Wie sich die Steuern für Rentner stetig erhöhen

Finanzen

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Wenn 80-Jährige plötzlich eine Steuererklärung machen müssen, kann etwas nicht stimmen – oder? Durch die Rentenerhöhungen müssen Rentner Steuern zahlen, obwohl sie vorher nicht zahlen mussten. Wie kann das sein?

2018 gab’s im Westen 3,22 Prozent mehr Rente, im Osten sogar 3,37, 2019 waren es 3,18 (West) und 3,91 (Ost) Prozent mehr, dann 2021 eine Nullrunde, 2022 gab’s sogar ein Plus von 5,35 Prozent (West) und 6,12 Prozent (Ost), 2023 dann 4,39 Prozent (West) und 5,86 Prozent (Ost), 2024 ist die Renteneinheit geschafft, das heißt, Ost- sowie West-Rentner bekommen einheitlich 4,57 Prozent mehr.

Rentenerhöhungen der vergangenen Jahre

RentenerhöhungWest in %Ost in %
20000.60.6
20011.912.11
20022.162.89
20031.041.19
200400
200500
200600
20070.540.54
20081.101.10
20092.413.38
201000
20110.990.99
20122.182.26
20130.253.29
20141.672.53
20152.12.5
20164.255.95
20171.93.59
20183.223.37
20193.183.91
20203.454.2
202100.72
20225.356.12
20234,395,86
20244,574,57

Durch das Alterseinkünftegesetz von 2005 steigt der Steueranteil für Neurentner von Jahr zu Jahr: 2005 war nur die Hälfte der Einkünfte im Alter zu versteuern, 2018 ist der zu versteuernde Anteil bereits bei 76 Prozent – und er steigert pro Jahr weiter, 2023 sind bereits 82,5 Prozent zu versteuern.

Wie viel versteuert werden muss

Jahr des RentenbeginnHöchste Jahresbrutto-Rente 2020, die steuerfrei bleibt in EuroMonatsbrutto 2. Halbjahr in EuroBesteuerungsanteil in %Rentenfreibetrag in Euro*
2005175551493506191
2006171401458525819
2007167951428545509
2008165831410565320
2009163141387585079
2010159511357604753
2011156811334624511
2012154881317644338
2013152931301664163
2014150621291683956
2015149231269703831
2016147891258723711
2017145681239743513
2018143391170763308
2019141141200783106
2020137081166802742
202113990812658
202282
202382,5
202483
202583,5
202684
202784,5
202885
202985,5
203086
*im Jahr, das auf den Rentenbeginn folgt

Jedes Jahr höhere Steuern

Der Staat erhöht seine Steuern schleichend von Jahr zu Jahr, weil er sich ein perfides System einfielen ließ: Der steuerfreie Anteil bleibt nämlich ein Leben lang gleich, die Preise aber steigen von Jahr zu Jahr – und so müssen prozentual immer mehr Rentner Steuern zahlen. Klingt kompliziert, ist kompliziert – also der Reihe nach. Das lässt sich am besten an einem Beispiel erklären: Wer also beispielsweise 2018 in Rente ging, musste mit einem steuerpflichtigen Anteil von 76 Prozent rechnen, umgekehrt waren 24 Prozent steuerfrei. Nehmen wir an, der Rentner hätte damals 1200 Euro Rente bekommen, dann war sein zu versteuernder Anteil bei 76 Prozent oder 912 Euro, der steuerfrei Anteil bei 288 Euro. 288 Euro bleiben also bis in alle Ewigkeit steuerfrei. Allerdings bleibt es bei diesen 288 Euro, auch wenn die Rente steigt. Angenommen, die Rente steigt in den kommenden zehn Jahren, sprich bis 2028, bis auf 2000 Euro, dann beträgt der steuerfreie Anteil trotzdem nur 288 Euro. Prozentual sind 288 Euro von 2000 Euro dann aber nicht mehr 24 Prozent, sondern nur noch 14,4 Prozent. Das heißt, durch die Rentenerhöhungen kassiert der Staat immer mehr von der Rente.

