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Meine Tour de France startete nicht in Le Havre wie die 1955, sondern am Col de la Faucille. Der Blick aus dem Hotelfenster war ein Gedicht – direkt auf den Mont Blanc. Die Wolken hängen noch zwischen den Bergen, der Himmel ansonsten blau, die Fichten stehen schwarz und Rahmen das Panorama ein.
Noch 3600 Kilometer
Leider ist es morgens auf 1323 Meter noch ziemlich frisch, weswegen ich Unterhemd und Windjacke überstreifte. Komisches Gefühl, noch so viel Kilometer vor sich zu haben, genauer gesagt weit über 3600. Wie viel es dann letztlich wirklich werden, stelle ich am Ende der Reise fest. Die frische Morgenbrise lässt die drei Flaggen – Europa, Frankreich und die der Region – munter im Wind flattern. Zum Glück geht es erst einmal bergab – viele Kilometer. Das motiviert.
Kühe, Wiesen, Käse
Haute Savoie, wie die Region heißt, ist geprägt von Bergen, Wiesen, Weiden und Kühen. Überall grasen sie auf den Almweiden – ihre Glocken sind nicht zu überhören. Es geht weiter bergab, durch einen Tunnel und auf vielen Serpentinen in Richtung Bellegarde.
Außer Kühen begegnen mir natürlich auch Skilifte und Liftstation. Von Lélex beispielsweise geht es bis auf 1600 Meter hoch. Im Winter ist hier sicher mehr los. Ansonsten tauchen am Weg nur vereinzelt Höfe auf, die Dörfer kommen nur auf einige Häuser. Dafür radle ich durch eine grandiose Landschaft, die geprägt ist von Bergen, Wäldern und Tälern.
Bauernmarkt in Vouvray
So schlecht scheint meine Kondition dann doch nicht zu sein – deswegen entschließe ich mich Bellegarde links liegen zu lassen und gleich nach Seyssel weiter zu radeln. In Vouvray werden ich gestoppt von einer Straßensperre. Der Ort feiert heute Bauernmarkt mit allem, was dazu gehört. Die Bauern führen ihre Kühe vor. Dafür haben die Organisatoren extra Sand aufgeschüttet. Das Publikum schaut begeistert zu, wie die Bauern ihre Tiere durch die Arena führen, begleitet von vermutlich sachkundigen Kommentaren.
Natürlich gehört zu einem Bauernmarkt der ganze Jahrmarkttrubel – mit Luftballons, Waffeln, Sandwiches, Messerständen und Weinausschank. Ein Stand mit Kuhglocken weckt meine Aufmerksamkeit. Für die Fermiers Savoyards scheint das ein wichtiger Tag zu sein, denn er Ort quillt über von Menschen. Zwischendrin führen die Dorfjungs ihre Kälber durch die Hauptstraße – und werden von ihren Copains mit Küsschen begrüßt. Dann marschiert die Band an den Marktbesuchern vor. Das ganze bei strahlend blauem Himmel.
Bleu de Gex & ein Glas Wein
ich gönne mit einen Bleu de Gex, einen leichten Schimmelkäse aus der Region – und dazu ein Gläschen Wein. In Frankreich gehört ein Verre de Vin einfach dazu. Beides harmoniert fantastisch – oder bilde ich mir das nur ein? Die Platanen vorm Rathaus lassen Urlaubsgefühle aufkommen – c’est la France.
Tag 1 meiner Tour de France
Vom Col de la Faucille nach Seyssel
Dass in der Region Milchwirtschaft die Hauptrolle spielt, lässt sich an den vielen Käseständen ablesen – das Angebot reicht vom Bleu de Gex über den Morbier, daneben ein Tomme de Brebis, nicht zu vergessen der Gruyère. Wobei die Milch ja nicht ausschließlich von der Kuh kommen muss – die Käser stapeln neben Kuh- auch Ziegenkäse.
In Seyssel bin ich nach der Brücke über die Rhône gleich abgebogen und fragte nach einem Zimmer im Hôtel Beau Sejour. Um diese Zeit ist es noch kein Problem, etwas zu finden. Jetzt geht’s erst einmal unter die Dusche – und danach ins Städtchen
Allein und doch in Gesellschaft
Sonntag in der Provinz – ganz schlecht, wer ein offenes Restaurant sucht. Die meisten Lokale sind am Sonntag geschlossen. Offensichtlich essen die Franzosen am Sonntag eher zuhause. Nach kurzer Suche habe ich doch ein tunesische Pizzeria gefunden. Am Nachbartisch saß ein Schweizer Paar aus der Nähe von Luzern. Es fällt in Frankreich doch schnell auf, wer kein Franzose ist. Auf diesem Weg sind wir ins Gespräch gekommen über die Schweiz, den Jakobsweg …. A Proporz Jakobsweg, die Beiden gehen vier Tage auf dem Jakobsweg. Sie sind mit dem Zug gekommen und fahren auch so wieder zurück in die Schweiz. Die Unterkünfte unterwegs sind bereits gebucht. Ich fühlte mich in der Fremde doch gleich nicht mehr so fremd.
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