Löhne sinken, Rentenniveau steigt

Finanzen

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Wenn die Löhne sinken und die Renten gleich bleiben, steigt das Rentenniveau – von zuletzt 48,21 auf dann mehr als 49 Prozent. Deswegen bekommen die Rentner aber nicht mehr Rente. Klingt paradox, ist paradox.

Das Rentenniveau ist nichts anderes als das Verhältnis einer Standardrente zu einem durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelt, wie es die Deutsche Rentenversicherung erklärt. Wenn die Standardrente gleich bleibt, ja gesetzlich sogar gleich bleiben muss und nicht fallen darf, das durchschnittliche Arbeitnehmerentgelt aber sinkt, dann steigt als Prozentsatz ausgedrückt rein rechnerisch das Rentenniveau  – logisch. Die Standardrente ist dabei das, was jemand bekommt, wenn er 45 Jahre Rentenbeiträge gezahlt und immer durchschnittlich verdient hat. Dazu wird der Durchschnittsverdienst – eine vom Statistischen Bundesamt ermittelte empirische Größe – ins Verhältnis gesetzt.

2020 sind Löhne massiv gesunken

2020 ist jetzt etwas passiert, was so nicht vorgesehen ist: Die Löhne sind massiv gesunken. Eigentlich müsste die Rente auch sinken, damit das Rentenniveau gleich bleibt. Geht aber nicht, weil Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) 2018 den „Nachholfaktor“ in der Rentenformel ausgesetzt hat. Das heißt, die Renten dürfen nicht fallen und dürfen auch in den Folgejahren nicht weniger steigen als die Löhne.

Reallöhne

Klingt kompliziert, ist kompliziert. 2021 werden die Renten zwar stagnieren, aber in den Folgejahren wieder mit den Löhnen steigen. Rentner partizipieren an den Lohnerhöhungen, aber nicht an Lohnsenkungen. Insofern wird zumindest in den kommenden zwei bis drei Jahren das Rentenniveau steigen – nach Berechnungen der Rentenexperten des Bundesarbeitsministeriums könnte es 2023 sogar über die 50-Prozent-Marke steigen. Die „Linken“ hatten das schon seit langem gefordert. Das heißt, die konservative CDU macht Linken-Politik.

Corona und der Wirtschaftseinbruch fördern das Rentenniveau, so paradox das auch klingt. Bis 2025 gilt sowieso die „doppelte Haltelinie“, wonach das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent fallen und die Beiträge nicht über 20 Prozent steigen dürfen, was danach passiert, kann sich jeder selbst ausrechnen: Sowohl die Beiträge müssen steigen wie das Rentenniveau sinken, damit die gesetzliche Rente nicht vollkommen aus dem Ruder läuft.

Im vergangenen Jahr sind die Reallöhne dem Statistischen Bundesamt zufolge um ein Prozent gegenüber 2019 gefallen. Es ist davon auszugehen, dass sie auch 2021 weiter fallen werden, denn die Inflation zieht bereits an – und wird noch weiter steigen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland mussten massive Verdiensteinbußen hinnehmen. Wenn es bei der zögerlichen Lockerung der Corona-Beschränkungen bleibt, wird sich das dieses Jahr wiederholen. Je stärker aber die Gehälter sinken, desto höher steigt das Rentenniveau – und die Deutsche Rentenversicherung geht „Welt“ zufolge für die Renten nach vorläufigen Berechnungen für 2022 von einem Plus von rund fünf Prozent aus.

Merkel verweigert Rentendiskussionen

Bislang weigert sich die Bundesregierung vehement, überhaupt über das Thema Rente nachzudenken, das wird sich spätestens nach der Bundestagswahl rächen. Dann beginnen die Verteilungskämpfe. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte „Welt“ zufolge schon im Herbst 2021 der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) am vergangenen Donnerstag Forderungen nach unpopulären Sozialreformen eine Absage. Merkel will weiter auf Sicht fahren – bei der Rente ein Desaster. „Ich persönlich halte nicht so viel davon, bis 2050 mit großen Schmerzen irgendwelche Strukturänderungen der Rentenversicherung zu beschließen, die sich drei oder fünf Jahre später als falsch erweisen“, so Merkel. Ausbaden werden es künftige Rentner und Beitragszahler.

