Werbung
Die große Koalition gaukelt uns vor, das Rentenniveau sei bis 2025 bei 48 Prozent gesichert. Dafür wurde die doppelte Haltelinie in die Rentenformel aufgenommen. Dabei ist das tatsächliche Rentenniveau schon heute niedriger als die offiziellen 48 Prozent.
Das Rentenniveau liegt nicht bei 48 Prozent, wie die meisten glauben, sondern nur bei 46,3 Prozent. Wer’s nicht glaubt soll selbst nachrechnen. Die Zahlen sind im Rentenbericht (siehe Seite 252) der Deutschen Rentenversicherung nachlesbar, nur keiner macht sich die Mühe, das einmal genau zu checken. Dabei ist es ganz einfach:
Durchschnittsjahresentgelt (Werte 2020)
Brutto: 40.551 Euro
Netto: 32.512 Euro
Sozialabgaben: 8.039 Euro (19,825 %)
Standardrente
Brutto: 18.462 Euro
Netto: 16.459 Euro
Sozialabgaben: 2.003 Euro (10,85 %)
Bezogen auf das durchschnittliche Vor-Steuer-Netto-Entgelt liegt die Vor-Steuer-Rente rein rechnerisch bei 50,6 Prozent. Einem Single bleiben (Kinderzuschlag berücksichtigt) netto vor Steuern nur 32.512 Euro übrig.
Bei der Berechnung der gesetzlichen Rente geht die Deutsche Rentenversicherung davon aus, dass jeder geriestert habe und schlägt diese Riester-Rente auf die Standardrente drauf. Wer keine Riester-Rente hat, bekommt tatsächlich weniger. Der Riester-Faktor oder Altersvorsorgeanteil (AVA), wie er offiziell heißt, liegt seit 2012 bei vier Prozent. So steht es auch im Sozialgesetzbuch § 225e SGB VI. Er stieg von von 0,5 (2002) auf vier Prozent, wo er seit 2012 verharrt.
Entwicklung des Riester-Faktors von 2002 bis 2018
Jahr | Riester-Faktor* |
---|---|
2002 | 0 |
2002 | 0.5 |
2003 | 0.5 |
2004 | 1 |
2005 | 1.5 |
2006 | 2 |
2007 | 2 |
2008 | 2 |
2009 | 2.5 |
2010 | 3 |
2011 | 3.5 |
2012 | 4 |
2013 | 4 |
2014 | 4 |
2015 | 4 |
2016 | 4 |
2017 | 4 |
2018 | 4 |
2019 | 4 |
2020 | 4 |
2021 | 4 |
2022 | 4 |
2023 | 4 |
*Altersvorsorgeanteil AVA |
Riester belastet gesetzliche Rente
Die „taz“ hat es einmal sehr schön beschrieben: „Die Riesterrente wird oft als Zusatzangebot missverstanden, aber sie hat die gesetzliche Rente gezielt belastet. Seitdem ist in der Rentenformel der Riester-Faktor verankert, unter Renten-Feinschmeckern auch als „Altersvorsorgeanteil“ bekannt. Einfach gesagt: Bei der jährlichen Rentenberechnung wird ein Teil des Bruttoeinkommens abgezogen. Der soll in die Riesterrente fließen. Der Haken: Viel weniger Arbeitnehmer als angenommen haben eine private Rentenversicherung, so dass später deren Gesamtrente schrumpft.“
Wie lässt sich die Differenz zwischen Standardrente-Netto ohne und mit Riester berechnen. Das ist gar nicht so einfach. Bei der Berechnung der Standard-Netto-Rente (ohne Steuern) geht die Deutsche Rentenversicherung davon aus, dass alle geriestert haben. Nur wer eine Riester-Rente von vier Prozent hat, kommt einschließlich der normalen gesetzlichen Rente auf hundert Prozent. Wer keine Riester-Rente hat, kommt nur (50,6 minus 4) auf 46,6 Prozent.
