Das E-Rezept ein Rohrkrepierer

Gesundheit

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Wie weit Deutschland bei der Digitalisierung hinterherhinkt, zeigt sich beim elektronischen Rezept, kurz E-Rezept. Eigentlich sollte es Anfang 2022 starten, davon kann aber keine Rede sein. Sogar das Pilotprojekt wurde gestoppt

Wer seine Apothekerin oder seinen Apotheker nach dem E-Rezept fragt, bekommt nur ein müdes Lächeln – „das kann dauern“, so die Antwort. Weder Ärzte, noch Apotheker geschweige denn Krankenkassen sind wirklich auf das E-Rezept vorbereitet. Dabei wird es 2024 zur Pflicht.

E-Rezept mit Fehlern

Wer sich eine App herunterlädt, bekommt die nur in den seltensten Fällen zum Laufen. „Es ist ein allgemeiner Fehler aufgetreten“, heißt es oft lapidar. Der Support der Krankenkasse ist meist überfordert. Es gibt technische Probleme mit einer ePA-Komponente, wobei ePA für elektronische Patientenakte steht. „Umständliche Anmeldung nach erfolgter Einrichtung“, so ein weiterer Kommentar zum Handling des E-Rezepts. Das ist „ein Stern noch zuviel“, meint ein anderer Nutzer zur Bewertung der E-Rezept-App.

Der „E-Rezept-Start ist verschoben“, schriebt die „Pharmazeutische Zeitung“ Anfang 2022 – und dass, obwohl die Verantwortlichen im Gesundheitsministerium schon seit Jahren daran herumbasteln. Dieses Beispiel ist wieder einmal ein Beleg dafür, wie weit wir bei der Digitalisierung hinterherhinken. Jetzt wurde laut „Ihre Vorsorge“ sogar das Pilotprojekt der Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) gestoppt. Der Umsetzung steht offensichtlich der Datenschutz im Weg. Der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) habe im September sein Veto gegen den Plan zur Nutzung von Versichertenkarten eingelegt.

Vielen wohl zu umständlich

Bisher kann man das E-Rezept nur über sein Handy beziehungsweise über einen Ausdruck abrufen. Für eine App braucht man eine PIN von seiner Krankenkasse – die bekommt man nur nach einer persönlichen Verifizierung vor Ort bei seiner Kasse oder in der Post. Offenbar ist vielen das Prozedere zu mühsam, Anträge für die PIN gab es nur wenige.

Bei der schleppenden Einführung kommt erschwerend hinzu, dass die Skepsis in der Ärzteschaft groß ist. In diesem Jahr wurden bisher nur rund 525.000 Digitalverschreibungen eingelöst. Zum Vergleich: Pro Jahr werden in Deutschland circa 500 Millionen Verschreibungen als rosa Zettelchen ausgestellt – der Anteil der Digitalverschreibung ist also verschwindend gering.

Auf freiwilliger Basis können in Deutschland zwar alle Praxen das E-Rezept anbieten, von einer flächendeckenden Anwendung ist das Produkt aber weit entfernt. Mit der Pilotregion Westfalen-Lippe sollte die Digitalverschreibung neuen Schwung bekommen – die dortige Kassenärztliche Vereinigung hatte sich bereiterklärt, die Einführung aktiv zu begleiten und Schritt für Schritt mehr Praxen einzubinden. Nun, daraus wird ja jetzt nichts. Schleswig-Holstein sollte ebenfalls voranschreiten, brach dies bei Arztpraxen wegen Datenschutzbedenken zur geplanten Nutzung von SMS und E-Mails aber ab.

Analphabeten in punkto Digitalisierung

Offensichtlich haben selbst Apotheker und Medizin-Redakeurinnen keine Ahnung davon, wie es um die Digitalisierung im Gesundheitsweisen steht, wie sonst ist zu erklären, dass Diana Helferich von „Brigitte Wir“ im Herbst 2021 schreibt, dass es „zum Jahreswechsel vorbei sein soll“ und das „rosa Kassenrezept abgeschafft wird“. Davon kann keine Rede sein, wie eine Nachfrage in der Apotheke Anfang 2022 bestätigt.

Starttermin verschiebt sich immer weiter

„Der Starttermin zur E-Rezept-Pflicht verschiebt sich auf unbestimmte Zeit“, schrieb das Heise-Magazin „iX“, das dürfte der Realität deutlich näher kommen. Die Patienten werden also weiter zum Arzt gehen und sich ein rosafarbenes Formular abholen müssen.

Für die Tests müssen sich einfach zu viele abstimmen, darunter der Deutsche Apothekerverband (DAV), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Die Strukturen im deutschen Gesundheitsweisen sind einfach zu komplex, was jeden Fortschritt verhindert und damit die Ineffizienz des Systems konserviert.

Bild von Markus Baumeler auf Pixabay

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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Hallo Helmut,
    da wir uns vom Bloggerstammtisch kennen, lese ich deinen Blog sehr gerne.
    Denn das Thema Rente kommt auch auf mich zu 😉

    Ich bin sehr von der Pflegeheim-Reform begeistert, die kaum in den Medien erwähnt wird.
    Vielleicht liegt es daran, dass es die alte Regierung noch beschlossen hat.
    Bei meiner Mutter bedeutet es, dass sie fast 1000 Euro an Pflegeheimkosten spart.

    Ich habe diesen Post dazu geschrieben:
    https://designbygutschi.blogspot.com/2022/01/eine-tolle-nachricht-fur-alle.html#more

    Vielleicht ist das ja auch für deine Leser:innen interessant.

    Herzliche Grüße
    Jutta

    Antworten
    • Helmut Achatz
      23. Januar 2022 17:35

      Hallo Jutta,

      danke für den Kommentar. Ja, das Thema ist sicher auch für meine Leser interessant. Vielleicht hast du Lust, einen Gastbeitrag
      für vorunruhestand zu schreiben. Du könntest ja deinen Text etwas erweitern.

      Freue mich auf deine positive Antwort.

      Herzliche Grüße
      Helmut

      Antworten
  • […] reicht, werden die Beiträge erhöht. Die Ärzte fordern mehr Geld – und bekommen es auch. Die Digitalisierung ist im Vergleich zu anderen Ländern in den Kinderschuhen. Es scheint, dass niemand diese Geldverschwendung stoppen kann. Problem ist nur, dass das Geld an […]

    Antworten

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Helmut Achatz

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