Rentenbesteuerung ist verfassungswidrig

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Rentner zahlen doppelt Steuern. Das schert den Fiskus wenig. Wer klagt, läuft ins Leere. Die Wut steigt ob dieser Ungerechtigkeit. Die Rentenbesteuerung ist verfassungswidrig.

„Rentensteuer verstößt gegen die Verfassung!“, titelte die „Bild“. Das wäre nicht das erste Mal und war dem ehemaligen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und jetzigen Bundeskanzler ziemlich wurscht. Er weiß das schon lange – und besteuert weiter doppelt. Dank Doppelbesteuerung und kalter Progression (schleichende Steuererhöhung, wenn eine Gehalts- oder Rentenerhöhung komplett durch die Inflation aufgefressen wird, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führt) schwimmt der Staat im Geld – Geld der Bürger, denen es abgeht. Auch der Sozialverband VdK fordert ein Ende der Doppelbesteuerung der Rente. „Es ist gesetzlich verboten, wenn der Fiskus Rentnerinnen oder Rentner doppelt zur Kasse bittet. Das darf es auch nicht in Einzelfällen geben. Kompliziert wird es für diejenigen, die mutmaßlich doppelt Steuern gezahlt haben: Damit das Finanzamt die Doppelbesteuerung prüfen kann, müssen sie alle Steuerbescheide ihres ganzen Lebens vorlegen. Das ist eine Zumutung. Dieses Verfahren muss dringend vereinfacht werden. Es kann nicht sein, dass die Betroffenen nur über den Klageweg zu ihrem Recht kommen. Deshalb fordert der VdK, dass die Finanzverwaltung auf Antrag der Betroffenen prüft, ob eine Doppelbesteuerung vorliegt.“

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2021 fällte der Bundesfinanzhof ein Urteil in zwei Fällen. „Konkret geht es um die Klagen zweier Personen gegen die geltende Besteuerung der Rente. Sie werfen dem Staat vor, während der Umstellung der Besteuerung sowohl die Rentenbeiträge als auch die Rente selbst besteuert zu haben. Dies wäre nicht verfassungsgemäß. Das Finanzministerium bestreitet dies. Das Urteil könnte sich als richtungsweisend für hunderttausende von Rentnern erweisen.“

In punkto Steuer ist noch mehr im Argen: Die Politik müsse auch besonders arme Rentner viel besser bei der Einkommenssteuer schützen, so der VdK.  „Der Freibetrag muss rauf auf 12 600 Euro (Grundfreibetrag 2024: 11.604 Euro für Singles, 23.208 Euro für Verheiratete), damit die Steuerlast ihre Existenz nicht gefährdet“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. 2023 lag der Grundfreibetrag bei 10.908 Euro für Single und 21.816 Euro für Verheiratete. Der VdK fordert ferner, die Einkommenssteuererklärung für Rentner so zu vereinfachen, dass sie jeder 99-Jährige alleine ausfüllen kann.  Beim Grundfreibetrag, handelt es sich um die Einkommensgrenze, ab der in Deutschland Einkommenssteuer abgeführt werden muss.

Entwicklung des Grundfreibetrags

JahrGrundfreibetragZuwachsInflation
2010800401,1
2011800402,1
201280041.52,0
201381302.71,5
201483541.40,9
201584722.10,3
201686521.90,5
201788202.01,8
201890001.92,0
201991682.61,4
202094082.60,5
202197443.63,1
202210.3476.27.9
202310.9085,45,9
202411.6042.8-

Rentenbesteuerung verfassungswidrig

Gegen die Doppelbesteuerung zog der Bund der Steuerzahler ins Feld. Seit 2005 müssen Rentner – auf Drängen eines Beamten – Steuern zahlen. Jedes Jahr etwas mehr. Sie wurden und werden zwar im aktiven Berufsleben entlastet, aber bei weitem nicht genug, so dass sie letztlich doppelt Steuern bezahlen, was definitiv verfassungswidrig ist. Das ficht die Politiker der vermeintlichen Volksparteien aber nicht an. „Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat ganz klar entschieden – jeder Fall der Doppelbesteuerung ist verfassungswidrig“, so der ehemalige Chef der Deutschen Rentenversicherung, Franz Ruland, „Plusminus“ gegenüber.  Wer dagegen aufbegehrt, muss sein Recht aber selbst durchsetzen, denn die Politik stellt sich taub. „Das ist ein politischer Skandal“, kommentiert Johanna Hey, Institut für Steuerrecht an der Universität Köln im ARD-Wirtschaftsmagazin die Ignoranz der Politik gegenüber den Entscheidungen des BVerfG.