2018: 288 Euro = 24 Prozent von 1200 Euro
2028: 288 Euro = 14,4 Prozent von 2000 Euro

Je höher die Rente steigt, desto weniger bleibt prozentual steuerfrei. Selbst, wer zu Beginn seiner Rente unter dem Existenzminimum lag, wird künftig wegen dieser kalten Progression Steuern zahlen. 2018 waren das immerhin rund 180 000 Rentner mehr.

Schleichende Enteignung durch den Staat

Damit nicht genug, der Staat kassiert die Rentner auch über die Inflation ab – und das funktioniert so: Der Grundfreibetrag (Existenzminimum) stieg meist weniger stark die Inflation. So stieg der Grundfreibetrag von 2021 von 9.744 Euro auf 10.347 (2022), dann 2023 auf 10.908 Euro und 2024 beträgt er 11.604 Euro. Gerade 2022 und 2023 war die Inflation aber höher als die Erhöhung des Grundfreibetrags. Wenn aber die Inflation über der Erhöhung des Grundfreibetrags liegt, wird ein Teil, zugegeben, ein kleiner Teil des Existenzminimums besteuert. Dazu kommt, dass häufig die für Rentner relevanten Preise besonders steigen. Extrem gestiegen sind die Preise mit 6,9 Prozent im Jahr 2022 und mit 5,9 Prozent im Jahr 2023.

Wie sich der Grundfreibetrag entwickelt hat

JahrGrundfreibetragErhöhung in €Erhöhung in %
202411.604 €696 €6,4 %
202310.908 €561 €5,4 %
202210.347 €603 €6,2 %
20219.744 €336 €3,6 %
20209.408 €240 €2,6 %
20199.168 €168 €1,9 %
20189.000 €180 €2,0 %
20178.820 €168 €1,9 %
20168.652 €180 €2,1 %

Höhere Pauschbeträge gefordert

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass der Staat Rentner systematisch steuerlich höher belastet. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) fordert deswegen, dass „zum einen der steuerliche Anteil der Rente langsamer steigen sollte und Rentenerhöhungen nicht zu 100 Prozent versteuert werden. Auch die Beträge, die Senioren bei der Steuer abziehen dürfen, müssen dem BdSt zufolge überprüft werden. So liege der Werbungskosten-Pauschbetrag beispielsweise seit dem Jahr 1954 unverändert bei 102 Euro pro Jahr. Ein wichtiger Lösungsansatz liege auch bei der Einkommensteuererklärung selbst – denn anders als bei Arbeitnehmern bieten die Finanzämter für Rentner keine vereinfachte Steuererklärung an. Eine Reform ist überfällig.

Das heißt, Rentner müssen sich noch viel stärker als in der Vergangenheit mit dem Thema Steuern auseinandersetzen und jede legale Möglichkeit nutzen, Steuern zu sparen. Insofern gilt: Belege sammeln und sich schlau zu machen, was sich alles absetzen lässt. Steuern sparen ist keine Kunst, sondern eher Fleißarbeit, die sich aber lohnt.

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9 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Vielen Dank für die Erklärung. Endlich habe ich das verstanden. Bin ja auch erst seit einem guten Jahr Rentner. Unglaublich, was der Staat sich da ausgedacht hat. Und ich dachte immer, nur die Doppelverbeitragung sei eine Sauerei. Einfach unglaublich. Mein Vertrauen in die Politiker ist eh schon gestört, aber das setzt dem Fass die Krone mitten ins Gesicht. Ich bin fassungslos.

    Antworten
  • Frage an den Bundestagsabgeordneten:“Warum muessen Rentner Steuern zahlen? Antwort:Auch wir Angeordneten muessen im Ruhestand Steuern zahlen und vergessen Sie bitte nicht die \Millionen von hart arbeitenden Beamten die schon immer Steuern fuer ihre Pensionen bezahlen mussten.“

    Antworten
  • Herbert Wendland
    14. Dezember 2018 17:46

    Wer sein ganzes Leben lang hart gearbeitet hat, wird im Alter noch dafür bestraft. Dabei haben wir im Gegensatz zu den „Staatsdienern keinerlei Unterstützung bekommen. Ist das gelebte Solidarität? Der Staat ist die gesamte Bevölkerung!