Entwicklung des Riester-Faktors von 2002 bis 2018

JahrRiester-Faktor*
20020
20020.5
20030.5
20041
20051.5
20062
20072
20082
20092.5
20103
20113.5
20124
20134
20144
20154
20164
20174
20184
20194
20204
20214
20224
20234
*Altersvorsorgeanteil AVA

Die Rentenformel, nach der die Rente berechnet wird, ist schon kompliziert, durch die doppelte Haltelinie wird sie noch mal komplizierter. „Die Sicherung des Rentenniveaus von 48 Prozent bis zum Jahr 2025 wird unmittelbarer Bestandteil der Rentenanpassungsformel, da diese durch eine Niveauschutzklausel ergänzt wird“, schreibt die Kommission verlässlicher Generationenvertrag.  Damit werde sicherstellt, dass die Renten bis zum Jahr 2025 so angepasst werden, dass mindestens ein Rentenniveau von 48 Prozent erreicht wird. Die Niveauschutzklausel greife, wenn sich nach der geltenden Anpassungsformel ein aktueller Rentenwert ergeben würde, mit dem ein Rentenniveau von 48 Prozent unterschritten werde. Dann würde der aktuelle Rentenwert so festgelegt, dass mindestens ein Niveau von 48 Prozent erreicht werde.

Die Rentenformel

Die Höhe der Rente hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem eigenen Einkommen, dem Durchschnittseinkommen und den regelmäßigen Rentenerhöhungen. Was aber tatsächlich am Ende ausbezahlt wird, bestimmt die Rentenformel. Sie setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Ein Video der INSM erklärt die Formel.

Nachdem so viel von Rentenformel die Rede war und der neuen Niveausicherungsklausel, hier noch mal die ganze Rentenformel. Sie setzt sich zusammen aus:

Monatsrente = Entgeltpunkte x Zugangsfaktor x aktuellem Rentenwert x Rentenartfaktor
rentenformel

Die ausführliche Rentenformel     Quelle: Aktuelle Sozialpolitik

Entgeltpunkt:

Pro Jahr gibt’s einen Entgeltpunkt, wer im Durchschnitt verdient hat. Maximal gibt’s für Besserverdiener aber nur 2,056 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte werden zu Rentenbeginn addiert. Entgeltpunkte gibt’s aber auch für Kindererziehung und Bundeswehr.

Zugangsfaktor:

Wer vorzeitig in Rente geht, dem werden pro Monat 0,3 Prozent abgezogen. Wer also zwei Jahre früher in Rente geht, dem werden 7,2 (0,3 x 24) Prozent abgezogen, was einen Zugangsfaktor von 0,928 ergibt.

Aktueller Rentenwert:

Das ist dieser ominöse Wert, in den Lohnentwicklung, Riester- und Nachhaltigkeitsfaktor sowie Niveausicherungsklausel einfließen.

Rentenartenfaktor:

Bei Altersrenten ist der Rentenfaktor 1,0, bei teilweiser Erwerbsminderung ist er 0,5, bei Waisenrenten 0,1 oder 0,2.

Aktueller Rentenwert

Noch ein Wort zum aktuellen Rentenwert, denn er entscheidet, wie viel ein Entgeltpunk in Euro und Cent bringt. Zurzeit (Stand 2020) liegt er für die alten Bundesländer bei 34,19 Euro und bei 33,23 für die neuen:

Lohn-Komponente:

Der Rentenwert spiegelt die aktuelle Lohnentwicklung wider. Je mehr die Arbeitnehmer verdienen, desto besser für die Rentner.

Riester-Faktor:

Er berücksichtigt den Altersvorsorgeanteil (AVA) und den Beitrag zur Rentenversicherung insgesamt. Der Riester-Faktor wirkt sich auf das Rentenniveau aus.

Nachhaltigkeitsfaktor:

Er vergleicht die Zahl der Rentner mit der Zahl der Beitragszahler. Weniger Beitragszahler und mehr Rentner bedeutet, dass die Rentenerhöhung entweder ganz ausfällt oder magerer ausfällt.

Niveauschutzklausel:

Sie verhindert, dass das Sicherungsniveau unter 48 Prozent fällt.

 

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Helmut Achatz

Macher von vorunruhestand.de

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