„In Franken“ schreibt, für Rentnerinnen und Rentner, die 2017 in Rente gegangen seien, liege der zu viel besteuerte Anteil während des Berufslebens knapp unter 10.000 Euro; bei Rentnern, die 2020 in den Ruhestand gegangen sind, habe der Betrag bereits bei mehr als 22.000 Euro gelegen. Wer 2040 die Rente antrete, bei dem seien über 53.000 Euro zu viel besteuert worden. Die aktuelle Übergangszeit gehe also nicht auf, teilweise werden mehr als 20 Prozent der Rente zusätzlich besteuert. Erst in 50 Jahren habe dies laut der Studie von Finanzmathematiker Werner Siepe ein Ende.

Klagewelle rollt

Es hat sich etwas zu bewegen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im August 2021 über die umstrittene Rentenbesteuerung entscheiden. Es gebe keine ernstlichen Zweifel an der bisherigen Berechnungsmethode zur Überprüfung einer doppelten Besteuerung von Altersrenten, so das Urteil. Die Beschwerde einer Rentnerin gegen den Beschluss des Finanzgerichts des Saarlandes vom 29.04.2021 – 3 V 1023/21 wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Rentner zahlen doppelt Steuern
Der Münchner Richter Egmont Kulosa am Bundesfinanzhof (BFH) hält die Ausgestaltung der derzeitigen Rentenbesteuerung schon lange für verfassungswidrig. Nach der schrittweisen Einführung der Besteuerung von Renten 2005 sind die damaligen Steuerzahler nicht entsprechend entlastet worden, werden jetzt aber viel höher belastet. Sprich, sie wurden viel weniger entlastet, als sie später steuerlich belastet werden – damit zahlen sie doppelt Steuern.

Hier geht es um einen der unanständigsten Vorfälle der Politik: Rentner werden doppelt besteuert. Sie werden um Zehntausende € buchstäblich betrogen – mit vollem Wissen der Kanzlerin und ihres Finanzministers. https://t.co/ghp5FE0wyr

— Roland Tichy (@RolandTichy) February 18, 2021

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10 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Krieger Edgar
    13. Juli 2020 18:56

    …der Freibetrag zur Rentenbesteuerung liegt knapp über der Armutsgrenze
    das heißt für die Rentner…ein Zitat aus dem Mittelalter:
    halt du Sie arm, ich halte Sie dumm…
    (Gespräch zwischen Fürsten und Pfaffen)
    das passt ins 21.Jahrhundert…

    Antworten
  • Dumm ist der, der Dummes tut. Lebenslang in Vollzeit malochen, Steuern und Abgaben zahlen war mal früher. Heute wird damit Niemand mehr reich. Heute sollte man in Edelmetalle, Aktien und Bitcoin investieren und auf 50% TZ wechseln um die Steuer- und Abgabenlast so gering als möglich zu halten. Desweiteren, um Gottes Willen, keinen Bausparvertrag, LV, Riester / Rürup, Festgeld, private AV etc. abschliessen sondern sein Geld selbst klug in Sachwerte investieren.

    Der Gewinn aus Bitcoin ist, genau wie der Gewinn aus Gold, wenn man den Bitcoin/das Gold länger als 1 Jahr gehalten hat, steuerfrei. Das Bitcoin das zukünftige digitale Gold ist, wird man in den nächsten Jahren / Jahrzehnten sehen. Die heutigen Renter wurden jahrzentelang betrogen und für dumm verkauft…

    Antworten
  • Zur Erinnerung: Zitat aus dem (Maschmeyer-) Artikel zum Buch „Macht Geld Politik“ im STERN vom 13.11.14:
    . . . „Im Jahr 2005 lief die Steuerbefreiung für neu abgeschlossene Lebensversicherungen aus.
    Das dämpfte das Geschäft des AWD. Mit der Vermittlung der Policen hatte der Finanzbetrieb immer gut Kasse gemacht. Doch mit dem 1. Januar 2005 trat auch das neue Alterseinkünftegesetz in Kraft. Dahinter verbarg sich nichts anderes als die von Maschmeyer ersehnte „Reform der Reform“. Der AWD-Chef konnte höchst zufrieden auf das neue Gesetz schauen. . . . .
    „Und der Boss stimmte seine Leute ein, etwa in einem Editorial für die AWD-Mitarbeiterzeitung: „Die Silvesternacht ist vorbei, willkommen in 2005! (…)
    Ab Januar 2005 tritt das neue Alterseinkünftegesetz http://altersarmut-per-gesetz.de/ in Kraft. So Traurig es eigentlich ist, dass die größte Kürzung der gesetzlichen Rentenversicherung statt findet, wir haben hervorragende Arbeitsbedingungen. (…) Das ist eine Riesenchance, denn im Schnitt werden den Menschen 1000 Euro Rente fehlen.“ Der AWD-Chef frohlockte: „Wie heißt es so schön, des einen Leid, ist des anderen Freud.“

