Holpriger Start des digitalen Rentenkontos

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Seit Dezember 2023 ist das digitale Rentenkonto online.  Damit sollen Bürger künftig einen Gesamtüberblick über ihre gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge bekommen. Der Start ist allerdings holprig

Das neue Online-Portal, erreichbar unter rentenuebersicht.de, stellt Altersvorsorgeansprüche übersichtlich und zentral gebündelt dar. Damit wird es für alle, die sich um ihre Altersvorsorge kümmern wollen, einfacher, sich einen Überblick zu verschaffen, um etwaige Lücken in der Altersversorgung frühzeitig erkennen und handeln zu können. Die Nutzung des Portals ist kostenlos. Die bisher von den jeweiligen Vorsorgeeinrichtungen versandten Informationen zu einzelnen Altersvorsorgeansprüchen erhalten Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin.

Kaum wer macht mit

In dem Portal wird auch eine Liste mit den angebundenen Vorsorgeeinrichtungen zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich aktuell um die Deutsche Rentenversicherung, die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder sowie Union Investment. Weitere Vorsorgeeinrichtungen sind bereits ebenfalls angeschlossen.

Mit der digitalen Rentenübersicht können Versicherte verschiedene Informationen abrufen, darunter:

  1. Renteninformationen: Die Rentenübersicht zeigt eine Schätzung der zukünftigen Rentenhöhe basierend auf den bisherigen Beitragszahlungen und erfassten Versicherungszeiten. Sie enthält auch Angaben zur aktuellen Rentenentwicklung und gibt Auskunft über den möglichen Rentenbeginn.
  2. Versicherungsverlauf: Versicherte können ihren individuellen Versicherungsverlauf einsehen. Dieser zeigt die einzelnen Versicherungszeiten an, einschließlich Zeiten der Erwerbstätigkeit, Schul- oder Studienzeiten, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen.
  3. Rentenansprüche: Die digitale Rentenübersicht gibt Auskunft über bereits erworbene Rentenansprüche, zum Beispiel aus Pflichtbeitragszeiten oder freiwilligen Beiträgen.
  4. Rentenauskunft: Versicherte haben die Möglichkeit, eine Rentenauskunft online zu erstellen. Diese kann beispielsweise für Behördengänge, Rentenberatungen oder zur Vorlage bei anderen Institutionen genutzt werden.

Technische Hürden hoch

Der Zugriff auf die digitale Rentenübersicht der Deutschen Rentenversicherung erfolgt über ein persönliches Benutzerkonto, das auf der Webseite der Deutschen Rentenversicherung eingerichtet werden kann. Versicherte müssen sich dafür registrieren und können anschließend ihre individuellen Renteninformationen online abrufen. Eine Anmeldung ist kostenlos und für jeden freiwillig.

Anmeldung per Smartphone:

Anmeldung per Computer plus Smartphone:

Anmeldung per Computer plus Kartenlesegeräte:

  • Computer mit Windows oder macOS in einer aktuellen Version
  • Kartenlesegerät 
  • Aktuelle Version der AusweisApp Download 
  • Personalausweis / Aufenthaltstitel / Unionsbürgerkarte (eID) mit aktivierter Online-Ausweisfunktion

Versicherungsmakler Mario Strehl von Pfefferminzia hat das digitale Rentenkonto selbst getestet und kommt zu dem nicht schmeichelhaften Urteil: Rohrkrepierer. Er hält die digitale Rentenübersicht für „einen absoluten Rohrkrepierer“. Das geht schon mit den technischen Hürden los: „Man braucht zum Beispiel einen elektronischen Personalausweis und ein NFC-Lesegerät, alternativ ein modernes Smartphone und die AusweisApp2; alle Personalausweise ab 2017 sind mit dem NFC-Chip ausgestattet. Es muss eine Freischaltung der Online-Funktionen beantragt worden sein/werden.“ Mal ehrlich, wer hat schon die Online-Funktion seines Personalausweises freischalten lassen?!

