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Taugt Riester zur Armutsbekämpfung?
Den deutlichsten Hinweis in Bezug auf Altersarmutsbekämpfung gibt jedoch dieser direkte Vergleich: Der gesamte Anteil der geförderten Personen mit einem Einkommen von über 50 000 Euro pro Jahr liegt bei 16,4 Prozent. Das sind immerhin 1,7 Millionen Personen. Dagegen steht eine marginale Gruppe der mittelbar geförderten Personen mit einem Anteil von nur 4,7 Prozent. Das sind gerade mal 0,5 von 11 Millionen Personen.
Mittelbar geförderte Personen sind in der Regel ohne eigenem Einkommen und werden über den Ehepartner gefördert. Sie erbringen in der Regel keine eigenen Beiträge bzw. nur den Sockelbeitrag, meist vom Ehepartner gezahlt. Es ist die Gruppe, die nur in Abhängigkeit von Altersarmut bewahrt werden kann. Diese Gruppe wird jedoch eben nicht durch eine betriebliche Förderung erreicht. Dagegen nutzen dreimal so viel Hochverdiener die Riester Förderung. Die Formel „Riester-Rente ist gleich Bekämpfung der Altersarmut“ geht definitiv nicht auf.
Förderung der Geringverdiener – ein Wunschtraum
Wieder einmal glänzt Politik durch Realitätsferne und Vergesslichkeit. Die letzten Jahrzehnte war der Staat darauf erpicht, den ungebildeten „faulen“ Menschen in diesem Land Beine zu machen. Sie durften mangels Produktivität mit Druck des Staates nicht zu viel verdienen, keine Möglichkeit haben, mies bezahlte Jobs abzulehnen und wenn sie nicht mehr gebraucht werden, möglichst schnell und widerstandsfrei aus den Unternehmenskosten verschwinden.
Fast jedes Wirtschaftsinstitut haute sofort seinen Stempel auf dieses Konzept. Jetzt glaubt diese Regierung ernsthaft, dass es in Unternehmen darum ginge, bei leicht austauschbaren Niedriglohnempfängern und Hilfskräften eine großzügig bezahlte Mitarbeiterbindung zu erzeugen? Selbst wenn 30 Prozent des Aufwandes für den geförderten Zuschuss zur betrieblichen Altersversorgung erstattet wird, 70 Prozent müssen beigelegt werden. Es ist hart, aber wo bleibt der Benefit für die Unternehmer?
Bevorzugung besser verdienender Paare
Würde der „Betriebsriester“ angenommen werden, ist absehbar davon auszugehen, dass die gleiche Struktur wie bei der privaten Nutzung vorherrscht. Für einen größeren Teil der Riester-Verträge würde eine unbegründete Bevorzugung wohlhabender Paare oder Hochverdiener durch den nachgelagerten Beitragserlass entstehen. Diese Paare würden nicht gemäß ihrer Leistungsfähigkeit herangezogen. Die bisherigen Statistiken legen das nahe. Die Begründungen des Bundessozialgerichtes halten einer genauen Prüfung nicht stand. Die „gemutmaßte Konkretisierung“ des Bundessozialgerichtes scheitert an nachweisbaren Fakten.
Zusammenfassung:
- Selbst bei getrennter Einkommenserfassung von Männer und Frauen profitieren 44,2 Prozent mit einem höheren Einkommen als 30 000 Euro pro Jahr von Riester-Förderungen. Dabei verfügt ein entsprechend hoher Anteil der Ehepaare durch gemeinsamen Haushalt über ein insgesamt deutlich besseres Einkommen, als es die Statistik ausdrückt.
- 16,4 Prozent der Riester-Verträge sogar werden aus persönlichem Einkommen von über 50 000 Euro pro Jahr bedient.
- Mit weniger als fünf Prozent werden nur 0,5 Millionen Personen von elf Millionen (ohne Einkommen) mittelbar gefördert.
