Frankreichs Rentensystem

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Noch können viele Franzosen mit 62 Jahren in Rente gehen, das ändert sich aber gerade. Die französische Rentenreform 2023 hat das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre erhöht und die benötigte Beitragsdauer verlängert. Diese Änderungen, die schrittweise bis 2030 eingeführt werden, sollen das Rentensystem finanziell absichern.

Trotz massiver Proteste wurde die Reform verabschiedet und ist in Kraft getreten. Dagegen regte sich im September 2025 massiver Protest. Die Franzosen gingen erneut auf die Straße, dieses Mal mit dem Motto „Bloquons tout“, sprich, „Alles blockieren“ – und riefen zu Aktionstagen auf, um Verkehr, öffentliche Dienste und Alltag temporär lahmzulegen. Die Bewegung richtet sich gegen die Sparpläne der Regierung für 2026, insbesondere gegen Kürzungen im öffentlichen Dienst und das Einfrieren von Renten.

Was hat sich seit 2023 geändert? 🇫🇷

Die Reform hat drei Kernpunkte, die das Rentensystem nachhaltig verändern:

  • Höheres Rentenalter: Das gesetzliche Rentenalter wird schrittweise von 62 auf 64 Jahre angehoben. Betroffen sind alle ab dem 1. September 2023 geborenen Jahrgänge, wobei die Anhebung in Schritten von drei Monaten pro Jahr erfolgt.
  • Längere Beitragsdauer: Um die volle Rente zu erhalten, müssen Franzosen in Zukunft 43 Jahre statt bisher 42 Jahre lang Beiträge zahlen. Diese Regelung gilt für alle, die ab 1965 geboren wurden.
  • Erhöhung der Mindestrente: Die Mindestrente für eine volle Erwerbsbiografie wird auf rund 1200 Euro brutto monatlich angehoben.

Warum die Reform und warum der Widerstand?

Die französische Regierung unter Emmanuel Macron begründete die Reform mit der finanziellen Schieflage des Rentensystems. Durch die steigende Lebenserwartung und die sinkende Geburtenrate drohte ein erhebliches Defizit. Die Reform wurde ohne Parlamentsabstimmung durchgesetzt, was massive Proteste auslöste. Die Demonstranten sahen die Reform als ungerecht, da sie die Last der finanziellen Sanierung vor allem auf die jüngere Bevölkerung und Geringverdiener abwälzt.

Ein Blick auf den deutsch-französischen Vergleich

Im Vergleich zum deutschen Rentensystem sind die Unterschiede offensichtlich, wenn auch die Reformen beider Länder auf ähnliche Ziele abzielen.

Merkmal Frankreich (nach Reform) Deutschland
Rentenalter 64 Jahre 67 Jahre
Beitragsjahre für volle Rente 43 Jahre 45 Jahre (für abschlagsfreie Rente)
Durchschnittliche Rente ca. 1.600 € ca. 1.250 bis1.270 € (Männer, West)
Rentenbeitragssatz 28 % 18,6 %

Trotz der Anhebung des Rentenalters stehen französische Rentner im Durchschnitt besser da als deutsche. Sie erhalten eine höhere Rente bei einer kürzeren Beitragsdauer. Allerdings sind die Rentenbeiträge in Frankreich deutlich höher, was das System für den Staat teurer macht. Die Reformen sollen diese Unterschiede verringern und die Systeme an die demografischen Herausforderungen anpassen.

Aufbau des französischen Rentensystems

Grundsätzlich ist das französische Rentensystem ähnlich aufgebaut wie das deutsche: Es basiert auf drei Säulen:

  • der Grundrente (règime de base),
  • dem obligatorischen beruflichen Zusatzsystem (rètraite complementaire)
  • der privaten Vorsorge mit dem System PERCO und PERP.

Die Grundrente

Die Grundrente soll etwa 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens betragen. 2010 wurde die Rente leicht reformiert – und die Beitragsjahre auf 42 Jahre festgelegt. Anders als bei der gesetzlichen Rente in Deutschland werden für die Rentenberechnung in Frankreich die besten 25 Beitragsjahre herangezogen. Die Franzosen können, so sie vor 1955 geboren wurden, mit 62 in Rente gehen. Das heißt, sie können, müssen aber nicht in Rente gehen. Wenn sie länger arbeiten, können sie eine Rentenzulage (surcote) bekommen. Pro Trimester erwirbt der Rentenanwärter 1,25 Prozent, pro Jahr sind das 3,75 Prozent. Für Kinder bekommen Franzosen ebenso wie hierzulande Jahre gut geschrieben: In Frankreich sind das zwei Jahre pro Kind, dazu gibt es noch ein einkommensabhängige Rentenplus ab dem 3. Kind. Anders als in Deutschland gibt es nicht eine Rentenkasse, sondern mehrere für verschiedene Beschäftigungskategorien: für die Privatwirtschaft (CNAV), die Landwirtschaft (MSA), Selbstständige (SSI), Beamte (CNRACL) und staatlich Angestellte (FSPOEIE) und Kirchen (CAVIMAC).