    Antworten
  • Zur zunehmender Besteuerung der Renten und der Doppelbesteuerung und wie das Alterseinkünftgesetz mit Trickserei zustande kam, sei auf die Seite hingewiesen: https://altersarmut-per-gesetz.de/ dort wird auch eine Klagebegründung zur Verfügung gestellt.
    Man sollte annehmen, dass gleiches Einkommen zu gleicher Steuer führt. Da ist allerdings bei Renten und Pensionen nicht der Fall – so wie es das BVerfG und die Sachverständigenkommission rechnen:
    Keine der vier Tabellen, die das BVerfG seiner Entscheidung zugrunde legt, enthält ausschließlich real mögliche Werte von Renten, Pensionen und Zusatzeinkommen.
    Die Höhe der vom Gericht unterstellten Renten ist in drei von vier Fällen bzw. Tabellen nach den vom Gericht benutzten Quellen nicht zu erreichen.
    Die vom Gericht angenommenen Pensionen sind in zwei von vier Fällen bzw. Tabellen unmöglich, da sie niedriger sind, als die vorgeschriebene Mindestversorgung.
    Das vom Gericht unterstellte zu versteuernde Zusatzeinkommen von Rentnern ist rund viermal höher als in der gerichtlich zugrunde gelegten Quelle.
    usw. usw. usw.
    erstens beruht die Besteuerung der Renten aus der GRV auf falschen Zahlen. Zweitens haben Pflichtversicherte und Rentner erhebliche steuerliche Nachteile gegenüber Beamten und Pensionären, die zur Zeit noch keine Berücksichtigung finden.

    Der Beschwerdeführer war ein Leitender Oberstaatsanwalt der jahrelang beim Finanzgericht Münster Einsprüche eingelegt hatte. Das Finanzgericht Münster ist zuständig für die Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster. In seinem denkwürdigen Urteil (Frechheit: steuerrechtsimmanente Betrachtungsweise, RZ 176) schreibt das BVerfG falsch ab und ignoriert den Inhalt von zwei gerichtseigenen Quellen. Es werden Rentenhöhen zugrunde gelegt, die es nicht gibt und nicht geben kann, ebenso Ruhestandsgehälter so gering, die es auch nicht gibt. Das stört das BVerfG nicht. Es gibt Quellen an, zitiert aber die Texte falsch. So zitiert das Gericht angeblich aus einer Bundestagsdrucksache. Nur, da steht drin, dass es solch hohe Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gibt. Die vom BVerfG angegeben Pensionen sind auch teilweise falsch und die zu versteuernden Zusatzeinkommen ebenso.
    Das hat aber wohl niemanden gestört. Auch nicht die Sachverständigenkommission.

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  • […] hat es überhaupt mit der Doppelbesteuerung auf sich? „Nach dem Alterseinkünftegesetz wird Rente seit 2005 teilweise besteuert; der Anteil steigt jährlich; 2040 liegt er bei 100 […]

    Antworten
  • […] hat es überhaupt mit der Doppelbesteuerung auf sich? „Nach dem Alterseinkünftegesetz wird Rente seit 2005 teilweise besteuert; der Anteil steigt jährlich; 2040 liegt er bei 100 […]

    Antworten
  • […] hat es überhaupt mit der Doppelbesteuerung auf sich? „Nach dem Alterseinkünftegesetz wird Rente seit 2005 teilweise besteuert; der Anteil steigt jährlich; 2040 liegt er bei 100 […]

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  • […] hat es überhaupt mit der Doppelbesteuerung auf sich? „Nach dem Alterseinkünftegesetz wird Rente seit 2005 teilweise besteuert; der Anteil steigt jährlich; 2040 liegt er bei 100 […]

    Antworten
  • […] werden doppelt besteuert: in der Einzahl- und Auszahlphase. Der Mechanismus dahinter: „Nach dem Alterseinkünftegesetz wird Rente seit 2005 teilweise besteuert; der Anteil steigt jährlich; 2040 liegt er bei 100 […]

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