- Diese sachlich relevante Gruppe werden betriebliche Versorgungen nicht erreichen.
Verbeitragungen gleich behandeln
Das Bundessozialgericht offenbart nach meiner Auffassung ein gesetzlich konstruiertes Dilemma: Entweder sind betriebliche Riester-Renten durch Verfassungsrecht zukünftig von Doppelbeiträgen bedroht oder es muss die Betrachtung der Direktversicherungen mit Durchführung nach § 40b EStG aus Entgelt neu bewertet werden. Das bisherige Problem der doppelten Beiträge für Riester-Renten entstand dadurch, dass dieser Durchführungsweg im Grunde nur für die private Altersversorgung konzipiert wurde. Dieser fügt sich nicht in das System der nachgelagerten Beiträge ein. Soll durch die willkürliche Sonderbehandlung ein politischer Fehlschlag zum Erfolg gezwungen werden?
Von den kaum überzeugenden Argumenten des Bundessozialgerichtes bleiben nur noch die beitragssystemischen Vergleiche der vor- und nachgelagerten Beiträge übrig. Die Beiträge für Riester Verträge werden bereits in der Ansparphase erhoben. Das ist auch bei Direktversicherungen gemäß § 40b EStG aus pauschalversteuertem Nettoentgelt der Fall. Ebenfalls können auch diese Direktversicherungen nicht von Arbeitgeberzuschüssen profitieren, weil keine Sozialbeitragsersparungen anfallen. Auch das wurde vom Bundessozialgericht für die Bewertung zugunsten der Riester Verträge angeführt.
Chance für Direktversicherungen?
Folgt man den verbliebenen Argumenten, dann müssten auch Direktversicherungen gemäß § 40b EStG aus pauschalversteuertem Nettoentgelt von den nachgelagerten Beiträgen befreit werden. Es darf nicht vergessen werden, dass die enorme Privilegierung der Riester-Verträge die Ungleichbehandlung gegenüber solchen Direktversicherungen vergrößert und nicht verkleinert. Wenn die Gerichte hierbei kein sachlich nachvollziehbares Augenmaß finden, werden nicht nur Politiker ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Bürger brauchen keine Alibis und sie brauchen keine Täuschungen, sondern sie brauchen faire berechenbare Regeln.
Disclaimer:
Die Ausführungen zu Rechtsansichten stellen eine persönliche Meinung dar, die keine individuelle juristische Beratung durch dafür geeigneten Personen ersetzt. Die fachlichen Äußerungen stellen ebenfalls eigene persönliche Auffassungen dar, die ebenfalls keine individuelle Fachberatung durch dafür ausgebildete Personen ersetzt. Ziehen Sie im Zweifel durch Ausbildung und Zulassung geeignete Personen zu Rate.
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8 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Dirk Feldhinkel,
ein Lob für Ihren Artikel, in dem die Ungleichbehandlung von Riester und Direktversicherung gut herausgearbeitet ist. Auch die Tatsache, dass Altersvorsorge nach deutschem Vorbild absolut nichts mit dem Schutz vor Altersarmut zu tun hat, ist klar erkennbar.
In einem Punkt möchte ich aber etwas korrigieren:
Ziemlich am Schluss steht: „………..werden nicht nur Politiker ihre Glaubwürdigkeit verlieren.“
Meiner Meinung nach haben Politiker schon längst ihre Glaubwürdigkeit verloren. Schließlich hat man schon vor vielen Jahren Millionen Arbeitnehmer mit dem Versprechen in Direktversicherungen gelockt, dass die Auszahlung sozialabgabenfrei ist.
Eine Gleichbehandlung von Riester und Direktversicherung kann ich mir für die Zukunft durchaus vorstellen:
Wenn der Staat wieder einmal Geld braucht, wird man sich auch für die Riesterrente etwas einfallen lassen – und das dann mit der Gleichbehandlung begründen.
