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Der Soli wurde noch nicht ganz abgeschafft, jetzt schlagen Wirtschaftsforscher einen „Boomer-Soli“ vor – eine Abgabe für vermeintlich wohlhabende Rentner zur Stützung des Rentensystems.
Reiche Rentner sollen armen Rentner etwas abgeben – das ist der Grundgedanke des „Boomer-Soli“. Die Idee stammt vom Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Marcel Fratzscher vorsteht, wie der „Spiegel“ berichtet. Die Wirtschaftsforscher vom DIW verstehen unter „Boomer-Soli“ eine solidarische Abgabe, die von der einkommensstarken Generation der Babyboomer im Ruhestand erhoben werden soll. Ziel dieser Abgabe ist es, die gesetzliche Rentenversicherung zu entlasten und gleichzeitig Geringverdiener im Alter zu unterstützen.
Kern des Vorschlags
Die Idee, die insbesondere durch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in die öffentliche Debatte eingebracht wurde, sieht vor, dass auf höhere Alterseinkünfte ein Solidaritätszuschlag erhoben wird. Konkret schlägt das DIW vor, alle Alterseinkünfte, die über einem Freibetrag von 20.000 Euro pro Jahr (1666 pro Monat) liegen, mit einem Satz von zehn Prozent zu belegen. Die Einnahmen aus diesem „Boomer-Soli“ sollen dann direkt zur Aufstockung niedriger Renten verwendet werden.
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Demografischer Wandel und Rentensystem
Hintergrund des Vorschlags ist die demografische Entwicklung in Deutschland. Die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre, die sogenannten Babyboomer, erreichen nun schrittweise das Rentenalter. Dies führt zu einer steigenden Zahl von Rentenempfängern, während die Zahl der Beitragszahler tendenziell abnimmt. Diese Entwicklung setzt die gesetzliche Rentenversicherung finanziell stark unter Druck.
Wie der Boomer-Soli funktionieren soll. Bild: DIW
Der „Boomer-Soli“ wird als ein Instrument diskutiert, um die finanzielle Last gerechter zu verteilen. Anstatt die jüngeren Generationen durch stetig steigende Beiträge und Steuern allein für die Stabilisierung des Rentensystems heranzuziehen, sollen wohlhabendere Ruheständler einen Teil ihres Einkommens beitragen.
Wie gerecht ist Altersvorsorge?
Der Vorschlag hat eine breite Diskussion über Generationengerechtigkeit und die Zukunft der Alterssicherung angestoßen. Befürworter argumentieren, dass eine solche Abgabe ein Gebot der Fairness sei, da die Babyboomer-Generation in einer wirtschaftlich günstigen Phase aufgewachsen sei und über erhebliche Vermögen verfüge.
Kritiker wenden ein, dass dies eine unzulässige Doppelbelastung der Rentner sei, die bereits während ihres Erwerbslebens hohe Beiträge geleistet hätten. Zudem wird die praktische Umsetzung und die genaue Ausgestaltung eines solchen Solidaritätszuschlags kontrovers diskutiert.
Bislang handelt es sich beim „Boomer-Soli“ um einen Vorschlag aus der Wissenschaft, der von politischen Parteien und gesellschaftlichen Verbänden unterschiedlich bewertet wird und noch keinen Eingang in konkrete Gesetzesvorhaben gefunden hat.
Rentner werden schon mehrfach belastet
Dabei zahlen heutige Rentnerinnen und Rentner bereits für die Allgemeinheit in Form versicherungsfremder Leistungen, die ihnen der Staat aufzwingt. Weil der Staat die Rentenkasse bereits seit Jahren plündert, bekommen sie weniger Rente. Das gilt indes nicht nur für die Rentenkasse, sondern auch für die gesetzliche Krankenkasse – ihr brummt der Staat ebenfalls versicherungsfremde Leistungen auf. Betriebsrentner beispielsweise zahlen die vollen Krankenkassenbeiträge, was ihre Betriebsrente spürbar mindert.
Und warum sollen nur reiche Rentner und nicht alle zur Kasse gebeten werden sollen, wie Sarah Vollath, Sprecherin für Renten- und Alterssicherungspolitik von der Linkspartei einwirft. Der Vorschlag sei aber vor allem als „kleines Gimmick“ zu verstehen – wichtiger sei eine „echte Rentenreform„, wie die „Welt“ schreibt.
Altersvorsorge à la Robin Hood
Frank Donovitz vom „Stern“ zieht in seinem Kommentar einen Vergleich zu Robin Hood.
