Bei 684.000 Rentnern reicht die Rente nicht

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Arm im Alter ist für viele Rentner bittere Normalität: Sie sind auf Grundsicherung angewiesen. Mittlerweile sind es offiziell 684.000 – und die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.

364.000 waren es 2006, 525.000 dann 2016, 544.000 ein Jahr später und 684.000 sind es 2023 – die Zahl der Grundsicherungsempfänger unter den Rentnerinnen und Rentner hat sich dem Statistischen Bundesamt zufolge, so die „Welt“ somit binnen 17 Jahren annähernd auf 684.000 verdoppelt. Dabei ist das nur die halbe Wahrheit, denn viele schämen sich zum Amt zu gehen, um sich vom Staat helfen zu lassen oder sie fürchten die Bürokratie. Die tatsächliche Zahl der armen Rentner dürfte weit höher sein.

Bei vielen Rentnern reicht die Rente nicht

684.000 Grundsicherungsempfänger erscheint noch nicht sonderlich hoch – das sind bezogen auf die Zahl der Rente nur wenige Prozent. Einen Anspruch auf Grundsicherung hätten aber vermutlich weit mehr Menschen, wie Johannes Geyer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsförderung (DIW) gegenüber „Bild“ erklärt: „Etwa 60 Prozent der Menschen im Rentenalter, die Anspruch haben, nehmen diese nicht wahr.“

Wer sich die Durchschnittsrenten genau anschaut, wird schnell feststellen, dass sich davon nicht leben lässt. Mehr als ein Viertel aller Rentner in Deutschland haben laut „Welt“ monatlich weniger als 1000 Euro zu Verfügung und liegen damit deutlich unter der offiziellen Armutsgrenze von 1250 Euro. Die Inflation, die im Juli 2023 bei 6,4 Prozent lag, verschärft das Problem, denn die Rentenerhöhung kann die Inflation nicht ausgleichen, was bedeutet, dass die Realrenten (Netto-Rente minus Inflation) sinken.

Die Grundsicherung im Alter kann in Einzelfällten einige Hundert Euro pro Monat ausmachen. Ungeschickt, dieses Geld nicht zu beantragen. Wer hat Anspruch? Wo ist die Grundsicherung zu beantragen? Was wird an Unterlagen verlangt? Wie wird die Grundsicherung beantragt? Hier die Antwort auf diese Fragen:

Wer hat Anspruch?

Jeder hat Anspruch auf Grundsicherung im Alter, wenn er die Regelaltersgrenze – die steigt je nach Geburtsjahrgang von 65 auf 67 Jahre – erreicht hat, die Rente gering ist und er seinen Lebensunterhalt damit nicht bestreiten kann.

Als einfache Faustregel gilt: Wenn Ihr gesamtes Einkommen unter 924 Euro liegt, sollten Sie prüfen lassen, ob Sie Anspruch auf Grundsicherung haben. (Deutsche Rentenversicherung).

Grundsicherung wird nur gezahlt, wenn der Wohnsitz in Deutschland ist.

Wo wird der Antrag gestellt?

Zuständig sind die kommunalen Behörden, meist das Sozialamt. Die Rentenversicherung kann indes bei der Antragstellung helfen.

Wie wird der Antrag gestellt?

Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. Formulare gibt es im Rathaus oder im Internet auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung. Hier der Antrag zum Herunterladen. Der Antrag gilt für zwölf Monate, danach muss ein neuer Antrag gestellt werden.

Welche Unterlagen sind mitzubringen?

Auf der Seite des Sozialverbands Vdk ist aufgelistet, was zum Termin beim Sozialamt mitzubringen ist.

Dazu gehören beispielsweise

  • der Antrag auf die Grundsicherung,
  • gültige Personaldokumente,
  • Einkommensnachweise,
  • Vermögensnachweise (Sparbuch, Festgeld),
  • der Rentenbescheid (wenn man Rente bezieht),
  • Kontoauszüge der letzten drei Monate,
  • der Mietvertrag,
  • Nachweise über Kranken- und Pflegeversicherung.

Wie berechnet sich die Grundsicherung?

