Führt das Arbeitslosengeld Q zur Frühverrentung?

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Wer 58 Jahre alt ist und arbeitslos wird, hat Anspruch auf 24 Monaten Arbeitlosengeld I. Das wollen Martin Schulz und Andreas Nahles von der SPD ändern. Das geplante „Arbeitslosengeld Q“ soll 48 Monate gezahlt werden, unter der Voraussetzung, dass sich der Arbeitslose weiter- oder umqualifiziert. Ist das der Startschuss für eine Frühverrentungswelle? Führt das Arbeitslosengeld Q zur massiven Frühverrentung?

Die Bundesarbeitsministerin Nahles hat die Agenda 2010 ja schon ein bisschen zurückgedreht – jetzt will sie noch weiter gehen, unterstützt vom SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Schulz und Nahles wollen damit vor allem älteren Beschäftigten helfen, die arbeitslos werden, dass sie länger Arbeitslosengeld beziehen können. Beide verweisen gern auf das Beispiel des 50-Jährigen, der nach 15 Monaten Arbeitslosengeld I (ALG I) bereits zum Hartz-IV-Empfänger wird. Tatsächlich ist es so, dass ein 50-Jähriger mit 30 Beitragsjahren schon nach 15 Monaten durchs Raster fällt.

Ist das ungerecht? Die SPD sagt „ja“, hat dieses System aber selbst eingeführt. Schulz sieht die damalige Entscheidung des Ex-Kanzlers Gerhard Schröder als „Fehler“, der korrigiert werden müsse. Mit diesem Vorschlag zieht die SPD jetzt in den Bundestagswahlkampf.

Was heißt das konkret?

Ja, was heißt das konkret? Kernpunkte des Nahles-Schulz-Vorschlags: längeres Arbeitslosengeld I, darüber hinaus das Recht auf Weiterbildung für Arbeitslose; die Bundesagentur für Arbeit (BA) soll künftig Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung heißen und mehr Kompetenzen bekommen; ferner sollen auch solche Arbeitslose ALG I bekommen, die noch nicht so lang beschäftigt waren; schließlich soll das Schonvermögens beim Bezug von Hartz IV von 150 Euro auf 300 Euro pro Lebensjahr verdoppelt werden.

Wer profitiert davon?

Wem kommt die Verlängerung des Arbeitslosengeldes zugute? Jedem, der eine Qualifizierungsmaßnahme macht. Nach drei Monaten ohne neue Beschäftigung soll die BA ein entsprechendes Angebot unterbreiten. Während der Umschulung, Weiterqualifizierung oder dem Nachholen eines Berufsabschlusses soll statt ALG I das neue Arbeitslosengeld Q – Q steht dabei für Qualifizierung – in gleicher Höhe gezahlt werden. Angenommen, die Qualifizierung hat nichts gebracht, dann zahlt die BA weiter ALG I.

Wie die SPD das „Recht auf Weiterbildung“ versteht:

Wir wollen ein Recht auf Weiterbildung einführen. Die Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung soll gesetzlich verpflichtet werden, Arbeitslosen, die innerhalb von 3 Monaten keine neue Beschäftigung finden, ein Angebot für eine Qualifizierungsmaßnahme zu machen, die die Vermittlungschancen nachhaltig erhöht (keine Kurzschulungen oder Kurzzeitpraktika). Das Recht auf Weiterbildung beinhaltet eine umfassende Kompetenzerfassung, einschließlich informeller Kompetenzen. Darauf aufbauend erfolgt eine gezielte Weiterbildungsberatung. Die anschließenden Weiterbildungsmaßnahmen können auch im Nachholen eines Berufsabschlusses oder einer Umschulung bestehen. Die Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung sucht bereits in den letzten drei Monaten der Weiterbildungsmaßnahme passende Arbeitsplatzangebote, die der neu erworbenen Qualifizierung entsprechen. Nach erfolgreichem Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme soll die Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung auf Basis der neu erworbenen Qualifizierung erfolgen.

