Durchbruch für die E-Patientenakte 2025?

Gesundheit

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Deutschland hinkt bei der elektronischenPatientenakte meilenweit hinterher. Das soll sich ändern. 2025 soll die E-Patientenakte nun endlich kommen. Einige rudern aber schon jetzt zurück.

Stell dir vor, alle reden über Digitalisierung – nur keiner macht’s. Das ist die Situation im deutschen Gesundheitswesen. Während die Israelis schon seit Jahrzehnten eine elektronische Patientenakte (ePA) haben, wird in Deutschland immer noch darüber diskutiert. Wir hinken also um Jahrzehnte hinterher. Bereits seit Mitte der 90er-Jahre laufen dem „Ärzteblatt“ zufolge in Israel erste Projekte zum Austausch digitaler Gesundheitsdaten; heute nutzen quasi alle Israelis eine funktionierende, elektronische Patientenakte (Eletronic Medical Record, EMR), wie „Forbes“ schreibt. Zudem laufe das Gesundheitswesen in vielen Fällen komplett papierlos ab.

Was jahrelang versäumt wurde hierzulande, soll jetzt zum 15. Januar 2025 kommen, sprich eine elektronische Patientenaktesoll für alle gesetzlich Versicherten – und zwar automatisch. Die elektronische Patientenakte soll laut „ThePioneer“ automatisch eingerichtet werden, es sei denn, der Versicherte widerspricht. Das gehe aus einem Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hervor. Anders als bis zuletzt geplant, solle es möglich sein, nicht nur neue Befunde in die Akte aufnehmen zu lassen, sondern auch ausgewählte aus der Vergangenheit. Mit einem weiteren Entwurf, dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz, wolle Lauterbach den Zugang zu medizinischen Forschungsdaten verbessern.

Schub für die E-Patientenakte?

Die bisher auf freiwilliger Basis angebotenen ePA soll Anfang 2025 für alle verbindlich werden. Das nennt sich Opt-out-Verfahren – wer keine ePA will, muss aktiv widersprechen. Wird auch höchste Zeit, denn von den 74 Millionen gesetzlich Versicherten nutzen die allerwenigsten ePA. Das gleiche Bild zeigt sich beim elektronischen Rezept: kaum einer macht mit.

In der ePA sollen beispielsweise ärztliche Befunde, Röntgenbilder und Medikamentenlisten gespeichert werden, womit sich Mehrfachdiagnose und unnötige Wege ersparen ließen. Ärzte könnten viel einfacher Daten untereinander austauschen, was Zeit und Geld sparen würde. „Deutschlands Gesundheitswesen hängt in der Digitalisierung um Jahrzehnte zurück; das können wir nicht länger verantworten“, so Lauterbach. In den kommenden Wochen will entsprechende Gesetze auf den Weg bringen.

Freiwillig scheint in Deutschland wenig zu laufen: Die elektronische Patientenakte war schon 2021 eingeführt worden. Dumm nur, dass sie fast niemand nutzt. Was wunder, wer bei seiner Krankenversicherung einmal nach „elektronischer Patientenakte“ sucht, wird schnell feststellen, wie kompliziert es ist, sie zu nutzen. Ein Beispiel dafür: die TK. Da steht: „Die nachfolgenden Nutzungsbedingungen für den Zugang zur elektronischen Patientenakte (ePA) über TK-Safe („TK-Safe-Nutzungsbedingungen“) regeln die rechtlichen Bedingungen und Voraussetzungen für die Nutzung der ePA über die App- sowie die Desktop-Anwendung ‚TK-Safe'“. Spätestens nach der zweiten Seiten der „Nutzungsbedingungen“ hören die meisten auf zu lesen und lassen es. Bei anderen Krankenkasse sieht es nicht besser aus. Selbst technikaffine Versicherte haben null Bock auf die elektronische Patientenakte.

Wunsch und Wirklichkeit

Bei der Digitalisierung müssen allerdings Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser mitspielen. Ob das gelingt, ist zurzeit allerdings fraglich. Die Kaufmännische Krankenkasse KKH erklärt in einem Video, was die elektronische Patientenakte ist. Die Realität sieht leider ganz anders aus. Vielleicht ändert das Opt-out-Verfahren etwas an der Verbreitung der elektronischen Patientenakte.

Wie komme ich an die ePA?

T-Online erklärt, wie Patienten an die ePA kommen: „Seit dem 1. Januar 2021 hat jeder gesetzlich Versicherte Anspruch auf die Bereitstellung einer ePA durch seine Krankenkasse. In der Regel kann diese im Online-Bereich der Kasse beantragt werden. Zu Ihrer Karte erhalten Sie dann – nach einer Überprüfung ihrer Identität – eine PIN, mit der Sie sich in der App der Krankenkasse anmelden können. Auch möglich ist die Anmeldung beim nächsten Arztbesuch über das Kartenterminal in der Praxis.“ Bei einem Krankenkassenwechsel können die Daten mitgenommen werden. Neben einer App für Tablet und Smartphone gibt es mittlerweile auch eine Anwendung für PC/ Laptop.

