Warum 48 Prozent Rentenniveau nicht reicht

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Das Rentenniveau sinkt seit den 70ern. Die 48-Prozent-Sicherung ist ein „Trick“, der Riester voraussetzt. Was bedeutet das für die Altersvorsorge von Millionen?

Das Rentenniveau – ein zentraler Indikator für die Alterssicherung – ist seit Jahrzehnten im Sinkflug. War das Rentenniveau 1977 noch bei stolzen 59,8 Prozent des Durchschnittslohns, so sank es bis zum Tiefpunkt 2015 auf nur noch 47,7 Prozent. Für alle, die sich auf den Ruhestand vorbereiten, sind die aktuellen Entwicklungen der gesetzlichen Rente entscheidend. Denn sie zeigen: Wer sich allein auf die gesetzliche Säule verlässt, riskiert eine empfindliche Lücke im Alter.


😈 Der 48-Prozent-Trick

Das sogenannte Standardrentenniveau ist das Verhältnis zwischen der Rente eines Modell-Durchschnittsverdieners (45 Versicherungsjahre) und dem aktuellen Durchschnittslohn. Die Politik reagierte auf den anhaltenden Abwärtstrend: Das Rentenpaket 2025, das jetzt im Bundestag beschlossen wurde, schreibt durch die Niveausicherungsklausel fest, dass das Rentenniveau bis Ende der 2030er-Jahre mindestens 48,0 Prozent betragen soll. Übrigens, die Juristen schreiben in den Sozialgesetzen auch nicht von Rentenniveau, sondern von „Sicherungsniveau vor Steuern“, also, sollten wir besser davon reden und nicht von Rentenniveau.

Aber Achtung: Diese Zahl ist mit einem entscheidenden Haken versehen – einem Trick im Gesetz (§ 154 Abs. 3 SGB VI):

Die Sicherung auf 48 Prozent setzt modellhaft voraus, dass Rentner die fehlenden vier Prozent durch geförderte zusätzliche Altersvorsorge (Riester-Rente) ausgeglichen haben.

Die Schlussfolgerung ist klar: Wenn Sie in den letzten Jahren nicht privat oder betrieblich vorgesorgt haben, liegt Ihr tatsächliches Rentenniveau, sprich, das Sicherungsniveau vor Steuern, niedriger als die oft zitierten 48 Prozent!

Insofern ist ein Blick in die Rentenformel aufschlussreich, denn dort ist der Riester-Faktor enthalten, der das Rentenniveau um vier Prozent senkt.

Rentenformel

In der Rentenformel ist der Riesterfaktor enthalten, der Nachhaltigkeitsfaktor ist ausgesetzt. 

📉 Riesterfaktor und Nachhaltigkeitsfaktor

Nachlesen kann das jeder in § 68 SGB VI. Riesterfaktor und Nachhaltigkeitsfaktor sind Bestandteil der Rentenanpassungsformel zur Bestimmung des aktuellen Rentenwerts (aRW).

Diese Faktoren, zusammen mit dem Beitragssatzfaktor und dem Lohnfaktor, beeinflussen die jährliche Rentenanpassung.

  • Der Riesterfaktor (offizieller Altersvorsorgeanteil AVA) wurde 2002 eingeführt, um die teilweise Verlagerung der Altersvorsorge in die private Form (Riester-Rente) in der Rentenanpassung zu berücksichtigen, und wirkt dämpfend.

  • Der Nachhaltigkeitsfaktor (im Gesetz Rentnerquotient RQ) wurde 2005 eingeführt und berücksichtigt das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern, um die langfristige finanzielle Tragfähigkeit der Rentenversicherung zu sichern. Er wirkt ebenfalls dämpfend, wenn sich das Verhältnis verschlechtert (mehr Rentner pro Beitragszahler) (§ 68 Abs. 4 SGB VI).

Die gesamte Formel zur Bestimmung des neuen aktuellen Rentenwerts ist in § 68 Absatz 5 SGB VI aufgeführt.

Allerdings wurde der Nachhaltigkeitsfaktor faktisch durch die Niveauschutzklausel zur Sicherung des Mindestsicherungsniveaus von 48 Prozent in der gesetzlichen Rente faktisch ausgesetzt. Das entsprechende RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetzes trat am 1. Januar 2019 in Kraft.


