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Das Rentenpaket II ist noch längst nicht in trockenen Tüchern. Am 14. Oktober diskutiert der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages erneut über das Paket. Das Gesetz ist Murks und wird auch durch Diskussionen nicht besser. Was genau steckt im Rentenpaket II – und was heißt das für Rentner und Rentenzahler? Wer sind Gewinner und Verlierer? Nur so viel: Ein großer Wurf sieht anders aus.
„Der Ausschuss für Arbeit und Soziales befasst sich am Montag, 14. Oktober 2024, mit dem sogenannten Rentenpaket II“, so die lapidare Ankündigung auf der Seite des Deutschen Bundestags. Es geht dabei um das Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetz (20/11898). Übrigens gibt es noch zwei weitere Anträge von der AfD-Fraktion, in dem diese ein „Junior-Spardepot“ fordert, und einen vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit dem Titel „Von Österreich lernen – Eine gute Rente für alle“.
„Rentenniveau“, „Generationengerechtigkeit“ – zurzeit schwirren viele Begriffe durch den Raum, wenn es um das Rentenpaket II geht. Was genau steckt in diesem Rentenpaket II? Was wird es uns kosten? Wer muss dafür bezahlen? Die Auswirkungen werden wir alle erst in einigen Jahren zu spüren bekommen, aber alle sollten eine Ahnung davon haben. Bislang gibt es nur einen Regierungsentwurf. Nach dem Beschluss im Kabinett muss der Gesetzentwurf noch durch den Bundestag und den Bundesrat. Das heißt, das Gesetz könnte frühestens im Herbst 2024 verkündet werden.
Das Rentenpaket II – der Inhalt
Was steckt in dem Paket, das eigentlich schon im November 2023 hätte vorgestellt werden soll? Es umfasst, soviel zur grundsätzlichen Ausrichtung, verschiedene Maßnahmen zur Stärkung und Zukunftsfähigkeit des gesetzlichen Rentensystems.
Die wichtigsten Punkte:
- Rentenniveau: Ohne Reform muss das Rentenniveau in den kommenden Jahren fallen. Das wird durch das Rentenpaket II verhindert – und zwar bis 2039. Bis dahin soll es nicht unter 48 Prozent eines Durchschnittslohns sinken, der zum Zeitpunkt des Rentenbezugs in Deutschland gezahlt wird. Das Rentenniveau allein sagt allerdings wenig über die tatsächliche Höhe der individuellen Renten aus, denn die ist auch abhängig von der Zahl der Beitragsjahre und anderen Faktoren. Nur so viel: Die Standard- oder Eckrente, sprich, was ein Rentner nach 45 Beitragsjahren bekommt, wenn er immer durchschnittlich verdient hat, beträgt seit dem 1. Juli 2023 1692 Euro monatlich.
- Garantie ab 2027: Momentan liegt das Rentenniveau noch bei 48 Prozent. Durch den Nachhaltigkeitsfaktor würde das Rentenniveau sinken, denn der misst das Verhältnis von Rentnern und Rentenzahlern – und wenn sich das ungünstig entwickelt, dämpft er die Rentenerhöhungen und senkt das Rentenniveau. Das genau würde in den kommenden Jahren passieren durch den Eintritt der Boomer-Generation in die Rentenphase. Auf einen Rentner kämen dann weniger Beschäftigte, die dessen Rente zahlen. Damit das eben nicht passiert, wird der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel ausgesetzt und ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2039 garantiert.
- Finanzierung: Wo soll das Geld herkommen, um diese Garantie zu gewährleisten? Finanzieren werden das zwangsläufig die Beitragszahler der Rentenkasse. Da der Staat der Rentenkasse aber Leistungen aufbürdet, wird er sich auch daran beteiligen müssen, weil sonst das System aus dem Ruder läuft. Schon heute fließen aus dem Bundeshaushalt jährlich über 100 Milliarden Euro für versicherungsfremde Leistungen an die Rentenversicherung – zu wenig, denn die versicherungsfremden Leistungen sind höher als dere Bundeszuschuss.
- Beitragshöhe: Diese Garantie des Rentenniveaus muss jemand bezahlen – und das werden vor allem die Beschäftigten und deren Arbeitgeber sein. Sie werden ähnlich wie heute schon in Österreich deutlich höhere Beiträge zahlen müssen. Es gibt Prognosen, dass der Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent eines Bruttolohns im Jahr 2035 steigt, womit der Beitrag damit um 1,1 Prozentpunkte höher läge als nach geltendem Recht zu erwarten. Übrigens, für höhere Beiträge bekommen Österreicher auch deutlich höhere Renten, die in Österreich Pension heißen, als Deutsche.