Die wirklichen Profiteure der SPD-Pläne wären Besserverdienende, denn Geringverdiener stellen sich manchmal mit Hartz IV nicht schlechter als mit ALG I. Klingt paradox, aber ALG I bringt es nur auf 60 Prozent des Nettolohns. Wer wenig verdiente, kommt mit 60 Prozent seines letzten Lohns nicht weit. Alleinstehende Hartz-IV-Bezieher bringt es derzeit im Monat auf 409 Euro. Samt der vom Jobcenter übernommenen Wohnkosten ist häufig der Abstand zum ALG I nicht mehr allzu groß. Mit Frau und einem Kind, kommt man – ohne Wohnkosten – sogar auf mehr als 1000 Euro. Wie kommen die Pläne von Nahles und Schulz an? Bei den Gewerkschaften gut. Auch die Opposition begrüßt die Ankündigungen, hält sie aber für völlig unzureichend, da am Hartz-IV-System nicht gerüttelt werde. Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer wirft der SPD vor, vor allem ältere männliche Facharbeiter im Blick zu haben. Die Union schießt scharf gegen Schulz – ein Linksruck, verbunden mit Schlechtreden des Landes, helfe nicht weiter. Statt das ALG I länger auszuzahlen, müsse an der Agenda 2010 festgehalten und das Wachstum befördert werden.

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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Ist es nicht jämmerlich, was wir uns auf der Politbühne da so leisten? Wir zählen Erbsen ohne Ende, vernebeln Tatsachen, kalkulieren Optionen nicht bis zum Ende, übersehen, was insbesondere ältere Arbeitnehmer in allen Bereichen an Lebens- und Erfahrungsreichtum der Gesellschaft zur Verfügung stellen. Und das Szenario nur, um im Wahlkampf ein Pünktchen machen zu wollen. Wen gibt es endlich mal auf der Bühne, der zum großen Wurf ansetzt? Was ist mit dem bedingungslosen Grundeinkommen für „jede Nase“ dh. 81 Millionen Deutsche. Sagen wir mal: Euro 1.000,– im Monat. Hallo, nicht gleich aufjaulen. Mal gegenrechnen: alle, aber auch wirklich alle Subventionen, die wir auf EU- und Bundesebene so zahlen, ohne dass irgendeiner mal gegenrechnet. Bitte nicht nur die ausgezahlten, oder bereitstehenden Euros addieren, sondern auch die gesamten Verwaltungskosten in form von Mieten, Büro, -Maschinerie, Personal, Energie etc. dagegen rechnen. Das muss im Hause Schäuble möglich sein. Mal angenommen, wir schütten 100 Milliarden Euro p.a. aus und haben die angesprochenen Verwaltungskosten eingespart, wie hoch ist das Delta zwischen „jetzt und dann“??
    Wie ließe sich das Delta schließen, bzw. finanzieren??
    Scheinargumente dagegen: da geht keiner mehr maloochen! Glaube ich nicht, weil jeder einen Sinn sucht für das, was ihn hier auf Erden umtreibt.
    Die 2. Mio. Menschen, die auch möglicherweise heute schon keinen Bock auf gar nichts haben, die ziehen wir so oder so durch, damals wie heute.
    Ein Volk mit nur noch Faulpelzen: nun: hier gibt es eine Steuergesetzgebung, die dieses Phlegma beeinflussen kann:
    Wenn jeder Euro 12.000,– im Jahr „Almosen“ vom Staat kriegt, setzt z.B. bei Euro 20.000 im Jahr die Progression ein, dh. 8.000,–Euro p.a. kann ein jeder steuer- aber nicht sozialversicherungsfrei, hinzuverdienen. Dann kommt der christliche Grundsatz zum Tragen: ein jeder zahlt den 10. Teil seines Bruttoeinkommens Lohn,- oder Einkommenssteuer, dh. Leute wie Winterkorn zahlen Euro 1.600.000 Millionen Steuern pa, während Otto und Linchen-Normalverbraucher bei einem gemeinsamen Brutto-Einkommen von 35.000.,— Euro 3.500 Einkommens-bzw. Lohnsteuer bezahlen. Der Abteilungsdirektor mit einem Einkommen von 200.000 Euro halt 20.000,–Euro usw. Und die Firmen, die in Deutschland wertschöpfen: na logo: alle auch den 10. Teil. dh. bei Mittelständlern von 2.000.000 Euro Nettoumsatz: 200.000,–Steuern,
    bei den fetten Braten wie Siemens, VW. BASF etc…. entsprechende Millionen. Aber wirklich jeder, auch die, die damit spielen, ihre Firmensitze nach Guersey Island zu verlegen. Die kommen aus unseren Klauen nicht heraus.
    Thema Rente: also: jeder Einzelne kriegt also mit dem Erreichen seiner individuell eingereichten Rente (der 58ig-Jährige wie auch der 65jährige) ohne hin schon mal 12.000,–Euro bedingungsloses Grundeinkommen (wie schon seit Jahren….). Dann hat eben dieser auch noch Euro 8.000,– steuerfreien Hinzugewinn, wenn er noch weiter arbeiten will. Bedenke: alle glücklichen Rentnerpaare verfügen somit über Euro 40.000,–, wenn beide noch etwas hinzuverdienen wollen. Nicht schlecht finde ich…. Ach, bevor ich diese Spezies vergesse: Ärzte, Anwälte, Beamte (von denen brauchen wir dann nämlich auch noch weniger, s.o.) usw. gehören selbstverständlich auch in dieses Konstrukt, dh. sie kriegen, aber sie zahlen auch in den Gemeinschaftstopf ein.
    Nun noch: weil es uns gerade so gut geht: man senke die Mwst von 19 auf 15%, die Rentenversicherungsbeiträge fallen dann ja auch weg. Bleibt die hohe Krankenversicherung: hier kann z.B. mal einer hergehen und überprüfen, was die Lobbies Pharma und Medizin an Einsparpotenzial haben. Die Arbeitslosenversicherung könnte umgemünzt werden in eine Art „Notfalltopf“ für all diejenigen, die auch jetzt noch kein Dach über dem Kopf haben und zur Tafel gehen müssten. Die ganze Konstruktion dient nämlich nach meiner Vorstellung der Absicherung nach „unten“. Es kann einfach nicht angehen, dass das 5.reichste Land dieser Erde Menschen hat, die bei uns unter Brücken schlafen und wie Flüchtlinge am Feuer des heißen Suppentopfes anstehen, um sich a. die Hände zu wärmen und b. was Warmes in den Bauch zu kriegen.
    Wenn Sie mich nunmehr für einen Fantasten halten: nun ja, bitte sehr: Ich finde, es lohnt sich, einfach mal über eine solch verrückte Idee nachzudenken. Feinschleifen muss jeder Handwerker, bevor er sein Meisterstück abliefert.