Kritik bremst Einführung

Kaum hat Karl Lauterbach angekündigt, die Einführung der ePA zu beschleunigen, regt sich schon von vielen Seiten Kritik – und das nach 20 Jahren Versuchen, die ePA einzuführen. Deutschland ist ein dermaßen technikfeindliches Land geworden. Was in anderen Ländern selbstverständlich, wird hierzulande permanent und dauerhaft hinterfragt und ausgebremst. „Damit die ePA (elektronische Patientenakte) mit all ihren Vorteilen akzeptiert wird, benötigen die gesetzlichen Krankenkassen Zeit für die Vorbereitung, die Information und die Aufklärung ihrer Versicherten. Um keine unrealistischen Erwartungen zu wecken, sollte die Einführung der ‚ePA für alle‘ zum 1. Juli 2025 erfolgen.“ Das heißt, die Krankenkassen wollen die Einführung auf Mitte 2025 verschieben, so zumindest vermittelt es eine Pressemitteilung des Spitzenverbands GKV. Eigentlich war der 1. Januar 2025 geplant.

Hier einige andere Stimmen:

Neue Osnabrücker Zeitung

Kassenärztechef kritisiert Lauterbachs Digitalisierungsstrategie

Andreas Gassen: „Lösungen aus informationstechnologischer Steinzeit“ – „Völlig unrealistischer Zeithorizont“ für digitale Patientenakte

Osnabrück. Kassenärztechef Andreas Gassen hat die Digitalisierungsstrategie von Gesundheitsminister Karl Lauterbach scharf kritisiert. Dessen Vorgehen zur Einführung der elektronischen Patientenakte erinnere „fatal“ an das Scheitern der vergangenen Jahre, als „völlig unrealistische Zeithorizonte“ genannt worden seien, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „In der Realität der deutschen digitalen Infrastruktur arbeiten wir mit Lösungen aus der informationstechnologischen Steinzeit, wie zum Beispiel mit Konnektoren, die die Praxen gerade erneut für viel Geld austauschen mussten. Wir haben nicht miteinander kommunizierende Praxisverwaltungssysteme, ganz zu schweigen von der fehlenden Anbindung der Kliniken“, beklagte Gassen.

Berliner Morgenpost

Bitte kein gläserner Patient!

Bei der Digitalisierung von Behördenleistungen kann man inzwischen nur noch eine fatalistische Grundhaltung einnehmen. Heißt: Besser, es geht irgendetwas voran, als wenn Deutschland weiterhin im Zeitalter staubiger Aktenordner festhängt. Das gilt auch für Bundesgesundheitsminister Lauterbachs Vorstoß zur elektronischen Patientenakte (ePA). Seit zwei Jahrzehnten doktert der Bund an diesem Thema herum, doch bei den Bürgern hat sich die Anwendung kaum durchgesetzt: Weniger als ein Prozent der 74 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland nutzten bisher die ePA. Statt wie ursprünglich geplant die Nutzung der elektronischen Patientenakte freiwillig zu machen, soll sie nun jeder Versicherte erhalten – außer er widerspricht ausdrücklich. Zu viele Fragen sind aber ungeklärt.

Phoenix

Patientenschützer fordert Nachbesserung bei elektronischer Patientenakte

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hat Nachbesserungen bei den vom Bundesgesundheitsminister angekündigten Gesetzen zur vereinfachten Einführung der elektronischen Patientenakte (EPA) gefordert. Die automatische Einführung der EPA für alle Patienten ohne deren Zustimmung sei ein „sehr schlechter Weg“, sagte Brysch im Interview mit dem Fernsehsender phoenix.

Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen

Patientenhoheit über Gesundheitsdaten in Gefahr

Medienberichten zufolge soll bereits ab Ende 2024 für alle gesetzlich Versicherten die elektronische Patientenakte (ePA) in Form eines zentralisierten Cloudspeichers für duplizierte Gesundheitsdaten angelegt und dann mit ärztlichen Befunden und Einträgen befüllt werden. Sind Einträge in der ePA gespeichert, sollen Versicherte diese zwar sehen und „schwärzen“, aber nicht mehr löschen können. Dies mag für unverfängliche medizinische Befunde vertretbar und für manche Versicherte sinnvoll sein. Handelt es sich jedoch um besonders sensible Daten, wie z.B. aus psychotherapeutischen Behandlungen oder psychiatrischen Entlassbriefen mit intimsten biografischen Informationen und sensiblen Angaben über Dritte, stellt dies einen tiefen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte gesetzlich Versicherter dar. Die in der ePA gespeicherten Gesundheitsdaten werden pseudonymisiert an das nationale Forschungsdatenzentrum versendet und dort nach Prüfung für genehmigte Forschungsprojekte weitergegeben. Diese Schutz-Regularien sollen nun womöglich aufgeweicht werden.

Image by Tung Nguyen from Pixabay

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Helmut Achatz

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