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Die Rentenberechnung ist ein kompliziertes Rätsel – und fühlt sich wie ein Labyrinth an – oder Hütchenspielerei. Sozialpolitiker wollen verschleiern, dass ihr propagiertes Rentenniveau von 48 Prozent ein Märchen ist.
Von Helmut Achatz und Norbert Böttcher
„Eckrente“, „Rentenniveau“, „Rentenformel“, „Entgeltpunkte“, „Riester-Faktor“, „Durchschnittsverdienst“, „Nachhaltigkeitsfaktor“, „Haltelinie“ – und da soll sich der Rentenlaie noch auskennen?
Rentenberechnung: ein Labyrinth der Zahlen
Viele von uns träumen vom Ruhestand. Aber wenn es um die Berechnung der Rente geht, wird es schnell unübersichtlich. Die Politik hat die Rentenformel durch verschiedene Anpassungen und Vorgaben zu einem wahren Rätsel gemacht. So haben Sozialdemokraten beispielsweise den Riester-Faktor eingeführt und später den Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel gestrichen. Es ist also höchste Zeit, Licht ins Dunkel zu bringen und die wichtigsten Aspekte der Rentenberechnung verständlich zu erklären.
Die Rentenformel
Apropos Nachhaltigkeitsfaktor: Er wurde nicht gänzlich gestrichen, sondern seine Anwendung wird im Rahmen der Rentenanpassung bis mindestens Mitte 2026 ausgesetzt. Diese Aussetzung wurde im Zuge des sogenannten Rentenpakets I beschlossen und trat zum 1. Juli 2024 in Kraft. Warum die Aussetzung? Der Nachhaltigkeitsfaktor war ursprünglich dazu gedacht, das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenempfängern in die Rentenanpassungsformel einzubeziehen. Steigt die Zahl der Rentner im Verhältnis zur Zahl der Beitragszahler, wirkt der Faktor dämpfend auf die Rentenerhöhung, um die Belastung der Beitragszahler zu mindern. Die aktuelle Aussetzung zielt darauf ab, die politisch festgelegte Haltelinie für das Rentenniveau von 48 Prozent zu garantieren.
Die Jahresrente: Ein Blick hinter die Kulissen
Das fängt schon mit der Jahresrente an: Wussten Sie, dass die Rentenanpassung, also die Erhöhung der Rente, immer zum 1. Juli eines Jahres stattfindet? Doch die Jahresrente für ein Kalenderjahr setzt sich aus zwei verschiedenen Werten zusammen:
- Januar bis Juni: Hier gilt noch der Rentenwert des Vorjahres.
- Juli bis Dezember: In dieser Zeit wird der erhöhte Rentenwert nach der Anpassung gezahlt.
Dieses System führt dazu, dass der Brutto- und Nettowert Ihrer Rente pro Kalenderjahr aus diesen beiden unterschiedlichen Phasen berechnet wird. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) kann Ihnen auf Anfrage eine Bescheinigung für den Steuerausgleich ausstellen, die genau diese Werte auflistet.
Die Haltelinie des Rentenniveaus
Ein oft diskutiertes Thema ist das Rentenniveau. Es beschreibt das Verhältnis einer Durchschnittsrente nach 45 Arbeitsjahren zum Durchschnittslohn. Bis 2018 wurde das Rentenniveau auf ähnliche Weise wie der steuerliche Jahreswert berechnet. Doch um die politisch festgelegte Haltelinie von 48 Prozent nicht zu unterschreiten, wurde die Berechnung geändert. Seit 2018 werden die Brutto- und Nettowerte zur Ermittlung des Rentenniveaus getrennt betrachtet:
- Brutto: Wird weiterhin aus dem Jahreswert der zwei Halbjahre berechnet.
- Netto: Wird der erhöhte Rentenwert ab Juli auf das gesamte Jahr hochgerechnet. Dadurch steigt der Gesamtwert rechnerisch an und die 48-Prozent-Haltelinie wird (scheinbar) eingehalten.
Diese Änderung kann für viele verwirrend sein, weil die tatsächliche Rentenzahlung und die zur Berechnung des Niveaus verwendete Zahl voneinander abweichen.
Wie die 48 Prozent Haltelinie erreicht werden Quelle: Norbert Böttcher
Wenn der Gesetzgeber vom Rentenniveau spricht, meint er das „Sicherungsniveau vor Steuern“. Im Rentenlexikons des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) steht denn auch hinter dem Stichwort „Rentenniveau“ in Klammern „Sicherungsniveau vor Steuern“. Was Rentnern und Rentenbeitragszahlern niemand sagt, dass der sogenannte Riester-Faktor (Altersvorsorgeanteil) ebenfalls in die Berechnung des Rentenniveaus eingeht – und der beträgt seit 2009 vier Prozent. Wer also riestert, kann mit seiner Riester-Rente im Alter die Versorgungslücke ausgleichen, wenn er einen rentablen Riester-Vertrag abgeschlossen hatte. Wer nicht riestert, dem fehlen vier Prozent in der Rente, da der Gesetzgeber automatisch davon ausgegangen ist, dass jeder riestert.
Tücken bei Abgaben und Nachzahlungen
Zusätzliche Komplexität entsteht durch die Abgabenlast für Sozialversicherungen. Änderungen bei den Beitragssätzen werden nicht immer zum Jahreswechsel umgesetzt, was zu Nachzahlungen und Verwirrung führen kann, wie 2025.