Der Bedarf setzt sich zusammen aus einer Pauschale für den Lebensunterhalt von 446 Euro sowie den Ausgaben für Miete und Heizung. Dem gegenüber gestellt werden die Vermögensverhältnisse des Antragsstellers. Die Staat lässt dem Antragssteller ein „Schonvermögen“ von 10.000 Euro. Auch der erwachsene Lebenspartner/Ehepartner darf sich nunmehr auf einen Schonbetrag in Höhe von 10.000 Euro berufen. Wer darüber liegt, muss erst sein Vermögen verbrauchen – erst dann kann er Hilfe vom Staat erwarten. Das Sozialamt prüft auch die Einnahmen und sonstiges Vermögen. Für Renten aus Riester beispielsweise gibt es einen Freibetrag.

Was ist angemessen?

Praktisch bedeute das beispielsweise, dass für einen Grundsicherungsbezieher, der vor Bezug der Leistung in der Lage war, sich einen großen Flachbildschirm-Fernseher zu leisten, dieser auch während des Grundsicherungs-Bezugs als angemessen gilt. Auch der Besitz von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für den Hilfesuchenden oder seine Familie eine besondere Härte bedeuten würde, steht einem Grundsicherungsbezug nicht entgegen.

Wichtig: Auch eine kleinere Immobilie, die der Grundsicherungsbezieher selbst bewohnt, zählt zum Schonvermögen, muss also in der Regel nicht verkauft werden, bevor man Grundsicherung beziehen kann.

Miete

Bei der Miete schauen die Behörden genau hin. Was ist angemessen und was nicht? Es kommt vor, dass das Sozialamt Mieterinnen und Mieter auffordert, sich eine kleinere Wohnung zu suchen, was in Städten wie München utopisch ist. Das Sozialamt München beispielsweise setzt klare Richtwerte für die Bruttokaltmiete:

  • Eine Person mit einer Wohngröße bis 50 m²: 781 Euro
  • Zwei Personen mit einer Wohngröße bis 65 m²: 1.005 Euro
  • Drei Personen mit einer Wohngröße bis 75 m²: 1.184 Euro
  • Vier Personen mit einer Wohngröße bis 90 m²: 1.444 Euro
  • Fünf Personen mit einer Wohngröße bis 105 m²: 1.784 Euro
  • Sechs Personen mit einer Wohngröße bis 120 m²: 2.014 Euro

Welche Immobilie ist erlaubt?

Eindeutige gesetzliche Regeln, welche Immobilien für Bezieher von Grundsicherung erlaubt sind, gibt es laut „Steuertipps“ nicht. Mehrfamilienhäuser sind es jedenfalls nicht. Grundsätzlich gehe es darum, ob ein selbst genutztes Haus oder eine Wohnung angemessen ist. Das regelt § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII.

Wenn es um die Angemessenheit der Immobilie geht, kann man sich – auch angesichts der seltenen Urteile zum SGB XII – auf die Rechtsprechung zum SGB II beziehen. Die Urteile beziehen sich also auf Hartz IV, müssten aber in ähnlicher Weise auch für die Grundsicherung im Alter gelten.

Das Bundessozialgericht befand, dass ein angemessenes Familienheim im Regelfall eine Wohnfläche von 130 Quadratmeter nicht überschreiten darf. Das gilt für einen Vierpersonenhaushalt. Für jeden weiteren Haushaltsangehörigen gelten zusätzliche 20 Quadratmeter als akzeptabel.

Umgekehrt gibt es entsprechende Abschläge bei kleineren Haushalten, wobei auch für einen Alleinstehenden noch ein Haus mit 90 Quadratmeter als angemessen angesehen wird.

Für Eigentumswohnungen gelten nach dem früheren Wohnungsbaugesetz jeweils um 10 Quadratmeter niedrigere Angemessenheitsgrenzen, wobei für einen Einpersonenhaushalt eine 80-Quadratmeter-Wohnung noch als angemessen angesehen wird (Az. B 7b AS 2/05R und B 11b AS 37/06 R).

Was tun bei Ablehnung?

Wird der Antrag abgelehnt, dann binnen vier Wochen Widerspruch einlegen. Beim Widerspruch helfen Sozialverbände wie der VdK.

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Helmut Achatz

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