Wie sich Riester-Rentner gegen Kürzungen wehren

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Die Zurich Deutscher Herold kürzte einem Rentner seine Riester-Rente. Der wehrte sich und klagte beim Landgericht Köln, das befand die Kürzung als unzulässig. Die Zurich gibt aber nicht klein bei und ging in Berufung. Wie die Zurich machen es aber auch andere Versicherungen. Wie können sich Riester-Rentner wehren?

Im Februar 2023 hat das Landgericht Köln ein richtungsweisendes Urteil erlassen und dem Riester-Sparer Stefan Kolb recht gegeben, der sich gegen die Kürzung seiner Riester-Rente durch die Zurich Deutscher Herold wehrte. Der Versicherer senkte einfach den Rentenfaktor beim Riester-Vertrag, wodurch Kolbs spätere Rente geringer ausfällt. Das Landgericht Köln (Az.: 26 O 12/22) sah das als unzulässig an und kippte per Urteil die Kürzung.

Zurich geht in Berufung

Die Zurich Deutscher Herold ist in Berufung gegangen, wie „Cash“ berichtet. Zurich halte es wegen der Bedeutung der Thematik ebenfalls für wichtig, dass eine ober- oder höchstrichterliche Entscheidung dazu getroffen und so die Rechtslage geklärt werde. Deshalb habe der Versicherer sich entschieden, in Berufung zu gehen. „Wir haben die schriftliche Urteilsbegründung analysiert und entschieden, das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Köln der nächsthöheren Instanz zur Entscheidung vorzulegen“, so das Unternehmen.

Nach Auffassung des Verbraucherportal „Finanzwende“ habe das Urteil Signalwirkung – sowohl für die Anbieter als auch für hunderttausende Versicherungsnehmer. Denn bei dem Streit gehe es, so „Cash“ auch um die Grundsatzfrage, ob Versicherer eine ursprünglich vereinbarte Rente nachträglich kürzen dürfen, zum Beispiel aufgrund niedriger Zinsen am Kapitalmarkt.

In einem anderen Fall nämlich hat das Landgericht (LG) Stuttgart am 10. Juli 2023 allerdings anders entschieden, sprich gegen den Kläger, die Verbraucherzentrale Baden-Württember, die sich gegen die Kürzung der Riester-Rente durch die Allianz wehrte. Der Richter der 53. Zivilkammer am Landgericht Stuttgart entschied, dass eine Klausel der Allianz Lebensversicherungs-AG aus dem Jahr 2006 zur Anpassung des sogenannten Rentenfaktors in Verträgen über eine Riesterrente wirksam ist (53 O 214/22). Der in Anspruch genommene Versicherer habe in seinen Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die teilweise in im Jahr 2006 abgeschlossene Riesterrenten-Verträge einbezogen worden seien, die Möglichkeit vorgesehen, den sogenannten Rentenfaktor unter bestimmten Voraussetzungen abzusenken. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger, in dem Fall die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg muss allerdings die Kosten tragen.

Urteil mit Signalwirkung?

Das Verbraucherportal „Finanzwende“ hatte die Klage eines Kölner Angestellten gegen die einseitige Kürzung seiner Riester-Rente unterstützt. Vor dem Landgericht Köln bekam der Angestellte Recht: Das Gericht erklärte die Kürzung für unwirksam. Ob das Kölner Urteil die Position der Versicherter, deren Rentenansprüche ebenfalls einseitig gekürzt wurden, stärkt, ist fraglich. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Was sollen Kunden unternehmen, dene es ähnlich geht wie Stefan Kolb? Britta Langenberg von „Finanzwende“ rät, die Verträge prüfen und sich professionelle Hilfe suchen. Es kommt eben auf die Formulierungen im Versicherungsvertrag an. Wenn der Vertrag eine Klausel enthält, die es dem Versicherungsunternehmen erlaubt, „aufgrund von Umständen, die bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar waren, die Lebenserwartung der Versicherten sich so stark erhöht oder die Rendite der Kapitalanlagen (siehe § 25 Abs. 1 e Satz 4) nicht nur vorübergehend so stark sinken sollte, dass die in Satz 1 genannten Rechnungsgrundlagen voraussichtlich nicht mehr ausreichen, um unsere Rentenzahlungen auf Dauer zu sichern, sind wir berechtigt, die monatliche Rente für je 10.000 € Policenwert so weit herabzusetzen, dass wir die Rentenzahlung bis zu Ihrem Tode garantieren können. Zu diesem Zweck können wir für die Berechnung des Rentenfaktors als Rechnungsgrundlagen
– bei einer unerwartet starken Erhöhung der Lebenserwartung: die Sterbetafel
– bei einer nachhaltigen Senkung der Rendite der Kapitalanlagen: den Rechnungszins anwenden, die nach Maßgabe der aktuell gültigen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen und der offiziellen Stellungnahmen der Deutschen Aktuarvereinigung e. V. (DAV) als gebotene Rechnungsgrundlagen für die Berechnung der Deckungsrückstellung für neu abzuschließende Rentenversicherungen gelten.“

