Langer Weg zur E-Patientenakte

Gesundheit

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Deutschland hinkt bei der E-Patientenakte meilenweit hinterher. Das soll sich ändern. Bis Ende 2024 sollen die meisten Patienten eine E-Patientenakte bekommen.

Stell dir vor, alle reden über Digitalisierung – nur keiner macht’s. Das ist die Situation im deutschen Gesundheitswesen. Während die Israelis schon seit Jahrzehnten eine elektronische Patientenakte (ePA) haben, wird in Deutschland immer noch darüber diskutiert. Israel hat schon vor mehr als 25 Jahren mit der Digitalisierung begonnen. Wir hinken also um Jahrzehnt hinterher. Bereits seit Mitte der 1990er-Jahre laufen dem „Ärzteblatt“ zufolge in Israel erste Projekte zum Austausch digitaler Gesundheitsdaten; heute nutzen quasi alle Israelis eine funktionierende, elektronische Patientenakte (Eletronic Medical Record, EMR). Zudem laufe das Gesundheitswesen in vielen Fällen komplett papierlos ab.

Schub für die E-Patientenakte?

Jetzt will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Einführung der ePA beschleunigen. Die bisher auf freiwilliger Basis angebotenen ePA soll Ende 2024 für alle verbindlich werden. Das nennt sich Opt-out-Verfahren – wer keine ePA will, muss aktiv widersprechen. Wird auch höchste Zeit, denn von den 74 Millionen gesetzlich Versicherten nutzen die allerwenigsten ePA. Das gleiche Bild zeigt sich beim elektronischen Rezept: kaum einer macht mit.

In der ePA sollen beispielsweise ärztliche Befunde, Röntgenbilder und Medikamentenlisten gespeichert werden, womit sich Mehrfachdiagnose und unnötige Wege ersparen ließen. Ärzte könnten viel einfacher Daten untereinander austauschen, was Zeit und Geld sparen würde. „Deutschlands Gesundheitswesen hängt in der Digitalisierung um Jahrzehnte zurück; das können wir nicht länger verantworten“, so Lauterbach. In den kommenden Wochen will entsprechende Gesetze auf den Weg bringen.

Freiwillig scheint in Deutschland wenig zu laufen: Die elektronische Patientenakte war schon 2021 eingeführt worden. Dumm nur, dass sie fast niemand nutzt.

Wunsch und Wirklichkeit

Bei der Digitalisierung müssen allerdings Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser mitspielen. Ob das gelingt, ist zurzeit allerdings fraglich.

Die Kaufmännische Krankenkasse KKH erklärt in einem Video, was die elektronische Patientenakte ist. Die Realität sieht leider ganz anders aus. Vielleicht ändert das Opt-out-Verfahren etwas an der Verbreitung der elektronischen Patientenakte.

Wie komme ich an die ePA?

T-Online erklärt, wie Patienten an die ePA kommen: Seit dem 1. Januar 2021 hat jeder gesetzlich Versicherte Anspruch auf die Bereitstellung einer ePA durch seine Krankenkasse. In der Regel kann diese im Online-Bereich der Kasse beantragt werden. Zu Ihrer Karte erhalten Sie dann – nach einer Überprüfung ihrer Identität – eine PIN, mit der Sie sich in der App der Krankenkasse anmelden können. Auch möglich ist die Anmeldung beim nächsten Arztbesuch über das Kartenterminal in der Praxis.

Bei einem Krankenkassenwechsel können die Daten mitgenommen werden. Neben einer App für Tablet und Smartphone gibt es mittlerweile auch eine Anwendung für PC/ Laptop.

