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Was hat Volkswagen mit Rentnern zu tun? VW und Rentner? Nein, es geht nicht um die Ex-Beschäftigten von Volkswagen, die jetzt ihre Renten beziehen, sondern um Kaliforniens Lehrer, die in punkto Altersvorsorge auf die VW-Aktie gesetzt haben und jetzt die Ausgeschmierten sind. Denn, eine VW-Aktie ist heute nur noch einen Bruchteil dessen wert, was sie vor dem Abgasskandal wert war. Die VW-Aktie rauschte nach dem Bekanntwerden der Manipulation der Abgaswerte per Software in Dieselfahrzeugen von VW zwischenzeitlich mehr als 40 Prozent nach unten – oder anders ausgedrückt, der Kurs fiel von annähernd 170 Euro auf 92 Euro. Was für ein Wertverlust – und der trifft kalifornische Pensionäre, denn sie haben in den Pensionsfonds California State Teachers’ Retirement System (CalSTRS) investiert, der durch den Abgasskandal Millionen verlor. Mittlerweile ist der Kurs zwar wieder deutlich über hundert Euro, der Verlust für die Pensionäre ist aber immer noch groß. Der Pensionsfonds verwaltet die Rentenversicherung von rund 900 000 Lehrern und ihren Familien in Kalifornien. Die Amerikaner setzen weitgehend auf kapitalgedeckten Altersversorgung, denn staatliche Altersversorgung sichert mit einem Renteniveau von 47 Prozent des letzten Lohns gerade einmal die bloße Existenz, zu mehr reicht’s nicht.
Geld zurück von Volkswagen
Volkswagen hat die Reaktion der Amerikaner falsch eingeschätzt, die sich nichts gefallen lassen und sofort zum Kadi gehen, wenn ein Unternehmen die Ad-hoc-Meldepflicht mit Füßen tritt. Was eine Ad-hoc-Mitteilung ist, formuliert das ARD-Börsenlexikon so:
Meldung seitens des Unternehmens, die alle Aktionäre gleichmäßig/gleichzeitig erreichen soll. Börsennnotierte Unternehmen sind nach §15 WpHG verpflichtet, Unternehmensnachrichten, die den Aktienkurs potenziell erheblich beeinflussen können, unverzüglich zu veröffentlichen.
Nun will der US-Pensionsfonds Volkswagen in Deutschland verklagen. Die Rentengeld-Verwalter sehen nicht ein, dass sich durch das selbstherrliche Verhalten des damaligen Konzernchefs Martin Winterkorn Millionen verlieren – und wollen sich einen Teil des Geldes per Gerichtsverfahren zurückholen, sprich, wie wollen Schadenersatz. CalSTRS war bei VW richtig dick eingestiegen und besaß wohl Ende Dezember 2015 Anteile an Volkswagen im Wert von umgerechnet knapp 48 Millionen Euro.
Klagewelle rollt
VW versteift sich darauf, dass die Ad-hoc-Pflicht nicht verletzt worden sei. Die Kläger allerdings sind der Meinung, VW habe schon viel früher die Brisanz dieses Themas erkannt.
Übrigens, auch der zweite große US-Pensionsfonds California Public Employees’ Retirement System (Calpers) will gegen VW klagen. Anscheinend ist Calpers auf die deutsche Anwaltskanzlei Nieding + Barth zugegangen, die zahlreiche institutionelle Anleger in den USA und Großbritannien gegen VW vertreten.
Die Kanzlei Nieding+Barth kooperiert übrigens mit der Kanzlei MüllerSeidelVos, „um den Geschädigten in der Angelegenheit um die Manipulationen bei den Dieselfahrzeugen des Volkswagen-Konzerns zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu verhelfen“. Wer nicht einzeln klagen will, könne sich auch an einem Musterverfahren nach dem Kapitalanleger Musterverfahrensgesetz (=KapMuG) beteiligen.