Dass die gesetzliche Rente geschwächt wurde, ist also das Ergebnis bewusster politischer Entscheidungen, an denen der jetzige Finanzminister Olaf Scholz als Bundestagsabgeordneter und SPD-Generalsekretär mitgewirkt hat. Was die meisten auch nicht wissen: Die Riester-Rente bleibt in ihrer Höhe unverändert, anders als die gesetzliche Rente, die regelmäßig erhöht wird. Also, selbst wer eine Riester-Rente bezieht, kann damit auf Dauer die fehlenden vier Prozent bei der gesetzlichen Rente nicht ausgleichen, weil die Riester-Rente ja nominal unverändert bleibt. Ihre Riester-Rente wird auf Dauer von der Inflation aufgefressen.
Rentenniveau niedriger als propagiert
Die 48,2 Prozent Rentenniveau gelten nur für diejenigen, die auch tatsächlich eine Riester-Rente haben, wer keine Riester-Rente hat, für den liegt das Rentenniveau irgendwo bei 46 Prozent. Die Deutsche Rentenversicherung spricht deswegen auch immer von „Sicherungsniveau vor Steuern“, gemeint ist damit, dass dieses Niveau nur dann zu erreichen ist, wenn ein Rentner auch tatsächlich per Riester fürs Alter vorgesorgt hat, wenn nicht, ist sein „persönliches“ Rentenniveau Prozent niedriger, also irgendwo bei 46 Prozent. Ehrlicherweise müssten wir alle zwischen Rentenniveau plus oder minus Riester reden. Aber auch die Medien plappern immer die von Regierung und Rentenversicherung propagierten 48 Prozent nach.
Wehe wer kein Riester hat
Vielleicht versteht jetzt auch jeder, warum Schwarz-Rot um alles in der Welt diese 48 Prozent halten muss – mit der doppelten Haltelinie. Denn, für alle ohne Riester sind es schon längst keine 48 Prozent mehr.
Deswegen hat die Bundesregierung noch 2018 das „Rentenversicherung-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz“ erlassen, mit dem eine doppelte Haltelinie eingezogen wurde. Danach darf bis 2025 das „Sicherungsniveau vor Steuern“, sprich das sogenannte Rentenniveau, nicht unter 48 Prozent sinken und der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen.
Rente nur bis 2025 sicher
Die Rentenformel, nach der die Rente berechnet wird, ist schon kompliziert, durch die doppelte Haltelinie wird sie noch mal komplizierter. „Die Sicherung des Rentenniveaus von 48 Prozent bis zum Jahr 2025 wird unmittelbarer Bestandteil der Rentenanpassungsformel, da diese durch eine Niveauschutzklausel ergänzt wird“, schreibt die Kommission verlässlicher Generationenvertrag. Damit werde sicherstellt, dass die Renten bis zum Jahr 2025 so angepasst werden, dass mindestens ein Rentenniveau von 48 Prozent erreicht wird. Die Niveauschutzklausel greife, wenn sich nach der geltenden Anpassungsformel ein aktueller Rentenwert ergeben würde, mit dem ein Rentenniveau von 48 Prozent unterschritten werde. Dann würde der aktuelle Rentenwert so festgelegt, dass mindestens ein Niveau von 48 Prozent erreicht werde.
Durchschnittsrente viel niedriger
Der Standardrentner, das heißt, jemand der 45 Jahre lang immer im Durchschnitt verdient hat, bekommt netto vor Steuern 1.538,55 Euro in den alten Bundesländern und 1.495,35 Euro in den neuen Bundesländer. Dumm nur, dass die wenigsten Rentner Standardrentner sind. Rund drei Viertel bekommen deutlich weniger Rente als der Standardrentner. Die Durchschnittsrente von Männern rangiert 2020 bei 1142 Euro, wobei die Durchschnittsrente bei Frauen deutlich niedriger ist. Damit bekommen Frauen oft weniger als Grundsicherung, das heißt, viele sind schon am unteren Ende der Fahnenstange angekommen – tiefer geht’s nicht.
Die Rentenformel
Die Höhe der Rente hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem eigenen Einkommen, dem Durchschnittseinkommen und den regelmäßigen Rentenerhöhungen. Was aber tatsächlich am Ende ausbezahlt wird, bestimmt die Rentenformel. Sie setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Ein Video der INSM erklärt die Formel.
