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Der Finanzminister will die Doppelbesteuerung von Rentner zumindest abmildern – mit dem Wachstumschancengesetz.
Mit dem Wachstumschancengesetz will der Finanzminister Christian Lindner die Doppelbesteuerung von Rentnerinnen und Rentnern wenigstens etwas abmildern. Der Weg für das Gesetz ist nach Querelen mit grünen Familienministerin Lisa Paus jetzt endlich frei. Sie hat die Blockade der steuerlichen Entlastungen von Millionen Rentnern aufgegeben. Das Gesetz hätte eigentlich Mitte August vom Kabinett verabschiedet werden sollen, was wegen ihres Einspruchs nicht möglich war. Nach der Regierungsklausur in Meseberg Ende August ist das Wachstumschancengesetz abgenickt. Geplant ist, dass das Wachstumschancengesetz am 1. November 2023 rückwirkend für 2023 in Kraft tritt.
Lächerliche Entlastung von Rentnern
Allzu viel Freude dürfte bei Rentnern und Vorruheständler allerdings nicht aufkommen: Die steuerliche Entlastung von Rentner im bisherigen Entwurf ist mehr als lächerlich: Der steuerpflichtige Anteil soll 2023 nicht wie geplant auf 83 Prozent steigen, sondern „nur“ auf 82,5 Prozent. Rentnerinnen und Rentner werden gerade einmal um 0,5 Prozent entlastet. Da fällt jedem, der sich etwas mit der Materie auskennt, nur ein Urteil ein: „lächerlich“.
Doppelbesteuerung abgemahnt
Schon vor zwei Jahren hatte der Bundesfinanzhof (BFH) das Finanzminister aufgefordert, die Rentenbesteuerung neu zu regeln. Erst jetzt liegt ein Gesetzesentwurf vor – und der ist geradezu lächerlich und wurde noch von der Familienministerin Paus boykottiert. Jetzige Rentnerinnen und Rentner schauen sowieso in die Röhre, lediglich zukünftige Rentnerinnen und Rentner profitieren davon, wobei „profitieren“ übertrieben ist. Die Renten sollen nicht, wie bislang, schon ab 2040 voll besteuert werden, sondern erst ab 2058. Die Besteuerung der Renten wird ab 2023 lediglich zeitlich gestreckt und der Besteuerungsanteil legt pro Jahr nicht um ein Prozent, sondern nur um ein halbes Prozent zu. Das heißt, statt 83 Prozent werden 2023 „nur“ 82,5 Prozent besteuert und 17,5 Prozent bleiben steuerfrei statt 17 Prozent, falls das Gesetz durchgeht.
Entwicklung des Rentenfreibetrags
Rentenbeginn | Steuerpflichtiger Anteil in Prozent | Rentenfreibetrag in Prozent |
---|---|---|
2005 | 50 | 50 |
2015 | 70 | 30 |
2016 | 72 | 28 |
2017 | 74 | 26 |
2018 | 76 | 24 |
2019 | 78 | 22 |
2020 | 80 | 20 |
2021 | 81 | 19 |
2022 | 82 | 18 |
2023 | 82,5 | 17,5 |
2024 | 83 | 17 |
2025 | 83,5 | 16,5 |
2026 | 84 | 16 |
2027 | 84,5 | 15,5 |
2028 | 85 | 15 |
2029 | 85,5 | 14,5 |
2030 | 86 | 14 |
2031 | 86,5 | 13,5 |
2032 | 87 | 13 |
2033 | 87,5 | 12,5 |
2034 | 88 | 12 |
2035 | 88,5 | 11,5 |
2036 | 89 | 11 |
2037 | 89,5 | 10,5 |
2038 | 90 | 10 |
2039 | 90,5 | 9,5 |
2040 | 91 | 9 |
2058 | 100 | 0 |
Finanzminister Christian Lindner glaubt, damit der Forderung des BFH gerecht zu werden, dass aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Regelung künftige Rentenjahrgänge „von einer doppelten Besteuerung betroffen sein könnten“, wie das Internetportal „Ihre Vorsorge“ schreibt. Die Besteuerung neu bewilligter Renten soll künftig auf 0,5-Prozent-Schritte verlangsamt werden. Die vollständige Besteuerung neuer Renten verschiebt sich damit von 2040 auf 2058. Aber selbst nach dem geplanten Wachstumschancengesetz bleibt die Doppelbesteuerung bestehen und wird nur etwas abgemildert. Das Internetportal „In Franken“ zitiert den Finanzmathematiker Werner Siepe, der noch immer eine Doppelbesteuerung berechnet hat: „Für Rentner*innen, die 2017 in Rente gegangen sind, liegt der zu viel besteuerte Anteil während des Berufslebens knapp unter 10.000 Euro. Bei Rentnern, die 2020 in den Ruhestand gegangen sind, lag der Betrag bereits bei mehr als 22.000 Euro. Wer 2040 die Rente antritt, bei dem wurden über 53.000 Euro zu viel besteuert.“ Die aktuelle Übergangszeit gehe also nicht auf, teilweise werden mehr als 20 Prozent der Rente zusätzlich besteuert. Erst in 50 Jahren habe dies laut der Studie von Finanzmathematiker Werner Siepe ein Ende.
Steueranteil steigt immer weiter
Das Problem, dass Rentenerhöhungen zu 100 Prozent besteuert werden, hat das Finanzministerium vollkommen ausgeblendet. Durch diesen Mechanismus steigt der prozentuale Besteuerungsanteil von Bestandsrentnerinnen und -rentnern nach und nach immer weiter an. Wer also beispielsweise 2017 mit einem Besteuerungsanteil von 74 Prozent (26 Prozent steuerfrei) ging, kommt mittlerweile nach fünf Rentenerhöhungen auf 72 Prozent Besteuerungsanteil (24 Prozent steuerfrei) seiner jetzigen Rente. Jeder, der 2017 in Rente ging, kann das anhand seiner Unterlagen selbst nachrechnen.
Die Rentner sind die Dummen
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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
[…] steuerfrei, 82 Prozent sind zu versteuern. Eigentlich sollte der zu versteuernde Anteil durch das Wachstumschancengesetz nicht ganz so schnell steigen, aber das Gesetz wird beraten, beraten, beraten … Der […]