Zahlen Kinderlose zu wenig in die Rente ein?

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Der Generationenvertrag besteht für die Aktiven aus zwei Teilen: für die Alten zu sorgen und eine nachwachsende Generation aufzuziehen. Viele ignorieren den zweiten Teil, wollen aber die volle Rente kassieren. Das passt nicht zusammen. Das fällt jetzt auch der Jungen Gruppe in der Union auf. Sie wollen, dass Kinderlose einen höheren Rentenbeitrag zahlen. Kinder sind für das Rentensystem unverzichtbar, zahlen sie doch später die Renten der vorausgegangen Generation. Immer mehr Elternpaare fragen sich, warum sie allein die Hauptlast tragen sollen – gerechtfertigt, oder?

Wer keine Kinder groß zieht, erfüllt nur die Hälfte des Generationenvertrags. Warum soll diejenige oder derjenige die volle Rente beziehen? Er überlässt es anderen, für künftige Beitragszahler zu sorgen. Trotz Kompensation kostet ein Kind immer noch eine sechsstellige Summe. Schon 2006 ging es, wie ich damals für FOCUS MONEY berechnet habe, um 120 000 Euro pro Kind – heute dürfte die Summe vermutlich bei 150 000 Euro liegen. Das gilt wohlgemerkt nur für die Zeit von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr. Studieren die Kinder, wird’s noch teurer für die Eltern. Das bisschen Mütterrente, dass bisschen Zuzahlung für den Kindergarten wiegt den finanziellen Verlust bei weitem nicht auf.

Kinderlose zur Kasse bitten

Die Junge Gruppe in der Union – Parlamentarier von CDU/CSU, die zum Zeitpunkt der Wahl jünger als 35 waren – hat ein Alternativkonzept entwickelt. In dem Vorschlagspapier fordern die Abgeordneten, das gesetzliche Renteneintrittsalter ganz abzuschaffen, schreibt die „Welt“. Nur wer 47 Jahre gearbeitet habe, solle die volle Rente beziehen. Noch brisanter ist der zweite Vorschlag der Jungen Gruppe: Da die umlagefinanzierte Rente von kommenden Generationen erwirtschaftet werden müsse, schlagen sie vor, die Beiträge an die Zahl der Kinder zu koppeln. „Paare mit zwei Kindern werden als ‚Nullpunkt‘ angenommen und sollen den normalen Beitragssatz zahlen, ‚ab drei Kindern erhält jeder Elternteil einen Abschlag von 0,5 Prozent pro Kind, maximal ein Prozent für beide Elternteile‘; wer keinen Nachwuchs hat, wird hingegen zur Kasse gebeten: ‚Kinderlose zahlen einen Beitragszuschlag in Höhe von ein Prozent‘, Eltern mit einem Kind würden einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,5 Prozent zahlen.“

Mark Hauptmann, der Vorsitzende der Jungen Gruppe, meint, „wir müssen die Debatte darüber führen, dass kinderreiche Familien bereits einen erheblichen Beitrag zum umlagefinanzierten Rentensystem leisten; das tun Kinderlose eben nicht – unabhängig von den Gründen dafür ist es nur fair, dass ihr Beitrag zum Gesamtsystem daher etwas höher ausfällt.“

Rentenkommission war ein Flop

Die Rentenkommission, die gerade erst ihren Bericht nach annähernd zwei Jahren veröffentlichte, hat die Gerechtigkeit zwischen Kinderlosen und Eltern komplett ausgeklammert.

Die Junge Gruppe ist auch für eine Abschaffung des garantierten Rentenniveaus. Es soll, wie die „Welt“ schreibt, ganz abgeschafft und durch eine „individuelle Rentenleistungsbilanz“ ersetzt werden. Die Junge Gruppe fordert ferner ein „digitales Rentenkonto“, das jeder jederzeit einsehen können soll – und zwar „säulenübergreifend“. Deswegen sollen alle Zahlungen für die Altersvorsorge über eine „einheitliche Rentenzahlungsstelle“ laufen. Um Verwaltungskosten einzusparen, sollen, zitiert die „Welt“ in ihrem Artikel, die gesetzlichen Rentenversicherungen zu einer bundeseinheitlichen Rentenversicherung fusionieren.

Eltern werden bestraft

Kinderlose, die glauben, sie würden bestraft, sollten einmal folgendes Gedankenmodell nachvollziehen: Nur einmal angenommen, die heutige Generation bliebe kinderlos – wer sollten dann ihre Renten bezahlen? Es gäbe niemand, weil die gesetzliche Rente im Umlageverfahren funktioniert. Die Frage bleibt hypothetisch, weil es immer noch Paare gibt, die Kinder – damit künftige Beitragszahler großziehen – und somit das Umlageverfahren sichern. Dafür werden sie aber nicht belohnt, sondern bestraft. Sie schultern gleich zwei Lasten, denn sie unterstützen die Elterngeneration und organisieren die Kindergeneration. Kinderlose ersparen sich die zweite Last, zugegeben nicht ganz, denn durch die Finanzierung von Erziehungszeiten und einem höheren Pflegebeitrag leisten sie einen geringen Anteil.