Die Höhe der Rente hängt von drei Faktoren ab:

  • dem durchschnittlichen Grundlohn oder Jahreslohn (SAM),
  • dem gemäß den Versicherungs- und gleichwertigen Zeiten berechneten Abwicklungssatz sowie dem Alter zum Zeitpunkt der Abwicklung,
  • der Versicherungsdauer sowie Ersatzzeiten. Der volle Satz (50 Prozent) richtet sich nach der Versicherungsdauer, dem Alter (67 Jahre für Versicherte, die ab 1955 geboren sind) oder der Zugehörigkeit zu bestimmten Kategorien (arbeitsunfähig, Mütter, die mindestens drei Kinder großgezogen haben).

Die Zusatzrente

Dann gibt es die berufliche Zusatzrente (rètraite complementaire) AGIRC-ARRCO.  Sie wird anhand von Punkten berechnet – 2019 ist ein Punkt 1,2714 Euro wert. Der Wert der Punkte bezieht sich auf ein Referenzentgelt. Entsprechend der angesammelten Punkte errechnet sich dann die Zusatzrente. Grundsätzlich unterscheidet sich die Zusatzrente in punkto Renteneinstiegsalter nicht von der Grundrente. Allerdings kann die Zusatzrente ab 57 Jahren in Anspruch genommen werden, allerdings mit Abschlägen.

Zusammen mit Grund- und Zusatzrente kommt ein durchschnittlich verdienender Franzose auf 70 Prozent des Brutto- und 85 Prozent des Nettogehalts. Geringverdiener komme nur auf 40 Prozent des Bruttoeinkommens und 50 Prozent des Nettoeinkommens.

Übrigens kann sich die Zusatzrente erhöhen, falls der Rentner Kinder hat oder hatte.

  • Für ein Kind gibt es fünf Prozent
  • Bei drei und mehr Kinder richtet sich der Satz nach Zugehörigkeit oder zehn Prozent der Rente nach der Erwerbstätigkeit nach 2011

Die Privatrente

Dank Grund- und Zusatzrente sind Franzosen vergleichsweise gut gestellt im Ruhestand. Der Druck, privat vorzusorgen, ist entsprechend niedrig. 2003 wurde PERCO und PERP eingeführt: Plan Epargne Retraite Collectif, eine zusätzliche betriebliche Altersvorsorge, ebenso Plan Epargne Retraite Populaire. Die Vorteile:

  • Steuerermäßigung
  • Arbeitgeberbeteiligung

Das Rentensystem in Frankreich ist unüberschaubar und ungerecht. Insgesamt gibt laut Monika Queisser, der Leiterin der Abteilung für Sozialpolitik bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Paris, 42 verschiedene Rentensysteme. „Das bedeutet, dass jeder Euro, der eingezahlt wird, je nach System eine unterschiedliche Rente ergibt“, hat sie dem „Spiegel“ in einem Interview gesagt. Hauptziel der geplanten Reform sei es, ein einheitliches System zu schaffen. Aber dabei gebe es natürlich immer Gewinner und Verlierer. Wer die Verlierer sind, ist klar – vor allem die Eisenbahner der staatlichen SNCF und die Beschäftigten der Pariser Verkehrsbetriebe, die teilweise schon mit 52 Jahren in Renten gehen können. Sie haben natürlich Angst, ihre Privilegien zu verlieren.

Privilegien für Rentner

Dank dieser Privilegien stehen französische Rentner deutlich besser da als deutsche. „Frankreich ist eines der wenigen Länder in der OECD, wo die Rentner ihren Lebensstandard nicht nur halten können, sondern wo er sogar etwas über ‚dem der Gesamtbevölkerung liegt‘“, bemerkt Queisser in der „Welt“.

Das will der französische Präsident Emmanuel Macron ändern. Wie sieht die Reform aus? Der „Spiegel“ hat es zusammengefasst:

  • Mit einem neuen Punktesystem soll in Zukunft jede Arbeitsstunde im Rentensystem verrechnet werden. Bisher zahlen die Franzosen erst bei mehr als 150 Arbeitsstunden in drei Monaten ein. So sollen auch Gelegenheitsjobs und Teilzeitarbeit den Renten zuträglich werden.
  • Alle 41 berufs- und branchenspezifischen Rentenregelungen sollen auslaufen und in das allgemeine System überführt werden. Lokomotivführer, die bisher mit 52 Jahren in Rente gehen dürfen, können das in Zukunft frühestens mit 60 Jahren – zwei Jahre vor dem gesetzlichen Rentenalter von 62 Jahren. Egal wie schwer der Beruf ist, kann das Rentenalter nur noch um maximal zwei Jahre heruntergesetzt werden.
  • Das neue System soll ab 2022 für alle Berufsanfänger gelten. Für diejenigen, die 1975 oder später geboren sind, wird es schrittweise eingeführt. Wer älter ist, ist von den neuen Regeln nicht betroffen.
  • Franzosen, die länger als bis zu einem Alter von 62 Jahren arbeiten, sollen durch ein Bonussystem belohnt werden, damit das Durchschnittsrentenalter in Zukunft bei 64 Jahren liegt.

 

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Helmut Achatz

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