Wer sich also für den Ruhestand einigermaßen tragfähige „Schultern“ erarbeitet und angespart hat, soll nun einen Teil davon wieder abgeben. An jene, die genau das nicht getan haben, warum auch immer. Mit Verlaub, liebe DIW-Forscher, das ist nicht Robin Hood, das wäre das Ende des Leistungsprinzips in der sozialen Marktwirtschaft. Damit könnten wir das deutsche Erfolgsmodell ad acta legen.
Wie soll der „Boomer-Soli“ funktionieren?
Zahlen soll den „Boomer-Soli“ die Generation der Babyboomer, also die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre, auf ihre gesamten Alterseinkünfte entrichtet.
Das Modell des DIW sieht vor, eine Abgabe auf die Summe aller Alterseinkünfte zu erheben. Dazu zählen nicht nur die gesetzliche Rente, sondern auch:
- Betriebsrenten
- Pensionen
- Einkünfte aus privater Altersvorsorge
- Kapitalerträge
- Mieteinnahmen
Um Geringverdiener zu schützen, soll ein Freibetrag eingeführt werden. Das DIW schlägt hierfür beispielsweise einen Betrag von 20.000 bis 25.000 Euro pro Jahr vor. Nur der Teil der Alterseinkünfte, der über diesem Freibetrag liegt, würde mit einem bestimmten Prozentsatz besteuert. Als Beispiel wird eine Abgabenhöhe von 10 Prozent genannt.
Beispielrechnung:
Ein Rentner-Ehepaar hat jährliche Alterseinkünfte von insgesamt 40.000 Euro. Bei einem Freibetrag von 25.000 Euro müssten sie auf die verbleibenden 15.000 Euro den „Boomer-Soli“ entrichten. Bei einem Satz von 10 Prozent wären das 1.500 Euro pro Jahr (125 Euro pro Monat).
Die Probleme beim „Boomer-Soli“
Gegen den Vorschlag werden verschiedene Bedenken geäußert, unter anderem vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW):
- Leistungsfeindlichkeit und Fehlanreize: Kritiker befürchten, dass eine solche Abgabe die private und betriebliche Altersvorsorge unattraktiver machen könnte. Es könnten Anreize entstehen, sich beispielsweise Betriebsrenten als Einmalzahlung auszahlen zu lassen, um die laufenden Einkünfte und damit die Abgabenlast zu senken.
- Gerechtigkeitsfragen: Es wird infrage gestellt, ob eine pauschale Besteuerung einer ganzen Generation gerecht ist. Nicht alle Babyboomer sind wohlhabend, und viele haben bereits durch ihre Beiträge das Rentensystem gestützt.
- Komplexität: Die Erfassung aller Alterseinkünfte und die Umsetzung eines solchen Solidaritätszuschlags wären mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden.
Soli noch nicht abgeschafft
Damit nicht genug: Reiche Boomer, die etwas Geld auf dem Kapitalmarkt angelegt haben, werden bereits durch den Solidaritätszuschlag abkassiert. Spitzenverdiener und Kapitalanleger zahlen 5,5 Prozent auf Kapitalerträgen wie Dividenden und Zinsen (sofern sie den Sparerpauschbetrag übersteigen), während 90 Prozent der Einkommensteuerzahler vollständig vom Soli befreit sind. Der Staat kassierte über den Soli 2024 rund 12,6 Milliarden Euro, 2025 dürften es 12,5 Milliarden Euro sein.
Versprechen der Regierung
Am 14. Mai 2025 versprach Vizekanzler Lars Klingbeil eine Rentenreform „zügig“ anzugehen. Die Zeit läuft.
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Zeit seit Abgabe des Versprechens
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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Der Vorschlag von Marcel Fratscher wird dafür sorgen, dass die Schere zwischen Renten und Pensionen noch weiter auseinander gehen wird, denn Pensionisten werden auch hier nicht zur Kasse gebeten.
Im Grunde ist es ein Vorgang wie 2004, als die Direktversicherten zu Gunsten der Krankenkassen enteignet wurden.
Die Ausbeutung der Schwächeren ist in Deutschland für Spitzenverdiener etwas ganz normales, denn wie sagte Merkel, als sie darauf angesprochen wurde, dass Direktversicherten entgegen den Vereinbarungen 20% ihrer Auszahlung abgenommen wird?
„Schauen Sie, 80% ist doch auch noch was“