Kritik bremst Einführung

Kaum hat Karl Lauterbach angekündigt, die Einführung der ePA zu beschleunigen, regt sich schon von vielen Seiten Kritik – und das nach 20 Jahren Versuchen, die ePA einzuführen. Deutschland ist ein dermaßen technikfeindliches Land geworden. Was in anderen Ländern selbstverständlich, wird hierzulande permanent und dauerhaft hinterfragt und ausgebremst. Hier einige Stimmen:

Neue Osnabrücker Zeitung

Kassenärztechef kritisiert Lauterbachs Digitalisierungsstrategie

Andreas Gassen: „Lösungen aus informationstechnologischer Steinzeit“ – „Völlig unrealistischer Zeithorizont“ für digitale Patientenakte

Osnabrück. Kassenärztechef Andreas Gassen hat die Digitalisierungsstrategie von Gesundheitsminister Karl Lauterbach scharf kritisiert. Dessen Vorgehen zur Einführung der elektronischen Patientenakte erinnere „fatal“ an das Scheitern der vergangenen Jahre, als „völlig unrealistische Zeithorizonte“ genannt worden seien, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „In der Realität der deutschen digitalen Infrastruktur arbeiten wir mit Lösungen aus der informationstechnologischen Steinzeit, wie zum Beispiel mit Konnektoren, die die Praxen gerade erneut für viel Geld austauschen mussten. Wir haben nicht miteinander kommunizierende Praxisverwaltungssysteme, ganz zu schweigen von der fehlenden Anbindung der Kliniken“, beklagte Gassen.

Berliner Morgenpost

Bitte kein gläserner Patient!

Bei der Digitalisierung von Behördenleistungen kann man inzwischen nur noch eine fatalistische Grundhaltung einnehmen. Heißt: Besser, es geht irgendetwas voran, als wenn Deutschland weiterhin im Zeitalter staubiger Aktenordner festhängt. Das gilt auch für Bundesgesundheitsminister Lauterbachs Vorstoß zur elektronischen Patientenakte (ePA). Seit zwei Jahrzehnten doktert der Bund an diesem Thema herum, doch bei den Bürgern hat sich die Anwendung kaum durchgesetzt: Weniger als ein Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland nutzten bisher die ePA. Statt wie ursprünglich geplant die Nutzung der elektronischen Patientenakte freiwillig zu machen, soll sie nun jeder Versicherte erhalten – außer er widerspricht ausdrücklich. Zu viele Fragen sind aber ungeklärt.

Phoenix

Patientenschützer fordert Nachbesserung bei elektronischer Patientenakte

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hat Nachbesserungen bei den vom Bundesgesundheitsminister angekündigten Gesetzen zur vereinfachten Einführung der elektronischen Patientenakte (EPA) gefordert. Die automatische Einführung der EPA für alle Patienten ohne deren Zustimmung sei ein „sehr schlechter Weg“, sagte Brysch im Interview mit dem Fernsehsender phoenix.

Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen

Patientenhoheit über Gesundheitsdaten in Gefahr

Medienberichten zufolge soll bereits ab Ende 2024 für alle gesetzlich Versicherten die elektronische Patientenakte (ePA) in Form eines zentralisierten Cloudspeichers für duplizierte Gesundheitsdaten angelegt und dann mit ärztlichen Befunden und Einträgen befüllt werden. Sind Einträge in der ePA gespeichert, sollen Versicherte diese zwar sehen und „schwärzen“, aber nicht mehr löschen können. Dies mag für unverfängliche medizinische Befunde vertretbar und für manche Versicherte sinnvoll sein. Handelt es sich jedoch um besonders sensible Daten, wie z.B. aus psychotherapeutischen Behandlungen oder psychiatrischen Entlassbriefen mit intimsten biografischen Informationen und sensiblen Angaben über Dritte, stellt dies einen tiefen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte gesetzlich Versicherter dar. Die in der ePA gespeicherten Gesundheitsdaten werden pseudonymisiert an das nationale Forschungsdatenzentrum versendet und dort nach Prüfung für genehmigte Forschungsprojekte weitergegeben. Diese Schutz-Regularien sollen nun womöglich aufgeweicht werden.

Image by Tung Nguyen from Pixabay

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Helmut Achatz

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