Zahlen Eltern zu viel in die Rente ein?

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Zahlen Eltern zu viel in die Rente ein? Ja! Und Kinderlosen zahlen zu wenig. Gesundheitsminister Jens Spahn hat das erkannt – und der Aufschrei ist groß. Die eine Möglichkeit wäre, die Rentenbeiträge der Eltern zu senken oder die der Kinderlosen zu erhöhen.

Nur einmal angenommen, die heutige Generation bliebe kinderlos – wer sollten dann ihre Renten bezahlen? Es gäbe niemand, weil die gesetzliche Rente im Umlageverfahren funktioniert. Die Frage bleibt hypothetisch, weil es immer noch Paare gibt, die Kinder – damit künftige Beitragszahler großziehen – und somit das Umlageverfahren sichern. Dafür werden sie aber nicht belohnt, sondern bestraft. Sie schultern gleich zwei Lasten, denn sie unterstützen die Elterngeneration und organisieren die Kindergeneration. Kinderlose ersparen sich die zweite Last, zugegeben nicht ganz, denn über Erziehungszeiten und einen höheren Pflegebeitrag leisten sie einen geringen Anteil.

Adenauer lag gründlich falsch

Dieser verquere Denkansatz, dass es ja egal sei, ob jemand eine nachfolgende Generation großzieht, stammt übrigens aus der Adenauer-Zeit. 1957 schaffte der damalige Kanzler Konrad Adenauer das kapitalgedeckte Rentensystem ab und führte das Umlageverfahren ein unter der Prämisse, dass die „Leute sowieso Kinder bekommen“, so zumindest ein ihm zugedachtes Zitat, das allerdings nirgends belegt ist, aber es passt in die Zeit und zu Adenauers Haltung. Denn das Umlageverfahren ist nur ein Zwei-Generationen-Vertrag statt eines Drei-Generationen-Vertrags, wie es damals der Nationalökonom Wilfried Schreiber empfahl. Der „Vater der dynamischen Rente“ hat schon damals, anders als Adenauer, weitergedacht. Sein Schreiber-Plan wurde von Adenauer aber nur teilweise umgesetzt. Schreiber erkannte, dass der Solidarvertrag zwischen jeweils zwei Generationen besteht, sprich, zwischen Eltern und ihren Eltern und Eltern und ihren Kindern. Das Umlageverfahren funktioniert auf Dauer nur als Drei-Generationen-Vertrag und nicht als Zwei-Generationen-Vertrag, was wir ihn heute haben.

Eltern tragen die doppelte Last

Der Vordenker hat nicht nur die Einbeziehung von Freiberuflern und Selbstständigen vorgesehen, sondern auch doppelte Beiträge für Kinderlose. Adenauer aber verfügte damals, dass der Familienlastenausgleich nicht im Rentensystem stattfinden sollte, sondern außerhalb durch das Kindergeld. Adenauer war Jurist und eben kein Ökonom und setzte gegen den Rat seines Wirtschaftsministers Ludwig Erhard das Umlageverfahren in seiner heutigen Form um – wahlpolitisch ein kluger Schachzug.

Deswegen streiten wir heute darüber, dass die Lasten im Umlageverfahren zwischen Kinderlosen und Eltern ungleich verteilt sind. „Für kinderlosen Rentner zahlen die Kinder anderer“, formuliert es Monika Pilath von ZEIT Online griffig.

Was kostet ein Kind wirklich?

Um welche Beträge es dabei geht, davon können sich die meisten keine Vorstellung machen. Es geht nicht um ein paar Tausender, es geht um mindestens 120 000 Euro, denn so viel kostet ein Kind von null bis 18 Jahren seinen Eltern – und das unter Berücksichtigung aller Transferleistungen der Kinderlosen, die von den Erziehungsleistungen anderer profitieren.

Dass Jens Spahn diese Diskussion angefacht hat, ist erstaunlich, hat er doch keine Kinder. Er denkt allerdings darüber nach, mit seinem Mann Daniel Funke ein Kind zu adoptieren.

Wie war das nochmal mit der Gerechtigkeit? Ein Erklärvideo

Die 120 000 Euro angesetzt, müsste die Entlastung pro Jahr mindestens 6666,66 Euro betragen, pro Monat somit

  • 555,55 Euro für ein Kind
  • 1111,10 Euro für zwei Kinder
  • 1666,65 Euro für drei Kinder
  • 2222,20 Euro für vier Kinder

Bei der Diskussion, wie die Lasten der Erziehung künftiger Beitragszahler zu verteilen sind, geht es nicht darum, „ob jemand gewollt oder ungewollt kinderlos ist“, wie Pilath betont. Das kann und darf niemand interessieren. Aber das Kinder-haben ist Sache von allen Rentenbeitragszahlern und nicht nur Sache der Eltern.

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Helmut Achatz

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