    Antworten
  • Die Doppelsteuerung ist gar nicht mal das grundsätzliche Problem. Keine der vier Tabellen, die das https://altersarmut-per-gesetz.de/glossar/bverfg/ BVerfG seiner Entscheidung zugrunde legt, enthält ausschließlich real mögliche Werte von Renten, Pensionen und Zusatzeinkommen.
    Die Höhe der vom Gericht unterstellten Renten ist in drei von vier Fällen bzw. Tabellen nach den vom Gericht benutzten Quellen nicht zu erreichen.
    Die vom Gericht angenommenen Pensionen sind in zwei von vier Fällen bzw. Tabellen unmöglich, da sie niedriger sind, als die vorgeschriebene https://altersarmut-per-gesetz.de/glossar/mindestversorgung/ Mindestversorgung.
    Das vom Gericht unterstellte zu versteuernde Zusatzeinkommen von Rentnern ist rund viermal höher als in der gerichtlich zugrunde gelegten Quelle.
    usw. usw. usw.
    erstens beruht die Besteuerung der Renten aus der GRV auf falschen Zahlen. Zweitens haben Pflichtversicherte und Rentner erhebliche steuerliche Nachteile gegenüber Beamten und Pensionären, die zur Zeit noch keine Berücksichtigung finden.

    Derart hohe Renten konnte damals kein sozialversicherungspflichtiger Rentner erreichen. Als Berechnungsjahr zieht das BVerfG das Kalenderjahr 1996 heran.
    Kann man nicht vom Bundesverfassungsgericht verlangen, dass es richtig aus seinen eigenen Quellen abschreibt?
    Gilt das einwandfreie Zitieren zwar für Promovierende, aber nicht für Bundesverfassungsrichter?
    Das BVerfG sollte eine Gleichbesteuerung von Renten und Pensionen sicherstellen. Das hat es auch getan, allerdings mit falschen Zahlen. Daran hält auch der BFH fest. Dass Pflichtversicherte schon während ihrer Aktivzeit steuerliche Nachteile gegenüber Beamten haben, ist wohl keinem aufgefallen.

    Antworten
  • Johannes Emonts
    17. Juli 2020 19:06

    Warum verweigert ihr den verantwortlichen Parteien nicht einfach eure Wahlstimmen?

    Antworten
  • […] werden; doch das erfolgt nicht in gleichem Maße“, klärt Plusminus auf. Die Folge sei eine Doppelbesteuerung. Das Bundesverfassungsgericht hatte übrigens schon im März 2002 entschieden, dass eine doppelte […]

    Antworten
  • […] werden; doch das erfolgt nicht in gleichem Maße“, klärt Plusminus auf. Die Folge sei eine Doppelbesteuerung. Das Bundesverfassungsgericht hatte übrigens schon im März 2002 entschieden, dass eine doppelte […]

    Antworten
  • […] Euro. Die Erhöhung 2022 dürfte dazu führen, dass rund 75.000 Rentnerinnen und Rentner keine Einkommenssteuer mehr zahlen […]

    Antworten
  • Ein Finanzamt in NRW hat den Super Gau veranstaltet. Bin Rentnerin und in Insolvenz. Wurde 2 Jahre geschätzt, für mich nicht aufzubringende Nachzahlung
    und Vorauszahlung. Habe Vollstreckungsbescheid geschickt ich mehrmals um Hilfe geben. Sogar Finanzministerium angeschrieben, die unbeantwortet an das Finanzamt zurückgeschickt. Trotz PKonto Konto gesperrt vom Finanzamt. Kein Geld für Medikamente und Lebensmittel. Das sind unsere Behörden!

    Antworten
  • Helmut Achatz
    2. Juli 2023 05:48

    Dann rate ich, unbedingt zur Schuldenberatung zu gehen. In NRW gibt es von den Verbraucherzentralen eine: https://www.verbraucherzentrale.nrw/geld-versicherungen/schuldner-und-verbraucherinsolvenzberatung-1294
    Viel Erfolg

    Antworten

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