Je t’aime im James-Last-Sound

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Die Wahrheit über 60er-, 70er- und 80er-Jahre – früher war nicht alles besser, aber anders. Wie wäre es mit einer nostalgischen Reise in jene Jahre?

„Je t’aime, oh oui je t’aime, oh mon amour“, hauchte Jane Birkin und versetzte uns in Ekstase. Obwohl die meisten vermutlich nicht genau wussten, was sie sang, haben es alle verstanden. Ja, so verrucht waren die 70er – oder doch nicht, denn Je t’aime gab’s auch in einer James-Last-Version für biedere Gemüter.

Ihr Lover Serge Gainsbourg hatte selbst im Video den Glimmstängel im Mundwinkel, wie damals so üblich. Keiner dachte sich damals etwas und zündete sich ungeniert eine Zigarette an, selbst im Beisein von Kindern – heute ein Ding der Unmöglichkeit. Aber damals war’s halt so.

Früher war alles anders

Früher war alles … nein, eben nicht besser, sondern anders.“ Diese Aussage zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch „Früher war alles anders“ von Frank Jöricke. Jöricke betont, dass es nicht um Verklärung geht, sondern um eine ehrliche, oft humorvolle Rückschau. Das Inhaltsverzeichnis lässt schon ahnen, dass er sich viele Aspekte des damaligen Alltags vorgenommen hat – das schließt den Sonntagsbraten, Schule, Schlager, Statussymbole, Süßes, Schlips und Sendeschluss sowie Sperrstunde ein.

Man versandte Telegramme, schaute Schwarzweiß und den Grand Prix Eurovision de la Chanson.

Als es die DDR noch gab

Er geht auch auf die DDR, Fußballerfrisuren und den Grand Prix Eurovision de la Chanson, dessen Übertragung mit den ersten acht Takten von Marc-Antoine Charpentiers „Te Deum“ begann. 2001 wurde dann aus Grand Prix Eurovision de la Chanson der Eurovision Song Contest, kurz ESC. Erst 1982 gewann erstmals eine Deutsche (Nicole) mit ihrem Lied „Ein bisschen Friede“ den Grand Prix. Apropos „bisschen“, das schrieb sich damals noch „bißchen“.

Allein diese Reminiszenz zeigt schon, wie viel sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert hat. Wer heute „Telefonieren“ sagt, meint ganz etwas Anderes als das, was in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren üblich war: Wir „Whatsappen“ lieber als zum Hörer zu greifen, wobei von „Hörer“ keine Rede mehr sein kann. Bis zur Jahrtausendwende gab es noch rund 170 000 Telefonzellen, heute nur noch schätzungsweise 12 000 davon, wobei sie mittlerweile alle deaktiviert sind und bis Ende 2025 ganz aus dem Stadtbild verschwinden sollen. Denn, mittlerweile hat jeder – mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen – ein Handy, oder sollte ich besser Smartphone sagen. Jöricke lässt uns an diesem technischen Umbruch teilhaben.

Heute laufen Boomer und Generation X, die letzten im analogen Zeitalter Geborenen, durch die Gegenwart und staunen.

Filterkaffee statt Cappuccino

Damals war die Welt noch analog und meditativer als heute. „News“ hießen noch „Nachrichten“ – und die verbreiteten sich in einem gemächlicheren Takt als heute. „In der vordigitalen Welt reichte es, die ‚Tagesschau‘ zu sehen und die Zeitung zu lesen, um sich informiert zu fühlen“, beschreibt es Jöricke recht anschaulich. Heute laufen die „News“ ständig ein. Journalisten haben ihre Deutungshoheit verloren, denn viele, nicht alle, bilden sich ihre Meinung übers Internet. „Das Ganze hatte etwas Meditatives. Wie eine kollektive Andacht. Und der Weihrauch, das war jene einzigartige Geruchsverbindung aus Druckerschwärze und frisch gebrühtem Filterkaffee.“ Und was den Filterkaffee betrifft – wer trinkt den noch? Mittlerweile steht in den meisten Haushalten eine Espressomaschine, aus der Latte Macchiato oder Cappuccino fließt.

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Keine verklärte Vergangenheit

Jörickes Nostalgiereise beginnt in den 60ern und endet in den 80er Jahren – die Jahrzehnte vor der digitalen Revolution, in der wir Babyboomer aufwuchsen, ohne Handy, ohne PC, ohne Internet. In 60 pointierten, humorvollen Texten beleuchtet er typische Phänomene dieser Jahrzehnte – von der „Bravo“ über Partykeller bis hin zum Stammtisch. Wer erinnert sich noch an „Vokuhila“ – der Vorne-kurz-hinten-lang-Schnitt breitete sich in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren wie eine Seuche aus.

Was das Buch besonders macht, ist Jörickes Balance zwischen liebevoller Erinnerung und kritischer Distanz. Er verklärt die Vergangenheit nicht, sondern zeigt, wie sehr sich unsere Welt verändert hat – und wie faszinierend diese Veränderungen sind. Dabei spricht er vor allem die Generation der „Boomer“ und der frühen „Generation X“ an, die sich in vielen Anekdoten wiederfinden dürften.

Ideale Lektüre für zwischendurch

Der Stil ist leicht, unterhaltsam und oft augenzwinkernd, was das Buch zu einer idealen Lektüre für zwischendurch macht. Gleichzeitig regt es zum Nachdenken an: über den Wandel der Gesellschaft, über das eigene Aufwachsen und darüber, wie wir heute leben.

„Früher war alles anders“ ist ein kluges, charmantes und sehr persönliches Buch, das Erinnerungen weckt und gleichzeitig den Blick für die Gegenwart schärft. Für alle, die gerne schwelgen, schmunzeln und staunen.

Frank Jöricke - früher war alles anders

Früher war alles anders
Frank Jöricke
Hardcover, 208 Seiten
Yes Publishing
Preis: 18,00 Euro
Erschienen: März 2025 ISBN: 978-3-96905-368-3 Kindle-Version 13,99 Euro

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Helmut Achatz

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