind viel mehr Arbeitnehmer froh, wenn sie die Möglichkeit zur Frührente bekommen.

Nahles drückt Flexi-Rente durch

Das Projekt Flexi-Rente liegt ja schon lang in der Schublade der Sozialministerien Andrea Nahles. Bereits im Dezember des vergangenen Jahre klärte die Deutsche Rentenversicherung über die Flexi-Rente auf. Ziel der Flexi-Rente sei es zum einen das flexiblere Weiterarbeiten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, zum anderen das attraktive Weiterarbeiten nach Erreichen der Grenze. Übrigens, geht die Flexi-Rente auf Carsten Linnemann, Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung, zurück. Die Idee verfolge Linnemann, so „FOCUS“,  seit seinem Japan-Aufenthalt im Frühjahr 2013. Damals habe er gemerkt, bei der Berufstätigkeit im Alter gehe es nicht so sehr ums Geld, sondern ums Dazugehören. Die Japaner würden sich freuen, wenn sie noch dürfen. „Arbeit ist ein Wert an sich. Das ging mir nicht aus dem Kopf“, wird er von „FOCUS“ zitiert. Aber ganz abgesehen davon, müsse die Politik mehr für die tun, die nicht mehr arbeiten können. Das seien immerhin 1,7 Millionen Menschen in Deutschland. Sie bekommen zu wenig Erwerbsminderungsrente, wie sich mittlerweile herumgesprochen hat. „Für alle anderen sollen die Anreize steigen, länger zu arbeiten“, so der Flexi-Renten-Verfechter.

Flexi-Rente macht vieles komplizierter

Für die Rentenversicherung bedeutet das: Durch die Flexi-Rente wird künftig vieles noch komplizierter. Noch eines wird die Flexi-Rente bringen: Damit künftig mehr Beschäftigte und diese auch länger arbeiten, muss mehr in die Rehabilitation und Prävention gesteckt werden. Bislang hat die Rentenversicherung Reha-Antragsteller eher ausgebremst, was sich auch in den Antragszahlen des vergangenen Jahres ablesen lässt: -2,4 Prozent von Januar bis Ende November 2015. So wird das allerdings nichts mit der Flexi-Rente. Da muss die Rentenversicherung komplett umdenken. Jetzt will Nahles Versicherten die Möglichkeit einräumen, sich zwischen dem 45. und 46. Lebensjahr gesundheitlich durchchecken zu lassen. Ob das dann in einer medizinischen und beruflichen Rehabilitierung mündet, ist eine ganz andere Frage. Auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) kommen allerdings Mindereinnahmen von 79 bis 87 Millionen Euro jährlich zu.

Die IG Metall will noch eines drauf setzen und fordert neben einer Rentenreform auch eine Neuorientierung der Arbeitslosenversicherung. Die Arbeitslosenversicherung müsse zur „Arbeitsversicherung“ umgebaut werden, die sich stärker als bislang darum kümmert, dass die Menschen auch angesichts des anstehenden Wandels von Tätigkeiten in Folge der Digitalisierung der Arbeitswelt in Arbeit bleiben können, der erste Vorsitzende der Gewerkschaft, Jörg Hofmann. Neben der physischen und psychischen Reha müsste es so etwas wie eine berufliche Reha geben. Hofmann meint denn auch, das müsse als Teil der Versicherungsleistung begriffen werden. Damit ließe sich auch das Armutsrisiko senken.

Wie soll die Flexi-Rente funktionieren?

Wie soll die Flexi-Rente funktionieren? Rentenversicherte sollen ab dem 63. Lebensjahr auch eine Teilrente beantragen können – und zwar stufenlos. Bislang war es so, dass nur zwischen einer Zweidrittel-, einer halben oder einer Eindrittel-Teilrente gewählt werden konnte. Rechtsanwalt und Rentenberater Peter Knöppel erklärt auf mehr als 40 Seiten verständlich und detailliert die Flexi-Rente, gibt Tipps, Formulierungen und Rechenbeispiele zum praktikablen Anwenden und zum Nachrechnen für die eigene Rente. Der Ratgeber „Flexirente“ ist zum Herunterladen und kostet 7,90 Euro.