    Antworten
    • Helmut Achatz
      9. März 2017 11:14

      Krake Staat ist schon viel zu mächtig geworden. Es wird Zeit, das Rad wieder ein Stück zurückzudrehen. Ich bezweifle allerdings, dass das gelingt, nach dem im Bundestag ja mehrheitlich Beamte sitzen. Es ist einfach ungehörig, wie der Staat uns ungefragt in die Tasche greift. Wer sich dagegen wehrt, verhungert am ausgestreckten Arm. Der Wegfall es Soli ist längst überfällig und auch die Senkung der Mehrwertsteuer. Schon heute bleibt jedem abhängig Beschäftigten weniger als die Hälfte von seinem Brutto übrig – und das ist nur die halbe Wahrheit, denn dazu kommen ja noch Verbrauchssteuern, neben der Mehrwertsteuer, noch Minerölsteuer, Versicherungssteuer … und die Sektsteuer, die damals zur Finanzierung der Kriegsflotte unseres letzten Kaisers eingeführt worden war.

      Antworten
  • Hans-Elmar
    9. März 2017 23:38

    Die Frühverrentung ist schädlich für die Rentenkasse und sollte abgeschafft werden. Eine Qualifizierung von Arbeitnehmern ist grundsätzlich eine gute Idee. Es ist auch eine gute Idee eine Umschulung zu fördern wenn die Tätigkeit eines Arbeitnehmers nicht mehr gefragt ist. Ob nun noch eine Umschulung im Alter von 58 Jahren ratsam ist wage ich zu bezweifeln. Als weitaus bessere Lösung gegen eine Frühverrentung sehe ich einen unbefristeten Kündigungsschutz für Arbeitnehmer über 50 an die dem Betrieb mindestens 15 Jahre treu waren. Diese Regelung gibt es bereits in vielen Tarifverträgen. Beim BAT z. B. bereits ab dem Alter von 40 Jahren und könnte auch gesetzlich auf alle Betriebe übertragen werden. Das würde auf jeden Fall verhindern daß sich die Betriebe von den älteren Arbeitnehmern schnell trennen können.

    Antworten
  • […] das ist jetzt vielleicht etwas sehr vereinfacht ausgedrückt. Deswegen ist es nötig, die jüngsten Maßnahmen von Sozialministerin Andrea Nahles zu hinterfragen, die jetzt dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz zuarbeitet – und wie es […]

    Antworten

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