📌 Wichtige Details zur Niveauschutzklausel

  • Gesetzliche Grundlage: Die Regelung wurde in § 255e Absatz 1 SGB VI (Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) aufgenommen.

  • Ziel: Die Klausel sollte gewährleisten, dass das Sicherungsniveau vor Steuern der gesetzlichen Rente bis zum 30. Juni 2025 mindestens 48 Prozent beträgt.

  • Funktionsweise: Führt die Anwendung der eigentlichen Rentenanpassungsformel (mit Nachhaltigkeits- und Beitragssatzfaktor) zu einem rechnerischen Rentenniveau unter 48 Prozent, wird der aktuelle Rentenwert  stattdessen so festgesetzt, dass das 48-Prozent-Niveau genau erreicht wird. Dies war bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2024 erstmals der Fall.

  • Aktuelle Entwicklung: Die derzeitige Bundesregierung hat diese Haltelinie von 48 Prozent durch das Rentenpaket II (Gesetz zur Stabilisierung des Rentenniveaus) bis zum Jahr 2039 verlängert.

 


🪤 Die Kaufkraft-Falle: Ihre Rente im Realitäts-Check

Nicht nur das Verhältnis zum Durchschnittseinkommen ist gesunken, auch die Kaufkraft der Rente stand zeitweise unter Druck.

  • 2003 bis 2014: In diesem Zeitraum sank die reale Standardrente – die Kaufkraft Ihrer Rente hat sich also verringert.

  • Ab 2014: Erst in den Folgejahren stieg die reale Standardrente wieder an und erreichte das Niveau von 2003 erst im Jahr 2020.

Was Sie daraus lernen: Rentenerhöhungen sehen auf dem Papier gut aus. Entscheidend ist aber, was nach Abzug der Inflation (Verbraucherpreise) zum Leben bleibt.


🧭 Wichtige Fakten für Ihre Planung

Die gesetzliche Rentenversicherung ist das wichtigste Alterssicherungssystem in Deutschland:

  • Im Jahr 2019 bezogen 85 Prozent der Männer und 88 Prozent der Frauen ab 65 Jahren in Westdeutschland eine eigene Rente der gesetzlichen Rentenversicherung.

  • Trotz dieser hohen Verbreitung stammten 2019 in Westdeutschland nur 56 Prozent des Bruttoeinkommens der Über-65-Jährigen aus der gesetzlichen Rente.

Heißt im Klartext: Über 40 Prozent des Alterseinkommens in Westdeutschland stammt bereits heute aus zusätzlichen Quellen wie Betriebsrenten, Beamtenpensionen und privater Vorsorge.


📝 Handlungsplan: Ruhestand jetzt sichern

Die Modellrechnungen des Rentenversicherungsberichts zeigen, dass das Netto-Rentenniveau bis 2035 voraussichtlich auf 45,8 Prozent sinken wird. Was ja erst einmal nicht passieren wird, wegen der Niveausicherungsklausel. Aber wer nicht geriestert hat, dem fehlen heute schon vier Prozent. Der Lebensstandard kann nur gesichert werden, wenn die gesetzliche Rente ergänzt wird.

Jeder sollte sich folgende Fragen stellen:

  1. Kennen Sie Ihre Lücke? Haben Sie Ihre voraussichtliche Rentenhöhe der gesetzlichen Rente schon mit Ihren geplanten Ausgaben im Ruhestand verglichen?

  2. Welche Säulen nutzen Sie? Haben Sie neben der gesetzlichen Rente bereits eine Betriebsrente (bAV) und/oder eine private Vorsorge aufgebaut?

  3. Wie sind Sie abgesichert? Gehen Sie nicht davon aus, dass die 48 % für Sie gelten, wenn Sie keine geförderte Zusatzvorsorge (wie Riester) betrieben haben.

Der Vorunruhestand ist die perfekte Zeit, um diese Lücke zu schließen. Je früher Sie handeln, desto kleiner sind die Beträge, die Sie monatlich investieren müssen.

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Helmut Achatz

Macher von vorunruhestand.de

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