Ein Beispiel dafür war die Anpassung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung im Jahr 2025. Obwohl die Änderung bereits am 1. Januar in Kraft trat, wurde sie für Rentner erst ab dem 1. Juli 2025 als Nachzahlung fällig. Das führte dazu, dass die Nachzahlung für die ersten sechs Monate von der bereits erhöhten Rente ab 1. Juli berechnet wurde, was bei vielen Rentnern für Verwirrung und Unmut sorgte – und sie mehr zahlen mussten als eigentlich gerechtfertigt gewesen wäre.
Entgeltpunkte – der persönliche Schlüssel zur Rente
Das Rentenniveau mag ein politischer Indikator sein, doch für Ihre persönliche Rente sind die Entgeltpunkte (EP) entscheidend. Jeder EP repräsentiert die Summe, die Sie in die Rentenkasse einzahlen.
- Ein Entgeltpunkt (1,0 EP) erhalten Sie, wenn Sie in einem Jahr genauso viel verdienen wie der Durchschnitt aller Versicherten.
- Rechenformel: Ihr Jahresverdienst geteilt durch den Durchschnittsverdienst aller Versicherten.
Der sogenannte Eckrentner ist eine Person, die 45 Jahre lang genau den Durchschnittslohn verdient hat und somit auf 45 Entgeltpunkte kommt. Seine Rente dient als Maßstab für das Rentenniveau. Ein höherer Verdienst führt zu mehr Entgeltpunkten. Die Beitragszahlungen sind allerdings durch die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) nach oben gedeckelt. Das bedeutet, dass ab einem bestimmten Einkommen (2025: 96.600 Euro) keine weiteren EP mehr erworben werden können. Die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) wird 2026 weiter von 96.600 auf 101.400 Euro erhöht.
Was es mit Deckelung auf sich hat
Deckelung der Entgeltpunkte:
- Da die Entgeltpunkte direkt an die gezahlten Beiträge gekoppelt sind, können Sie auch nur bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze Entgeltpunkte erwerben.
- Die maximale Anzahl an Entgeltpunkten pro Jahr ergibt sich aus der Division der Beitragsbemessungsgrenze des jeweiligen Jahres durch das vorläufige Durchschnittsentgelt aller Versicherten in diesem Jahr.
Beispiel für das Jahr 2025:
- Beitragsbemessungsgrenze:600 Euro pro Jahr (gilt seit 2025 bundesweit)
- Vorläufiges Durchschnittsentgelt:493 Euro pro Jahr
- Maximale Entgeltpunkte:600 Euro / 50.493 Euro = 1,9131 Entgeltpunkte
Selbst wenn Sie also in diesem Jahr 200.000 Euro verdienen würden, könnten Sie nicht mehr als 1,9131 Entgeltpunkte sammeln. Die Deckelung stellt sicher, dass die Rentenversicherung als Solidarsystem funktioniert und die Beiträge für Gutverdiener nicht unbegrenzt steigen. Es ist eine der Grundlagen, die das deutsche Rentensystem von anderen Modellen, wie der kapitalgedeckten Rente, unterscheidet.
Ihre Rente selbst verstehen
Die Rente ist ein komplexes Thema. Es ist verständlich, wenn die vielen Zahlen und Berechnungsweisen auf den ersten Blick abschreckend wirken. Doch die beste Art, Klarheit zu gewinnen, ist, die Zusammenhänge selbst nachzuvollziehen.
48,0 Prozent Rentenniveau sind bis 2031 politisch festgeschrieben worden. Die Rentenerhöhung von 3,74 Prozent in diesem Jahr wird nicht reichen, denn der Durchschnittsverdienst ist nach Angabe der Deutschen Rentenversicherung Bund von 45.358 Euro um 11,3 Prozent auf 50.493 Euro gestiegen. Auch ohne Mathematikstudium dürfte klar sein, dass so die 48,0-Prozent-Haltelinie nicht einzuhalten ist.
Entscheidend sind die Entgeltpunkte
Verlassen Sie sich nicht nur auf die Aussagekraft des Rentenniveaus, sondern konzentrieren Sie sich auf Ihre eigenen Entgeltpunkte. Diese geben Ihnen den besten Aufschluss darüber, wie sich Ihre individuelle Rente entwickeln wird. Die notwendigen Zahlen, wie der Durchschnittsverdienst der vergangenen Jahre, finden Sie in der Broschüre der Deutschen Rentenversicherung „Rentenversicherung in der Zeitreihe“, die online zum Download zur Verfügung steht. Auf den Seiten 256 und 258 können Sie die Kenngrößen und Bemessungswerte nachlesen (im Oktober 2025 erscheint übrigens die neueste Ausgabe). Zurzeit gelten folgende Abgaben:
- Beitrag gesetzliche Rentenversicherung: 18,6 % paritätische Aufteilung Arbeitgeber (AG)|Arbeitnehmer (AN)
- Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung: 14,6 % Regelsatz paritätische Aufteilung AG|AN
- Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung: 2,5 % Durchschnittswert paritätische Aufteilung AG|AN. Leider verlangen einige Krankenkassen mehr als 2,5 %, was die Berechnung der Deutschen Rentenversicherung verwässert. So verlangt beispielsweise die Knappschaft mit einem Zusatzbeitrag von 4,4 % deutlich mehr als die angenommenen 2,5 %, bei der IKK – Die Innovationskasse sind es 4,3 %, bei der BKK24 4,39 %.
- Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung: 3,6 % Schnittwert paritätische Aufteilung AG|AN (Rentner zahlen 100 % allein)
- Beitrag zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung: 2,6 % Regelsatz paritätische Aufteilung AG|AN (gilt nicht für Rentner)
Der Weg zum vorzeitigen Ruhestand ist mit vielen Fragen gepflastert, aber wer seine Rente versteht, kann besser planen. Welcher Aspekt der Rentenberechnung beschäftigt Sie am meisten? Schreiben Sie es in die Kommentare!
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