Maximal 6300 Euro Zuverdienst

Künftig soll nicht mehr alles auf die Rente angerechnet werden, wenn ein Teilrentner mehr als 450 Euro verdient, sondern nur noch zu 40 Prozent – bis zu einer individuellen Obergrenze. Bis zu zweimal jährlich darf bislang mehr als diese 450 Euro (insgesamt 6300 Euro pro Jahr) verdient werden, wobei das nur für abhängig Beschäftigte gilt. Wer Selbstständig ist und nicht monatlich abrechnet, darf nur zwölfmal 450 Euro verdienen. Wer mehr als diese Obergrenze verdient, muss damit rechnet, dass der Mehrverdienst voll auf die Rente angerechnet wird. Das heißt, Selbstständige müssen am Ende ihr Jahreseinkommen durch zwölf teilen. Liegt das Ergebnis dann über der Hinzuverdienstgrenze, gibt es weniger Rente, so dass Selbstständige in den Genuss dieser Ausnahmeregelung faktisch gar nicht kommen können. „Liegt das Zusatzeinkommen über der Hinzuverdienstgrenze, so gibt es – und zwar rückwirkend und für die Zunkunft – nur noch eine Teilrente“, schreibt der Selbstständigen-Ratgeber Mediafon. Wer zur Rente etwas hinzuverdient, muss jedes Jahr die Deutschen Rentenversicherung über seinen Hinzuverdienste informieren. Dumm nur, er weiß ja meist noch gar nicht so genau, wie viel er in dem betreffenden Jahr tatsächlich verdient. Besonders schwierig wird das bei Selbstständigen. Im Folgejahr zum 1. Juli gleicht die Deutsche Rentenversicherung die Prognose mit dem tatsächlich gemeldeten Verdienst ab. Wer mehr verdient hat als prognostiziert, dem wird die Rente nachträglich gekürzt. Das ist total an der Realität vorbei und dem Hirn von Bürokraten entsprungen. Die Deutsche Rentenversicherung nennt das „Spitzabrechnung“– total realitätsfremd und für Selbstständig absolut daneben. „Die Einkommensprognosen für das Vorjahr werden zum darauf folgenden 1. Juli mit dem tatsächlich erzielten Hinzuverdienst rückschauend centgenau verglichen („Spitzabrechnung“) und die Rente unter Berücksichtigung des tatsächlichen Hinzuverdienstes neu berechnet“, so die Deutsche Rentenversicherung.

Seit 1. Juli 2017 ist das anders geworden wie der „Ratgeber Flexirente“ schreibt: „Es wird wie bisher das Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen als Hinzuverdienst erfasst; es kommt entgegen der alten Regelung nicht mehr darauf an, ob der Hinzuverdienst aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit herrührt; alle anrechenbaren Einkünfte werden als eine Summe zusammengefasst“ – und die Grenze liegt bei 6300 Euro (monatlich 525 Euro). Und wer in der zweiten Jahreshälfte 2017 in Rente geht, kann für den Rest des Jahres die vollen 6300 Euro hinzuverdienen, ohne dass sich das negativ auf seine Rente auswirkt.

Maximal können Rente und Hinzuverdienst zusammen so hoch sein wie der höchste Bruttoverdienst der vorangegangenen 15 Jahre.

Ausgleichszahlung soll möglich sein

Der Entwurf sieht ferner die Möglichkeit vor, Abschläge bei vorgezogenen Altersrenten durch frühzeitige Zahlungen auszugleichen – und das soll schon ab 50 möglich sein (bisher ist erst ab 55 Jahren). Dazu ein konkretes Beispiel – durchgerechnet von finanzen.de: „Bei einer Bruttorente von 1000 Euro und einem um zwei Jahre vorgezogenen Rentenbeginn reduziert sich die Rente um 72 Euro pro Monat; der Deutschen Rentenversicherung zufolge könnte dieser Abschlag durch eine Ausgleichszahlung von 17 280 Euro wettgemacht werden; die Zahlung kann dabei auf einen Schlag oder gestückelt geschehen“. Zur Erinnerung: Pro Monat früher in Rente muss der Rentner einen Abschlag von 0,3 Prozent hinnehmen, bei zwei Jahren sind das 0,3 * 24 = 7,2 Prozent. Die 17 280 Euro gleichen diesen Abschlag aus.

Übrigens, es lohnt sich zurzeit, Abschläge durch Ausgleichszahlungen abzumildern, das schreibt sowohl das Vergleichsportal „Finanztip“, wie das Portal Anwaltsauskunft: „Was kaum einer glauben mag, ist aber Fakt und durch verschiedene Studien bestätigt: Die gesetzliche Rente aus freiwilligen Beiträgen schlägt in vielen Fällen sowohl die Riester-Rente als auch die Rürup-Rente“, so Rechtsanwalt Wagner. „Angesichts der rekordtiefen Zinsen und der zu erwartenden niedrigen privaten Renten bei Neuabschlüssen spricht viel für die gesetzliche Rente, da diese vom Zinsniveau am Kapitalmarkt völlig abgekoppelt ist.“ Hinzu kämen die dauerhaft höhere Rente, die höhere Witwen- oder Witwerrente und die steuerlichen Vergünstigungen bei der Einzahlung.

Interessant sind freiwilige Beitragszahlungen für

  • „Vor 1955 geborene Mütter, die trotz Kindererziehungszeiten nicht auf die für eine Regelaltersrente nötige Mindestversicherungszeit von fünf Jahren kommen. Mit Eintritt ins Rentenalter können Sie die fehlenden Monate auffüllen“, wie FOCUS-Online schreibt.

Übrigens gibt es für freiwilligen Beiträge eine Unter- und Obergrenze: Monatlich sind mindestens 84,15 Euro zu zahlen (pro Jahr 1009,80 Euro), höchstens sind 1187,45 Euro pro Monat möglich (ergibt im Jahr 14.249,40 Euro) – also ein großer Spielraum.

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Helmut Achatz

Macher von vorunruhestand.de

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