Kürzung um ein Viertel

Der Kölner Angestellte ist nicht der einzige, der einen Brief seiner Versicherungen bekommen hat, in dem die Versicherung ankündigte, den Rentenfaktor nach unten zu korrigieren. Die Zurich hatte es wohl etwas mit der Korrektur übertrieben. Die Zurich hat ihrem Kunden mit fondsgebundener Riester-Rentenpolice laut „Finanzwende“ mitgeteilt, sie müsse den Rentenfaktor von ursprünglich vereinbarten 37,34 Euro je 10.000 Euro Kapital auf 27,97 Euro kürzen, sprich um  knapp ein Viertel.
Das Landgericht Köln hat, so „Finanzwende“ im Fall von Stefan Kolb zum ersten Mal die einseitige Rentenkürzung einer Versicherungsgesellschaft für unwirksam erklärt. „Finanzwende“ liefert die Details des Urteils mit entsprechender Kommentierung. Noch sei das Urteil nicht rechtskräftig, die Zurich könne Berufung einlegen. In diesem Fall ginge der Streit in der nächsten Instanz weiter – dann vor dem Oberlandesgericht Köln. Immerhin: Andere Versicherungsnehmer können sich ab sofort auf das Urteil berufen (Az. 26 O 12/22).

Per Brief gegen Kürzung reagieren

Das Magazin „Rente & Co.“ hat einen Brief formuliert, mit dem sich Versicherte, denen es ähnlich geht wie Stefan Kolb, gegen die angekündigte Kürzung des Rentenfaktors wehren können.
Adresse:
Versicherung XY                                  Absender
Versicherungsnummer: …….
Versicherungsvertrag: …….
Unwirksamme Kürzung des Rentenfaktors
Sehr geehrte Damen und Herren,
bei Abschluss der Riester-Rentenversicherung ….. sagten Sie mir im Versicherungsschein einen Rentenfaktor von … Euro je 10.000 Euro Policenwert zu {siehe entsprechender Wert in der Police}.
Mit Schreiben vom … teilten Sie mir nun mit, dass die Monatsrente pro 10.000 Euro Vertragsguthaben zum Rentenzahlbeginn neu kalkuliert wurde; dafür wurde der Rentenfaktor von … Euro auf … Euro gekürzt. Diese Kürzung des Rentenfaktors ist eine einseitige unwirksame Leistungsänderung.
Die Anpassungsklausel in den Versicherungsbedingungen ist unwirksam, da sie von § 163 VVG zu meinem Nachteil abweicht.
Nach dieser Regel ist es nicht erlaubt, die Leistung einseitig anzupassen, weil der Versicherer geringere Kapitalerträge erwirtschaftet, als er bei der Festlegung des Rechnungszinses kalkuliert hat. Die Anpassungsbefugnis ist auf Entwicklungen begrenzt, die sich außerhalb der Einflusssphäre des Versicherers vollziehen. Die Voraussetzungen für eine einseitige Herabssetzung der Versicherungsleistungen nach § 163 VVG sind damit nicht erfüllt (vgl. LG Köln, Urteil vom 8. Februar 2023, Az: 26 O 12/22).
Dementsprechend bitte ich Sie, mir schriftlich zu bestätign, dass für meinen Vertrag weiterhin der ursprünglich vereinbarte Rentenfaktor von … Euro je 10.000 Euro Policenwert gilt.
Ich bitte um Rückmeldung bis zum … {Frist von drei Wochen}
Mit freundlichen Grüßen

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Helmut Achatz

Macher von vorunruhestand.de

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