Dieser verquere Denkansatz, dass es ja egal sei, ob jemand eine nachfolgende Generation großzieht, stammt übrigens aus der Adenauer-Zeit. 1957 schaffte der damalige Kanzler Konrad Adenauer das kapitalgedeckte Rentensystem ab und führte das Umlageverfahren ein unter der Prämisse, dass die „Leute sowieso Kinder bekommen“, so zumindest ein Zitat, das allerdings nirgends belegt ist, aber es passt in die Zeit und zu Adenauers Handlung. Denn das Umlageverfahren ist nur ein Zwei-Generationen-Vertrag statt eines Drei-Generationen-Vertrags, wie es damals der Nationalökonom Wilfried Schreiber empfahl. Der „Vater der dynamischen Rente“ hat schon damals, anders als Adenauer, weitergedacht. Sein Schreiber-Plan wurde von Adenauer aber nur teilweise umgesetzt. Schreiber erkannte, dass der Solidarvertrag zwischen jeweils zwei Generationen besteht, sprich, zwischen Eltern und ihren Eltern und Eltern und ihren Kindern. Das Umlageverfahren funktioniert nur als Drei-Generationen-Vertrag und nicht als Zwei-Generationen-Vertrag, was wir heute haben.

Doppelte Beiträge für Kinderlose

Der Vordenker hat nicht nur die Einbeziehung von Freiberuflern und Selbstständigen vorgesehen, sondern auch doppelte Beiträge für Kinderlose. Adenauer aber verfügte damals, dass der Familienlastenausgleich nicht im Rentensystem stattfinden sollte, sondern außerhalb durch das Kindergeld. Adenauer war Jurist und eben kein Ökonom und setzte gegen den Rat seines Wirtschaftsministers Ludwig Erhard das Umlageverfahren in seiner heutigen Form um – wahlpolitisch ein kluger Schachzug. Deswegen streiten wir heute darüber, dass die Lasten im Umlageverfahren zwischen Kinderlosen und Eltern ungleich verteilt sind.

Wer allerdings einen Familienlastenausgleich einfordert, wird sofort in die populistische Ecke gestellt, wie es Kerstin Herrnkind in ihrem Buch „Vögeln fürs Vaterland“ belegt. Für sie ist es „Bullshit“, „Kinderlose für den Zusammenbruch des Rentensystems verantwortlich zu machen“. Aber kein Wort darüber, dass sie als Kinderlose im Alter von den Kindern der anderen profitieren wird, denn deren Kinder zahlen dann ihre Rente, weil Deutschland ein solches Umlageverfahren hat.

Kinder kriegen ist und bleibt Privatsache, Kinder haben ist aber Gemeinschaftsaufgabe. Jeder darf sich frei für oder gegen Kinder entscheiden, aber, warum sollen das Eltern finanziell büßen?

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7 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Diese Welt ist doch so aus dem Ruder geraten! Viele wollen in diese Welt keine Kinder setzen. Solange wir solche Volltrottel wie Trump oder den Sultan aus der Türkei, den kleinen Dicken aus Nordkorea haben, ist die Welt zum Untergang verdammt. Hat denn für diese Idioten keine eine Kugel!!

    Antworten
  • Dirk Feldhinkel
    7. April 2020 15:15

    Der Generationenvertrag bedeutet, dass die derzeitigen Arbeitnehmer die derzeitigen Renten bezahlen. Dafür wird die gesetzliche Rente des dann zukünftigen Rentners von den zukünftigen Arbeitnehmern bezahlt. Eine Verpflichtung bzw. politische Steuerung zur Kinderzeugung wurde gerade vom Übervater der CDU Konrad Adenauer abgelehnt: „Kinder kriegen die Leute sowieso.“

    Die junge Union zeichnet sich besonders in der Führung durch eine große Klappe aus. Doch wenn diese aufgeht, kommt oft ziemlich alter Staub aus diesen jungen Köpfen. So schlüssig die Schreiberformel 1957 war, sie ist nicht fehlerfrei und passt in einigen Punkten nicht mehr in die heutige Zeit. Es beginnt schon damit, dass das Rentenniveau bei 50% des Regeleinkommens liegen sollte. Etwa ein Niveau, auf dem unser heute absehbares Rentenproblem liegt. Auch die Verlängerung der Lebenszeit, die Verringerung der Arbeitszeit wie auch der Ausbau des Niedriglohnsektors nach Konzept des Herrn Prof. Sinn mit dem Fall des allgemeinen Lohnniveaus unter der Produktivität graben jeweils Beitragsniveau ab.

    Wie frenetisch bejubelt die CDU bis heute die Agenda des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, der zudem die gesetzliche Rentenversicherung zugunsten der sogenannten Riester-Rente ausplünderte. Eine Geisterfahrt entgegenkommend den Vorstellungen des Herrn Schreiber, der das Kapitaldeckungsverfahren als gescheitert betrachtete und dies ökonomisch sehr gut begründete.