Nachdem so viel von Rentenformel die Rede war und der neuen Niveausicherungsklausel, hier noch mal die ganze Rentenformel. Sie setzt sich zusammen aus:
Monatsrente = Entgeltpunkte x Zugangsfaktor x aktuellem Rentenwert x Rentenartfaktor
Entgeltpunkt:
Pro Jahr gibt’s einen Entgeltpunkt, wer im Durchschnitt verdient hat. Maximal gibt’s für Besserverdiener aber nur 2,056 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte werden zu Rentenbeginn addiert. Entgeltpunkte gibt’s aber auch für Kindererziehung und Bundeswehr.
Zugangsfaktor:
Wer vorzeitig in Rente geht, dem werden pro Monat 0,3 Prozent abgezogen. Wer also zwei Jahre früher in Rente geht, dem werden 7,2 (0,3 x 24) Prozent abgezogen, was einen Zugangsfaktor von 0,928 ergibt.
Aktueller Rentenwert:
Das ist dieser ominöse Wert, in den Lohnentwicklung, Riester- und Nachhaltigkeitsfaktor sowie Niveausicherungsklausel einfließen.
Rentenartenfaktor:
Bei Altersrenten ist der Rentenfaktor 1,0, bei teilweiser Erwerbsminderung ist er 0,5, bei Waisenrenten 0,1 oder 0,2.
Aktueller Rentenwert
Noch ein Wort zum aktuellen Rentenwert, denn er entscheidet, wie viel ein Entgeltpunk in Euro und Cent bringt. Zurzeit (Stand 2020) liegt er für die alten Bundesländer bei 34,19 Euro und bei 33,23 für die neuen:
Lohn-Komponente:
Der Rentenwert spiegelt die aktuelle Lohnentwicklung wider. Je mehr die Arbeitnehmer verdienen, desto besser für die Rentner.
Riester-Faktor:
Er berücksichtigt den Altersvorsorgeanteil (AVA) und den Beitrag zur Rentenversicherung insgesamt. Der Riester-Faktor wirkt sich auf das Rentenniveau aus.
Nachhaltigkeitsfaktor:
Er vergleicht die Zahl der Rentner mit der Zahl der Beitragszahler. Weniger Beitragszahler und mehr Rentner bedeutet, dass die Rentenerhöhung entweder ganz ausfällt oder magerer ausfällt.
Niveauschutzklausel:
Sie verhindert, dass das Sicherungsniveau unter 48 Prozent fällt.
Alles klar?
Werbung
7 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
[…] allerdings die fehlenden Einkünfte spielen. Manch einer merkt erst im Ruhestand, was es heißt, nur noch etwa die Hälfte des früheren Verdienstes zu bekommen. Der gewohnte Lebensstandard ist damit kaum […]
[…] Kollegen deutlich besser dran. Letztere müssen sich in der Rente im Vergleich zu ihrem letzten Lohn mit der Hälfte begnügen, italienische Rentner bekommen annähernd so viel, wie sie während ihres Berufslebens verdient […]
[…] Rentenerhöhung 2022 gilt ab dem 1. Juli. Die Lohnentwicklung und der Nachhaltigkeitsfaktor haben zu einer Erhöhung der Renten geführt. Der Wert für einen Rentenpunkt wurde angehoben. Im […]
[…] deutsche Rentenniveau ist eines der höchsten in der Welt …“, behauptet das Bundesministerium für Wirtschaft und […]
[…] leichter, denn das Pensionsniveau rangiert bei mehr als 70 Prozent des letzten Gehalts, das Rentenniveau nur bei 48 Prozent – bezogen nicht aufs letzte Gehalt, sondern auf das Durchschnittsgehalt des […]
[…] SPD wollte das Rentenniveau bis 2025 bei 48 Prozent stabilisieren, führt aber den Nachholfaktor wieder ein. Und jetzt […]
[…] sinken lassen und erteilen dem Plan der Ampelregierung eine Absage, die daran denkt, das Rentenniveau nach 45 Beitragsjahren auf dieser Höhe zu stabilisieren. Die gegenwärtige Haltelinie gilt nur bis […]