Hallo lieber Eugen,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar und Deine Meinung. Ich gebe ein Stück Lob an Helmut weiter, der mich bei der Bearbeitung des Artikels unterstützt hat. Bei der verlorenen Glaubwürdigkeit der Politiker stimme ich ausdrücklich zu. Mehr noch, mit ungutem Gefühl habe ich beobachtet, wie unzählige Politiker gegen den Doppelbeitrag laut vernehmbar ein großes Engagement versprochen haben. Für mich klang es wie Marktgeschrei. Jetzt ist es sehr still geworden.
Im Übrigen sehe ich auch das Risiko, dass später weitere Betriebsrentner in genau diese von Dir beschriebene Falle hinein laufen. Deshalb ist es enorm wichtig, dass diese verfassungsrechtliche Frage nicht erst in zwanzig Jahren abschließend geklärt wird.
Ich bin zwar kein Politiker, möchte aber mit diesen gezielten Recherchen und harten Fakten etwas für Euch tun.
Die statistischen Erkenntnisse zu Riester Rente könnten nach meiner Meinung für eine passende Fallkonstellation vor dem Verfassungsgericht relevant sein. Das Bundessozialgericht hatte zwar gut vorgelegt, aber die Sachargumentation zerfällt weitgehend bei Betrachtung dieser Fakten. Der VDK ist nach meiner Information an der Sache noch dran. Deshalb werde ich hier nochmal tätig werden. Was dabei herauskommt, kann ich natürlich nicht vorhersehen. Es ist traurig, wie eine europäische Finanzpolitik die private Altersversorgung in Trümmern legt. Anschließend machen Politiker diese zum verschwindenden Ersatz für die gesetzliche Rente – um danach einen doppelten Krankenkassenbeitrag zu kassieren.
Guten Tag,
ich muss dem Beitrag von Herrn Dinkel zustimmen.Seit dem die Politik Geschäfte mit Maschmeyer und Co macht…ist die Glaubwürdigkeit gesunken. Das wird sich so schnell leider nicht ändern. Denn die Lobbyverbände der Wirtschaft sitzen mit dem Tisch und versuchen das meiste für ihre Klienten rauszuholen. Das ist immer zum Nachteil der Versicherten.
Hallo Sina!
Vielen Dank für diese Unterstützung. Inzwischen werte ich Dank Unterstützung der Blogleser mit deren Zustimmung Bedingungen und Versicherungsdaten aus Policen der Metallrente aus. Offensichtlich verbirgt sich nicht nur eine Art Geschäftsförderung dahinter, sondern nach ersten Erkenntnissen eine dramatische Umleitung von Sozial- und Steuergelder in die Überschusstöpfe der Versicherungen. Die Zahlen sind beeindruckend. Hier ist die Politik sehr großzügig. Bei doppelter Beitragserhebung für Krankenkassen sehr kleinlich. Ist das noch demokratisch?
http://www.dirk-feldhinkel.de
[…] Vergleich lohnt sich vor allem für Rentner mit einer Direktversicherung, denn sie zahlen monatlich – neben ihrer gesetzlichen Rente – auch für ihre Direktversicherung […]
[…] oder einmalig fließe. Darauf komme es nicht an, wie die „ZEIT“ das BSG zitiert. „Die Versicherung sei eine betriebliche Direktversicherung gewesen; eine zusätzliche ‚Versorgungszusage‘ durch den Arbeitgeber sei daher nicht […]
[…] möglichen Absenkung „eine Entscheidung mit Sprengkraft“. Die Entscheidung würde sich auf Direktversicherungen auswirken, auf Riester-Renten und andere private Altersvorsorgeprodukte. Auch das Versprechen der […]
[…] dessen bewirkt, was sie eigentlich erreichen will. Wer ohne Förderung fürs Alter spart, ist besser dran als beispielsweise mit einer Direktversicherung. Damit wird klar, dass die betriebliche Altersvorsorge im Allgemeinen und die Direktversicherung im […]