    Nicht zuletzt die Entgeltumwandlung, welche die Sozialbeiträge bis heute von den Kassen wegleitet und das Motto propagiert: Raus aus der Solidarität und rein in den Egoismus. Wenn in der Rente die „Abgabenüberraschung“ kommt? Was soll´s, in unserer Ellenbogen-Gesellschaft ist jeder selbst schuld.
    Ob die Schreiberberechnungen von 1957 heute die Probleme lösen? Dieser Beweis fehlt. Dass mehr Kinder kommen, indem man mit Beiträgen bestraft, das halte ich für einen Treppenwitz. Wer Kinder bilanzieren will, der sollte das lieber lassen, denn Kinder sind Menschen.

    Fangt doch einfach mal mit der überholten Splittingtabelle an. Der CDU Gesundheitsminister kann inzwischen heiraten, dafür hat die SPD gesorgt.
    Aber für das Kinderkriegen müsste er schon adoptieren. Also, heiraten heißt heute nicht mehr = Kinder. Dafür gibt es sicher zahlreiche Patchwork-Familien, die viele Kinder zu organisieren haben, aber keinen Trauschein mehr besitzen.

    Denkt mal darüber nach!

    Kinderlose Menschen leisten bei einem besseren Einkommen ohne Unterbrechung bereits höhere und mehr Beiträge. Das hatte sogar Herr Schreiber schon erkannt. Sie dürfen mehr beteiligt werden, aber nicht zur Bestrafung, sondern mit einem akzeptablen widerspruchsfreien Konzept.
    Keiner zeugt Kinder aus Angst vor hohen Beiträgen. Die lebensnahen Lösungen wie kostenfreie Kitaplätze sind mit großer Sicherheit wirksamer. Das zeigt sich heute schon. Dadurch können wieder Arbeitszeiten erweitert werden, was wiederum das Einkommen und somit das Beitragsaufkommen fördert.

    Nun junge Union: Klopft Euch mal gegenseitig mit leichten Schlägen auf den Hinterkopf den alten Staub heraus. Sonst seid Ihr keine junge Union, sondern eine heranwachsende rückständige alte Union mit großer Klappe.Vielleicht hat Rezo auf Youtupe ein noch paar gute Tipps für Euch!

    Antworten
  • Das Problem beim Generationenvertrag ist, dass die Last des Kinderhabens komplett als privat angesehen wird, wie ein teures Hobby oder ein teurer Sportwagen. Ein Wunder, dass Eltern keine Kindersteuer analog zur Hundesteuer zahlen müssen. Jedoch der Nutzen aus den Kindern und späteren Lohnzahlern wird von der Gesellschaft komplett für sich selbst in Anspruch genommen. Eine Familie mit 10 Kindern hat weniger Rente als ein DINKS Paar das immer schon Vollzeit gearbeitet hat. Eben weil diese 10 Kinder dann nicht die Rente ihrer Eltern zahlen sondern diese eher für die Rente des DINKS Paares zahlen werden.
    Deshalb ist heutzutage Jeder, der Kinder in die Welt setzt, der Dumme, da er quasi ehrenamtlich diese grosszieht und aber später nicht davon profitiert. Das hat nichts mit „sozial“ zu tun, eher was mit „kriminell“ und „Betrug“ und „Diebstahl“ würde mir hier eher einfallen.
    Diese Kinderpolitik ist in Wahrheit die allerallerbeste Anti-baby-pille, die ich überhaupt kenne. Ich habe den Eindruck, es ist politisch gewollt, dass die Biodeutschen immer weniger Kinder bekommen. Sonst hätte man an diesen Dingen schon längst etwas grundlegend geändert.

    Antworten
  • Ausserdem wird ignoriert, dass das Kindergeld mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird und man nicht beides erhält und letztendlich mit dieser so tollen „Familienförderung“ in der Summe übers Jahr gerechnet nur das Kindergarten/Schulessen bezahlen kann. Für alle weiteren Kosten wird man komplett alleine gelassen…..
    Dumm ist, wer heutzutage noch Kinder kriegt….

    Antworten
  • […] Bundesbank und das Munich Center for the Economics of Aging sagen. Sie alle betonen, „dass das Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung in seiner derzeitigen Form sehr bald an seine Grenzen stoßen […]

    Antworten
  • […] Kindern leisten „generativ“ mehr für die umlagefinanzierte Pflegeversicherung als solche mit weniger Kindern oder nur mit einem Kind – und natürlich deutlich mehr als Beitragszahler ohne Kinder. (Aktenzeichen: 1 BvL 3/18, 1 BvR […]

    Antworten
  • […] selbst wer einhundert Jahre alt wird, seine Rente bekommt er immer. Da die gesetzliche Rente ein Umlageverfahren ist, das sich an der Lohnentwicklung orientiert, bekommt die Rentnerin und der Rentner auch mehr […]

    Antworten

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Helmut Achatz

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