- „Generationenkapital“: Viel ist der Rede von „Aktienrente“ und „Generationenkapital“. Die gesetzliche Rente soll durch das sogenannte Generationenkapital aufgestockt werden. Mit Schulden will der Staat bis 2036 ein Kapitalstock von 200 Milliarden Euro anhäufen und mit diesem Geld Aktien und Fonds kaufen. Das Generationenkapital ist der Einstieg in die Aktienrente, die aber anders funktioniert als die in Schweden. Ab Mitte der 2030er-Jahre erhofft sich der Bund jährliche Ausschüttungen an die Rentenversicherung von zehn Milliarden Euro. Wobei das eine Milchmädchenrechnung ist, denn von den erhofften Erträgen müssen die Schuldzinsen abgezogen werden – und was sind schon zehn Milliarden angesichts für 2045 erwarteter Rentenausgaben von insgesamt 802 Milliarden Euro. Das ist etwas mehr als ein Prozent. Verwaltet werden soll diese Aktienrente von der „Stiftung Generationenkapital“ (der Atomendlager-Fonds Kenfo).
- Einführung der Aktienrente: Bereits ab 2024 will der Bund jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag – die Rede ist von zwölf Milliarden – als Darlehen in das Stiftungsvermögen einzahlen. In den Folgejahren sollen es jährlich drei Prozent mehr werden, sprich 2025 wäre das dann 12,36 Milliarden Euro. Bis 2036 sollen es dann insgesamt 200 Milliarden Euro sein.
Weitere Maßnahmen:
- Das Rentenpaket II enthält auch Maßnahmen zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge und zur Flexibilisierung des Renteneintritts.
- So soll die Riester-Rente attraktiver gestaltet und die betriebliche Altersvorsorge durch einen Arbeitgeberzuschuss gestärkt werden.
Das Rentenpaket II wird von verschiedenen Seiten kritisiert. Klar dürfte sein, dass das geplante Generationenkapital viel zu klein ist. Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, wies darauf hin, „dass zehn Milliarden Euro ein Beitrag sind, der die Finanzierung der Rentenversicherung nur in einer kleinen Weise flankieren kann“. Denn der jährliche Haushalt liege bei 340 Milliarden Euro. Anders ausgedrückt, die zehn Milliarden sind ein Tropfen auf den heißen Stein – und es handelt sich nicht einmal um zehn Milliarden, sondern um die Rendite dieser zehn Milliarden, sprich um vielleicht ein oder zwei Milliarden, was nur ein Tröpfchen auf den heißen Stein ist.
Quadratur des Kreises
Bundesarbeits- und -sozialminister Hubertus Heil versucht die Quadratur des Kreises, denn eine Rentenkürzung und/oder eine Anhebung des Renteneintrittsalters schließt er aus. Richten soll das die Aktienrente. Dafür will die Ampel-Koalition einen Kapitalstock von zwölf Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln einrichten. Angesichts von Einnahmen der Rentenkasse von 340 Milliarden Euro pro Jahr erscheint diese Zahl lächerlich. Damit lässt sich das Rentenniveau nicht stabilisieren – das Zehnfache wäre nötig. Wie will Heil da „Stabilität“ schaffen, wie er verspricht?
Gewinner und Verlierer
Nach Berechnungen des Ifo-Instituts gehe das Rentenpaket II zulasten der Jüngeren, wie das Portal „IhreVorsorge“ schreibt. Die Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens „bürdet die Kosten allein der erwerbsfähigen Generation auf“, kritisiert das Ifo-Institut. Das gelte auch dann, wenn die heutigen Beitragszahler später von dem höheren Rentenniveau profitieren würden. Alle Altersgruppen, die jünger als 26 Jahre seien, gehörten zu den Verliererinnen und Verlierern der Rentenreform. „Ihre zusätzlichen Beitragszahlungen übersteigen ihre zusätzlichen Rentenansprüche“, sagt Professor Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden. „Ältere Jahrgänge profitieren hingegen, wobei der Höchstwert bei jenen liegt, die heute 58 Jahre alt sind.“
Die „Welt“ verweist auf den Ifo-Bericht: Für Kinder, die in diesem Jahr geboren würden, betrage das Minus rund 6000 Euro pro Kopf. Zwölfjährige würden später als Ruheständler zwar gegenüber dem Status quo bis zu ihrem Lebensende insgesamt rund 7500 Euro mehr aus der Rentenkasse erhalten, doch müssten sie vorher gut 13.000 Euro zusätzlich an Beiträgen einzahlen. „Im Ergebnis zählen alle Kohorten, die jünger als 26 Jahre sind, zu den Verlierern der Rentenreform“, heißt es in der Ifo-Expertise.
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