Werbung
Die ersten der Babyboomer sind schon in Rente gegangen, der Rest folgt demnächst. Zeit, sich mit ihnen zu beschäftigen. Was bedeutet das für die Gesellschaft?
Jahrgang 1964 feiert 2024 seinen 60. Geburtstag – immerhin 1,35 Millionen. Frühestens in drei Jahren können sie in Rente gehen. Die Vorhut hat sich bereits verabschiedet, einige sind gerade dabei. Büros und Werkbänke leeren sich langsam. Der Soziologe Heinz Bude versucht, in seinem Buch „Abschied von den Boomern“ zu beschreiben, wer wir sind.
Babyboomer gehen langsam
Was haben die Boomer gemeinsam? Eigentlich nur, dass sie Kriegsenkel sind. Ansonsten wird es schon schwierig. Die Erfahrungen hängen davon ab, wo wir geboren wurden, sprich, ob in Ost oder West, ob in der Großstadt oder auf dem Land, ob noch von den 68er angehaucht oder Post-68er. Aber wir alle hatten Kriegskinder als Eltern. Wir sind eine Generation mit inneren Widersprüchen und unterschiedlichem Erfahrungsschatz. Was wir noch gemeinsam haben? Wir waren viele. Wer zwischen 1946 und 1964 geboren wurde, ist in überfüllten Klassenzimmern zur Schule gegangen, musste sich nach der Decke strecken, um einen Ausbildungsplatz zu finden.
Der Abschied naht
Das beschreibt Heinz Bude in seinem Buch „Abschied von den Boomern“. Wir, vor allem die frühen Babyboomer, hatten es nicht leicht. Die Väter waren kaum da, weil damals von einer 40-Stunden-Woche keine Rede war. Aber selbst, als sie nach Hause gekommen waren, mussten sie sich vielleicht ums eigene Häuschen kümmern, für das sie viele Stunden Eigenleistung erbrachten. Heinz Bude, als Jahrgang 1954 ein früher Boomer, beschreibt, wie sich mit dieser Generation auch ein Lebensgefühl verabschiedet, das unsere Gesellschaft über Jahrzehnte geprägt hat. Sein Buch ist nicht eine „große Systematik, sondern eher eine Art essayistisches Generationen-Movie“, wie es der „Deutschlandfunk“ beschreibt.
Corned Beef und Schmelzkäse
Bude beschreibt in seinem Buch, wie wir Boomer gelebt, was wir gedacht, wofür wir geschwärmt, was uns geärgert hat. Das sind Corned Beef und Schmelzkäse, weil’s damals eben billig war und satt gemacht hat. Die ersten Aldi-Läden haben eröffnet, die Anti-AKW-Demos generierte Schlagzeilen. Es sind die kleinen Erzählungen, die sich wie Mosaiksteinchen zu einem Bild fügen.
Der Anfang ist gemacht
Mit den 144 Seiten von Budes Buch sind die Boomer sicher noch längst nicht erschöpfend beschrieben. Bude hat aber einen Anfang gemacht. Das haben auch Maja Beckers und Alexander Cammann von „Zeit-Online“ in ihrem Podcast „Alle Macht den Boomern“ erkannt. Offensichtlich hat Bude noch längst nicht alle Aspekte der Boomer abgebildet – Gustav Seibt von der „Süddeutschen Zeitung“ meint, „dass Budes Sammlung von Boomer-Erfahrungen sich vor allem auf den Berliner Dunstkreis beschränkt“.
Für Babyboomer ist das Buch eine genüssliche Reise in die Vergangenheit – und ein Schubs zur Selbsterkenntnis.
Das Buch
erschienen Januar 2024
Carl Hanser Verlag, München
144 Seiten
Preis 22,00 Euro, Kindle 16,99 Euro
ISBN 978-3-446-27986-5
Werbung