Was Volkswagen vorgeworfen wird, hat die Kanzlei Nieding + Barth kurz zusammen gefasst:
Es wurde festgestellt, dass der deutsche Autobauer eine Manipulations-Software in seinen Dieselfahrzeugen installiert hat. Diese Software erkennt, wann sich ein Fahrzeug in einer Werkstatt und auf dem Prüfstand befindet. Die Erkennung dieses Zustandes erfolgt über eine Kombination verschiedener Werte. So wird zum Beispiel die Gaspedalstellung mit dem gleichbleibenden Lenkwinkel oder Werten vom ESP zusammengefügt. Erkennt die Software, dass sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet, so schaltet sie in den „Clean Modus“. Dabei werden Einspritzzeitpunkt, Luftmenge und der Takt der Verbrennung angepasst, um so bessere Emissionswerte zu erzielen und die jeweiligen Abgasnormen einzuhalten. Die Software führte zu Abgaswerten, die die US-amerikanischen Normen einhielten. Tatsächlich lagen die Abgaswerte um das bis zu 35-fache über den Normwerten. Die Software trägt den Namen „Defeat Device“ und wurde in Diesel-Motoren Typ EA 189 mit 1,6 und 2,0 Litern Hubraum Modellen der Baujahre 2009 bis 2015 eingebaut.
Die Kanzlei hat alle Infos rund um den Abgasskandal auf einer Webseite zusammengetragen – mit dem sinnigen Namen „Wolfsburggate“.
Am 7. März kam eine Pressemitteilung von Nieding. Danach beantragt Volkswagen nun selbst ein Musterverfahren:
Der Druck auf die Volkswagen AG seitens der Investoren nimmt immer weiter zu. Jetzt hat das Unternehmen selbst die Eröffnung eines Musterverfahrens beantragt. „Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich. Für die geschädigten Anleger ist das eine gute Nachricht. Bisher hat sich VW ja eher wenig anlegerfreundlich gezeigt. Noch vor kurzem wurde unserem Antrag, zu erfahren, wie viele Musteranträge bereits am Braunschweiger Landgericht gegen VW wegen einer Verletzung der Ad hoc-Meldepflicht anhängig sind, seitens des Unternehmens widersprochen“, kommentiert Klaus Nieding, Vorstand der Nieding+Barth Rechtsanwaltsaktiengesellschaft, die in Sachen Volkswagen mit der Kanzlei MÜLLER SEIDEL VOS kooperiert … Mit rund 80 institutionellen Investoren, darunter einer der großen Investoren aus dem Nahen Osten, sowie 6.500 registrierten privaten Anlegern sowie einer Euro-Schadenssumme in dreistelliger Millionenhöhe vertreten Nieding + Barth und MÜLLER SEIDEL VOS wohl die derzeit größte Klageplattform für VW-Aktionäre in Deutschland. „Aufgrund der von uns vertretenen breiten Investorenbasis streben wir ganz klar an, in einem Musterverfahren den Musterkläger zu stellen“, sagt Niedung.
Interessierte Anleger können sich auf der eigens eingerichteten Homepage
Weiterführende Links:
- Kurier.at: Erste Klagewelle von österreichischen Aktionären
- Los Angeles Times: California pension funds to sue VW over diesel scandal
- Wirtschaftswoche: Was wusste Winterkorn?
- USAtipps: Amerikanisches Rentensystem
#Dieselgate: Wollte #VW den Abgasskandal geheim halten? https://t.co/rseqYQhC16
"legitimes Geheimhaltungsinteresse" Hmmm …— egghat ¯_(ツ)_/¯ (@egghat) March 7, 2016
#Dieselgate bei #VW oder "Der Fall #Winterkorn" https://t.co/sppz6vmY4z #Handelsblatt exklusiv mit @Stahlhammer
— Volker Votsmeier (@VolkerVotsmeier) March 6, 2016
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht…. #volkswagen #dieselgate https://t.co/dgazPRKHq3
— marktEINBLICKE (@markteinblicke) March 7, 2016
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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Ohne den Pensionsfond mit den Volkswagen Aktien sind die Lehrer in Kalifornien genau so arm dran wie die deutschen Rentenanwärter von 2016.Mit nur 47% ihres letzten Einkommens können sie keine grossen Sprünge mehr machen. Da ist Volkswagen gefragt.Es sollte endlich den Erfinder dieser Betrugssoftware benennen dass die Abgaswerte falsch deklariert. Da das Klagen in Amerika gute Sitte ist und das Herz jeden Rechtsanwalts höher schlagen lässt erwarten jetzt Millionen von Bild Lesern und auch andere Bürger dass VW die Katze aus dem Sack lässt und die armen amerikanischen Pädagogen im Ruhestand nicht verhungern müssen. Es wäre eine Schande für die Zivilisation wenn der Arni Schwarzenegger jetzt als ehemaliger Governer auch noch den Unterhalt seiner pensionierten Lehrer bezahlen müsste weil Volkswagen kein Geld mehr hat.