Bislang noch wenige Nutzer

Anfang 2024 verzeichnete die Plattform 1,7 Millionen Besucher und über 152.000 registrierte Nutzer. Das Interesse an einer transparenten und konsolidierten Darstellung der eigenen Rentenansprüche ist da, allerdings schrecken viele vor den technischen Hürden zurück.

 

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Herausforderungen und Haken

Trotz der positiven Grundstimmung gibt es in der praktischen Anwendung einige wiederkehrende Kritikpunkte:

  • Noch unvollständige Datenbasis: Da die Anbindung aller Vorsorgeeinrichtungen noch nicht abgeschlossen ist, kann es vorkommen, dass Nutzer nicht alle ihre bestehenden Verträge in der Übersicht finden. Dies führt zu einem unvollständigen Bild der tatsächlichen Altersvorsorgesituation.
  • Begrenzte Aussagekraft der Prognosen: Die digitale Rentenübersicht stellt die bisher erworbenen und zukünftige hochgerechnete Ansprüche dar. Eine Prognose der tatsächlichen Netto-Rente nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben liefert sie jedoch nicht. Auch die sogenannte „Rentenlücke“, also die Differenz zwischen dem letzten Nettoeinkommen und der zu erwartenden Rente, wird nicht ausgewiesen. Dies kann zu einer Fehleinschätzung der finanziellen Situation im Alter führen.
  • Fehlende Berücksichtigung sonstiger Vermögenswerte: Die Übersicht beschränkt sich auf die drei Säulen der Altersvorsorge. Andere für die Ruhestandsplanung relevante Vermögenswerte wie Immobilien, Aktien oder Lebensversicherungen, die nicht primär der Altersvorsorge dienen, werden nicht erfasst.

Sozialabgaben einfach vergessen

Ob bei dem digitalen Rentenkonto auch alle Abzüge eingerechnet sind? Denn bis dato schaffen es selbst große Versorgungswerke wie die Metallrente oder das Versorgungswerk der Presse nicht, ihre Mitglieder darüber zu informieren, was an Abzügen in der Rente auf sie zukommt. Wer seine Auszahlungsmitteilung bekommt, erhält, wenn er Glück hat, noch einen Hinweis darauf, dass Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen sind, nicht jedoch, wie viel das voraussichtlich sein wird. Das Versorgungswerk der Presse beispielsweise weist den Versicherten nur darauf hin, dass „aufgrund des Solidarprinzips der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beitragspflicht besteht“. Es helfe auch nichts, wenn „die Beiträge (während des Berufslebens) bereits aus sozialversicherungspflichtigen Einkünfte bezahlt wurden“. Dabei geht es nicht um einige Euros, sondern um Tausende. Ob das geplante „Rentenkonto für alle“ diese Minderung berücksichtigt? Vermutlich kaum. Was ist dann aber ein „Rentenkonto für alle“ wert? Die Antwort kann sich jeder selbst geben.

Netto ist nicht gleich brutto

Zumindest der Rentenbescheid über die gesetzliche Rente berücksichtigt Kranken- und Pflegebeiträge, sodass jeder weiß, was netto vom Brutto übrig bleibt. Bei allen anderen Mitteilungen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge allerdings fehlt das bislang, was das Bild natürlich verfälscht. Teilweise müssen Privat- und Betriebsrenten zusätzlich versteuert werden, wie beispielsweise bei der Metallrente.

Noch Luft nach oben

Die digitale Rentenübersicht ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber die Handhabung muss einfacher werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Nutzererfahrung und der Funktionsumfang in den kommenden Jahren weiterentwickeln werden. Für eine umfassende und realistische Altersvorsorgeplanung bleibt die digitale Rentenübersicht in ihrer jetzigen Form ein nützlicher, aber nicht allumfassender Baustein.

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Helmut Achatz

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